Shopbetreiber brauchen eine BaFin-Lizenz, wenn sie Online-Zahlungsmöglichkeiten anbieten. Das hat das LG Köln Ende September entschieden. Das Urteil ist jetzt im Volltext verfügbar. Damit könnte ein ganzes Geschäftsmodell einem Paradigmenwechsel bei der bargeldlosen Zahlung gegenüberstehen.
Der Fall
Die Beklagte vermittelt Essensbestellungen über das Internet. Sie bietet in diesem Zusammenhang so genannte Online-Payment-Dienste an: Bestellt man etwas über ihre Webseite, kann man es bargeldlos bezahlen, zum Beispiel über sofortueberweisung.de oder PayPal. Ist das geschehen, erhält die Beklagte eine Nachricht und kann die Bestellung an das jeweilige Lieferunternehmen weiterleiten. Dieses kann die Bestellung des Kunden dann ausführen – und der Kunde bekommt schnell und unkompliziert Essen.
Die Entscheidung
Und in der Tat: Das LG Köln entschied, dass die Tätigkeit der Beklagten erlaubnispflichtig gemäß § 8 Abs. 1 ZAG sei. Denn ein Unternehmen, das gewerbsmäßig Zahlungsaufträge abwickle, falle in den Anwendungsbereich des ZAG. Selbst wenn diese Tätigkeiten nicht das Hauptgeschäft betreffen, handele es sich um ein „Zahlungsinstitut“ gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG:
Die Verfügungsbeklagte handelt bei der Nutzung der Online-Zahlungsmöglichkeit gewerbsmäßig, nämlich im Rahmen der gewerblichen Bestellvermittlung. Die Vorschrift fordert nicht, dass es dem Unternehmen gerade um die Zahlungsdienste gehen muss. Vielmehr werden auch Zahlungsdienste als Nebendienst für ein Hauptgeschäft erfasst. Es genügt, dass die Zahlungsdienste im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit erbracht werden.
Bei dem von der Beklagten praktizierten Geschäftsmodell handele es sich dem entsprechend auch um einen Zahlungsdienst in Form eines Finanztransfergeschäfts:
[Ein solches Finanztransfergeschäft liegt] u. a. bei Diensten vor, bei denen ohne Einrichtung eines Kontos ein Geldbetrag ausschließlich zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an den Zahlungsempfänger entgegengenommen wird. So liegt es hier, wenn die Verfügungsbeklagte z.B. über PayPal die Beträge für die Bestellungen vereinnahmt und diese später an die Lieferanten auskehrt. Dabei beschränkt § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG den Geldbetrag nicht auf Bargeld, sondern gilt auch für Buchgeld (…).
Das ZAG regelt in dessen § 1 Abs. 10 zwar einige Ausnahmen für Zahlungsdienste. Diese seien im vorliegenden Fall jedoch nicht einschlägig. Allein die Möglichkeit des Online-Payment mache das gesamte Geschäftsmodell zum Zahlungsdienst – auch wenn eine Barzahlungsoption angeboten wird und das Hauptgeschäft nichts mit Zahlungsdiensten zu tun hat:
Zwar weist die Verfügungsbeklagte zutreffend auf Erwägungsgrund 6 der Europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie hin, wonach der Anwendungsbereich auf Zahlungsdienstleister beschränkt werden sollte, deren Haupttätigkeit darin besteht für Zahlungsdienstenutzer Zahlungsdienste zu erbringen. Diese Beschränkung ist im deutschen Recht in § 1 Abs. 10 ZAG umgesetzt. Die Verfügungsbeklagte unterfällt nicht diesen Ausnahmen. Ein allgemeines „Nebendienstleistungsprivileg“ kann aus Erwägungsgrund 6 der Richtlinie nicht hergeleitet werden.
Die für gewerbliche Betätigung erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich nicht zwingend auf die Zahlungsdienste beziehen, sondern es genügt, wenn die Zahlungsdienste die Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen des Hauptgeschäfts fördern. (…)
Einstweiliger Rechtsschutz – kurz und schmerzlos?
Bereits die Länge der einzelnen Vorschriften deutet darauf hin, dass es sich hier um eine komplexe Rechtsmaterie handelt. Die Urteilsbegründung des LG Köln wird aber tatsächlich nur den verkürzten Anforderungen an den einstweiligen Rechtsschutz gerecht. Es fragt sich daher, ob die Entscheidung so haltbar ist.
Die Beklagte berief sich insbesondere auf § 1 Abs. 10 Nr. 2 ZAG, wonach „Zahlungsvorgänge zwischen Zahler und Zahlungsempfänger“, also zwischen den hungrigen Kunden und den Lieferanten, durch einen Dritten abgewickelt werden dürfen. Dieser Dritte müsste jedoch „Handelsvertreter oder Zentralregulierer“ sein. Das war vorliegend aber nicht der Fall. Auch eine entsprechende Anwendung der Norm scheide laut LG Köln aus. Denn: „Grundsätzlich sind die konkret umschriebenen Ausnahmetatbestände eng auszulegen.“ Eines Nachweises über diese Annahme bleibt das Gericht aber schuldig.
Fazit
Schaut man sich die anderen Ausnahmetatbestände an, liegt es zumindest nicht fern, den Anwendungsbereich insgesamt auf Unternehmen zu beschränken, die ihr Kerngeschäft mit solchen Zahlungsdienstleistungen bestreiten. Vom „gewerbsmäßige[n] Transport von Banknoten und Münzen“ ist da beispielhaft die Rede, oder „Zahlungsvorgängen innerhalb eines Zahlungs- oder Wertpapierabwicklungssystems“.
Man darf sich fragen: Wenn schon solche Unternehmen vereinzelt vom Anwendungsbereich ausgenommen werden, wieso dann nicht ein Bestell-Portal, das seinen Kunden lediglich eine weitere Zahlungsoption anbieten möchte? Andererseits könnte das LG Köln und damit letztlich die Beklagte auch schlicht ein Opfer undurchsichtiger Gesetzgebung geworden sein. Denn allerdings muss man sich fragen: Was ist nun mit der Konzertkarte bei Eventim? Was mit dem Aufblasbett bei Amazon? Müssen alle Internet-Verkaufsportalbetreiber nun eine BaFin-Lizenz einholen?
Das LG Köln sieht es wohl so. Fraglich ist aber, ob auch der Gesetzgeber dieses Szenario vor Augen hatte. Jedenfalls besteht gemäß § 3 Abs. 4 ZAG die Möglichkeit, in Zweifelsfällen eine Entscheidung der BaFin einzuholen, ob ein Unternehmen überhaupt den Vorschriften des ZAG unterliegt. Dies könnte für betroffene Unternehmen ein erster Rettungsanker sein. Denn wer sich einmal § 8 Abs. 3 ZAG anschaut, weiss, wieso es Unternehmern davor graut, sich um eine entsprechende Lizenz zu bemühen. Die Beklagte ist angeblich jedenfalls bereits in Berufung gegangen. Die weiteren Entwicklungen darf man daher mit Spannung erwarten.