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Mein Freund die Heuschrecke

Hans Bredow-Institut präsentiert Gutachten zu Finanzinvestoren im Medienbereich

Als im Sommer 2007 das Fernsehunternehmen ProSieben/Sat.1 verkündete, Teile seiner Nachrichensendungen streichen zu wollen, schlug die Stimmung um. Vom „Job-Killer Sat.1“ war plötzlich die Rede, schuld waren angeblich die Finanzinvestoren KKR und Permira, die den Konzern kurz zuvor erworben hatten. Auf dem Höhepunkt der Empörungswelle gab die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten ein Gutachten in Auftrag, das die Rolle der Finanzinvestoren im Rundfunkbereich erforschen sollte.

Das Hans-Bredow-Institut hat dieses Gutachten nun gestern präsentiert. Das Ergebnis ist überraschend: Finanzinvestoren im Medienbereich sind aus rundfunkrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, eher wünschenswert. Den schwarzen Peter schiebt das Gutachten dagegen – zumindest teilweise – der Medienaufsicht zu.
Laut der Zusammenfassung orientierten sich die Gutachter vor allem an der rundfunkpolitischen Zielvorgabe der „Vielfalt“: Sie untersuchten also, inwiefern es sich auf die Vielfältigkeit eines Rundfunkprogramms auswirkt, wenn Finanzinvestoren die Kontrolle übernehmen. Das Ergebnis dabei ist (grob vereinfacht zusammengefasst):

1. Im Normalfall ändert sich in Bezug auf die Qualität und Vielfalt eines Rundfunkprogramms nur sehr wenig, wenn Finanzinvestoren die Kontrolle übernehmen.

2. Finanzinvestoren nehmen dafür sehr selten Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung des gekauften Rundfunksenders. Weniger Einfluss, insbesondere, als strategische Investoren und herkömmliche Verleger.

Soweit Unsicherheiten über die Rolle von Finanzinvestoren im Rundfunkbereich entstanden sind, empfiehlt das Hans-Bredow-Institut, die Qualität der Regulierung zu verbessern. So sollten die Zielvorgaben in Bezug auf Vielfalt und Qualität klarer formuliert werden, möglichst auch gesetzlich; zusätzlich müssten die Landesmedienanstalten mit effektiven Regulierungsinstrumenten ausgestattet werden – positive wie negative.

Bemerkenswert ist auch ein Absatz, in dem das Hans-Bredow-Institut erklärt, wo es den Ursprung der bisherigen Schwierigkeiten vermutet:

Regulierungskosten sind auf Grund der komplexen Melange aus informeller und formeller Regulierung schwer einschätzbar; andererseits sind rechtliche Handhaben in Form von Lizenzentzug ein kaum realistisches Drohszenario. In informelle Strukturen nicht eingebundene Akteure wie ausländische Finanzinvestoren verabschieden sich aus o. g. System. Denkbar wäre die Operationalisierung bestimmter Anforderungen (Bsp. regionale Berichterstattung) in Richtung klarerer rechtlicher Leistungsaufträge, etwa in Form von Selbstverpflichtungen.

(Hervorhebungen nicht im Original)

Zur Zusammenfassung des Gutachtens (PDF).

Weitere Informationen des Hans-Bredow-Instituts.

Telemedicus ausführlich zur Vorgeschichte.

, Telemedicus v. 22.05.2008, https://tlmd.in/a/811

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