Das Landgericht Köln hat gestern entschieden, dass das zentrale Verhandlungsmandat des Grosso-Verbandes kartellrechtswidrig ist. Geklagt hatte der Bauer-Verlag gegen den Bundesverband Presse-Grosso. Nach dem Urteil kann der Bauer Verlag nun auch mit einzelnen Pressegroßhändlern individuell über Vertriebs- und Verkaufsbedingungen verhandeln.
Was ist ein Pressegrosso?
Ein Pressegrosso ist ein Unternehmen, das den Großhandel im Pressebereich zwischen Verlag und Einzelhändler abwickelt. Durch einheitliche Bedingungen für Verlage wie für die Einzelhändler sollen diese dabei bessere Wettbewerbschancen haben. Dabei gibt es in jedem „Grossogebiet“ bis auf Berlin und Hamburg auch nur einen einzigen Grossisten, der ein Monopol hat. Durch die Verbandsorganisation und dadurch koordinierte einheitliche Vertragsbedingungen mit den Verlagen hat sich eine umfangreiche vertriebliche Infrastruktur aufgebaut. Dies führt allerdings zu kartellrechtlichen Bedenken, weil unter den Grossisten kein Wettbewerb stattfindet und durch die gegenseitigen Absprachen auch kein Wettbewerb entstehen kann.
BGH: Kein Zwang zum Pressegrosso
Hierin liegen für den Bauer-Verlag die Probleme: Zum einen werden regionale Unterschiede hinsichtlich Leistungsbedarf und Kostenlast nicht berücksichtigt; zum anderen seien einige Grossisten auch nicht effizient genug. Das System des Bundesverband Presse-Grosso zwang ihn aber dazu, mit den Verbandsgrossisten zu kontrahieren. Deshalb wollte sich der Bauer-Verlag davon lösen und sein eigenes Vertriebssystem nutzen. Hiergegen klagte der übergangene Grossist ausgerechnet wegen eines Kartellrechtsverstoßes – der BGH wies die Klage in letzter Instanz aber ab:
Jedem Unternehmen steht es grundsätzlich frei, den bisher unabhängigen Händlern übertragenen Vertrieb seiner Produkte selbst zu übernehmen.
Der Bauer-Verlag durfte also aus dem Pressegrosso-System austreten.
LG Köln: Zentrales Verhandlungsmandat des Bundesverband Presse-Grosso ist kartellrechtswidrig
In dem jetzt vom LG Köln entschiedenen Verfahren ging es nun um die Preis- und Konditionenvereinbarungen des Grosso-Verbandes. Der Bauer-Verband wollte, wenn er schon austreten darf, auch bilaterale Verhandlungen mit Grossisten abschließen dürfen. Der Bundesverband-Pressegrosso sollte nicht mehr für seine Mitglieder einheitliche Konditionen mit den Verlagen verhandeln und die Grossisten nicht mehr auffordern, individuelle Verhandlungen mit den Verlagen zu verweigern. Das LG Köln folgte nun der Argumentation des Bauer-Verlages. Der Bundesverband darf also nicht mehr die einheitlichen Bedingungen vorgeben und eine individuelle Verhandlung nicht behindern.
Was wird nun aus dem Presse-Grosso?
Das Urteil hat zunächst nur die Wirkung, dass der Bauer-Verlag sich nicht mehr an den Bundesverband Presse-Grosso halten muss. Dessen Vorsitzender kündigte an, der Verband werde voraussichtlich Berufung einlegen. In der Zwischenzeit dürfte zu erwarten sein, dass auch andere Verlage sich emanzipieren wollen und entweder versuchen, bilaterale Bedingungen mit den einzelnen Grossos auszuhandeln oder sogar eigene Vertriebsunternehmen gründen.
Problematisch ist dabei, dass Verlage mit höherem Verhandlungspotential auch bessere Bedingungen stellen können. Wird aufgrunddessen also bilateral verhandelt, so könnte sich dies wettbewerbsbeschränkend für die wirtschaftlich schwächeren Verlage auswirken. Dadurch würde aber eine Medienkonzentration entstehen, die gerade durch das Pressegrosso vermieden werden soll.
Dies wäre ähnlich, wenn Verlage ihren Vertrieb selbst in die Hand nehmen. Um überhaupt wettbewerbsfähig zu sein, wie es auch der Bauer-Verlag anstrebt, bedarf es gewisser wirtschaftlicher Kraft. Das ist bei vielen kleineren Verlagen aber nicht unbedingt der Fall – sie könnten letztlich untergehen. Das bisherige Grosso-Vertriebssystem soll aber gerade garantieren, dass jedes Verlagsprodukt an jedem Ort zum gleichen Preis erhältlich ist. Dieser Grundsatz der Neutralität erscheint nun aber gefährdet. In einer gemeinsamen Erklärung von BDZV, VDZ und Bundesverband Presse-Grosso setzen sich diese deshalb auch weiterhin für den Erhalt des zentralen Verhandlungsmandats ein und befürworten eine gesetzliche Ausnahmeregelung.
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Gemeinsame Erklärung von BDZV, VDZ und Bundesverband Presse-Grosso.
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