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Lobbyplag – schon wieder kopiert?

Seit einer knappen Woche geistert nun das Lobbyplag durch den elektronischen Äther. Worum handelt es sich eigentlich hier? Wer ist dafür verantwortlich und wieso sollte mich das interessieren?
Vorab vielleicht eine Begriffsklärung. Der Name Lobbyplag ist eine clevere Kombination aus Lobbyismus und Plagiat. Aber was genau ist eigentlich Lobbyismus?

Wikipedia definiert Lobbyismus so:

„Lobbyismus ist eine aus dem Englischen übernommene Bezeichnung (Lobbying) für eine Form der Interessenvertretung in Politik und Gesellschaft. Mittels Lobbyismus versuchen Interessengruppen (Lobbys), vor allem durch die Pflege persönlicher Verbindungen die Exekutive und die Legislative zu beeinflussen. Außerdem wirken sie auf die öffentliche Meinung durch Öffentlichkeitsarbeit ein. Dies geschieht vor allem mittels der Massenmedien.”

Per se ist Lobbyimus also eigentlich nichts Schlechtes, er kann sogar dienlich sein um beispielweise dem fachunkundigen Exekutiv- oder Legislativverantwortlichem die Regelungsmaterie näher zu bringen, auf Missstände hinzuweisen oder Optionen aufzuzeigen.

Was ein Plagiat hingegen ist dürfte spätestens seit der Causa Guttenberg bekannt sein.

Plagiat?

Lobbyplag selbst arbeitet recht simpel, es vergleicht die Lobby-Papiere mit den Änderungsanträgen von Europaparlamentsabgeordneten.

In einem Zeit.de-Artikel heisst es nun, der Zusatz „Plag” würde eigentlich gar nicht passen, da es sich ja streng genommen nicht um ein Plagiat handle. Eine Plagiatsdefinition wäre etwa:

„Plagiat ist nach allgemeiner Ansicht eine Urheberrechtsverletzung, bei der sich jemand fremde Urheberschaft bewusst anmaßt.”(Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. § 23 UrhG, Rn. 28)

Hier geschieht dies aber ja gerade mit Einwilligung der Texturheber. Vielleicht sollte man folglich eher von Ghostwriting sprechen, aber das klänge dann natürlich nicht mehr so griffig.


Screenshot Lobbyplag.eu

Worum handelt es sich nun bei Lobbyplag?

Lobbyplag wurde von Marco Maas und Sebastian Vollnhals von OpenDatacity sowie dem freien Journalisten Richard Gutjahr ins Leben gerufen. Die Idee stammt von Max Schrems, den man aufgrund seines „Feldzugs” gegen Facebook kennen mag. Dieser hatte im Laufe seiner Recherchen auffällige Ähnlichkeiten zwischen Lobbypapieren und Änderungsanträgen von EU-Parlamentariern entdeckt.

Nach eigener Aussage versteht Lobbyplag seinen Auftrag so:

„Hier möchten wir kurz vor den bevorstehenden Ausschüssen und der eigentlichen Abstimmung im Parlament alle eingebrachten Gesetzesvorlagen durchleuchten und auf ihre Urheberschaft hin überprüfen.“

Und wie steht es um die Objektivität?

Hinsichtlich der Objektivität fällt zunächst (oder vielleicht auch nicht) auf, dass in der Auflistung jedenfalls bislang (man bedenke die Webseite ist noch keine Woche alt) nur Übereinstimmungen mit Lobbypapieren von Interessenverbände und Unternehmen auftauchen, NGOs hingegen vermisst man.

Dies war für Alexander Alvaro, selbst EU-Parlamentarier (FDP/ALDE), Anlass, Lobbyplag mangelnde Objektivität vorzuwerfen. Aber auch von journalistischer Seite wurde dies bereits bemängelt. Der Vorwurf mag an sich berechtigt sein. Allerdings muss man sich vor Augen führen, dass NGOs und ähnliche Gruppierungen üblicherweise gerade im Vorhinein ihre Forderungen und Vorschläge öffentlich machen. Interessenverbände, sogenannte Think Tanks und Unternehmenslobbyisten hingegen machen dies häufig nicht. Momentan scheinen die Parlamentarier auch so sehr mit Lobbypapieren überflutet zu sein, dass eine Klärung der Urheberschaft kaum möglich sei. Dies ist insoweit schade, als dass man selbst brauchbare Vorschläge nicht unter dem Gesichtspunkt des Urhebers und dessen einseitiger Interessen kontrollieren kann.

Darüber hinaus ist auch aufgrund des momentan nur freiwilligen Lobbyistenregisters eine Transparenz kaum herstellbar. Ein solches verpflichtendes Datenregister gibt es ironischerweise gerade in den USA. Hierzu sei im Übrigen die Arte-Reportage The Brussels Business empfohlen.

Zwar ist die Forderung von Alvaro durchaus unterstützenswert, aber es ist ebenso vernünftig, dass dieser Lobbyismus überhaupt erstmal öffentlich gemacht wird.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, wie sich Lobbyplag in den folgenden Wochen und Monaten entwickelt. Für genügend Gesprächsstoff hat es zunächst gesorgt – ob es Brüssel langfristig zu einer dringend nötigen europäischen Öffentlichkeit hilft, bleibt zu hoffen.

Update, 18.02.2013, 17:45 Uhr: Mittlerweile sind auch die Dokumente von den NGOs EDRI und Bits Of Freedom bei lobbyplag.eu angekommen. In einem weiteren Blogbeitrag beschreibt Gutjahr die Reaktion von „datenschutzfreundlichen“ Abgeordneten. Diese betonen zwar, dass es etwas völlig anderes sei, die Vorschläge von NGOs anzunehmen, räumen aber letztendlich auch die Notwendigkeit von Transparenz ein. Dass trotzdem, nach wie vor, keine Waffengleichheit herrscht beweist auch eine Grafik.

Zu Lobbyplag.eu.
Interview zu Lobbyplag bei Deutschlandradio Kultur.

, Telemedicus v. 18.02.2013, https://tlmd.in/a/2523

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