Cheatbots können Zockern auf unterschiedlichste Art und Weise behilflich sein: Manche erleichtern das Zielen, die meisten übernehmen anspruchslosere Routineaufgaben. Überwiegend dienen die Programme dazu, Spielwährungen im weitesten Sinne abzuernten (Farming) – seien es „Gold“, „Baustoffe“ oder Ähnliches. Zunächst stört das nur die Fairness gegenüber den Mitspielern, die auf derlei Software-Doping verzichten. Doch Cheatbots können sich auch als wahre Schmarotzer erweisen, die dem Anbieter das Wasser abgraben.
Geschäftsmodelle unterschiedlich anfällig
Wie sehr das Mogeln zum Problem des Betreibers wird, hängt zunächst von dem Finanzierungsmodell des Onlinespiels ab. Es schadet in jedem Fall.
Glimpflich dürften die Auswirkungen bei Spielen sein, die sich über monatliche Gebühren finanzieren. Als etwa der Branchenprimus World of Warcraft gegen Cheatbots vorging, argumentierte er, dass die Abonennten schneller ans Ziel gelangten und daher Gebühren über einen kürzeren Zeitraum abführten – 105 US-Dollar sollte das pro Spieler kosten. Außerdem verlöre das Spiel durch Schummler an Attraktivität.
Anders sieht es bei Angeboten aus, die sich über Micropayments rentieren, wenn also für Rohstoffe oder Extrafunktionen kleine Centbeträge fällig werden. Spiele, die aus dem Browser ausgeführt werden, funktionieren oft nach diesem Prinzip. Wenn der Cheatbot diese Leistungen substituiert, zahlt der Spieler im Extremfall gar nichts mehr an den Betreiber. Der Cheatbot-Verkäufer hingegen kassiert durchaus kleinere zweistellige Beträge für seine unlautere Hilfestellung.
Spielerinteresse abgeschöpft
So war es im Fall, den das LG Hamburg nun im Eilverfahren zugunsten des Betreibers entschied (Beschluss, Az. 308 O 332/09): Das in der Grundversion kostenlose Spiel solle nur das Bedürfnis des Nutzers nach kostenpflichtigen Zusatzfunktionen wecken, erkannte die Hamburger Wettbewerbskammer. Dieses Konzept werde von Cheatbot-Firma…
„in unlauterer Weise untergraben, indem sie durch das Angebot entsprechender kompatibler Spielelemente das von der Antragstellerin durch das Bereitstellen der kostenlosen Grundversion überhaupt erst geschaffene Interesse der Spieler an kostenpflichtigen Spielerweiterungen abschöpft.“
Um gegen Cheatbots vorzugehen, gibt es mehrere rechtliche Handhaben. Der nun entschiedene Fall zeigt, dass das Wettbewerbsrecht die momentan beste Basis darstellt.
Wettbewerbsrecht: Rufausbeutung und Verleiten zum Vertragsbruch
Das Gericht sieht in dem Angebot eine Rufausbeutung im Sinne des „Einschiebens in eine fremde Serie“ (§ 4 Nr. 9b UWG) – es ist eher von rechtshistorischem Interesse, dass ein ganz traditioneller Spielehersteller, Lego nämlich, sich bis zur berühmten BGH Entscheidung Klemmbausteine III mit genau diesem Argument gegen Trittbrettfahrer schützen konnte.
Ebenfalls dem Wettbewerbsrecht entstammt das Argument, der Nutzer werde zum Vertragsbruch verleitet. Denn die Geschäftsbedingungen (nicht nur) des hier in Rede stehenden Anbieters verbieten, sich mit Zusatzprogrammen aller Art zu behelfen. Solche AGB dürften einer Inhaltskontrolle standhalten. Eine Entscheidung liegt dazu aber bislang nicht vor.
Das Angebot ist damit unlauter, der Unterlassungsanspruch besteht (§§ 8, 3 UWG).
Vermeidbar: Verstöße gegen Marken und Werke
Ein untergeordnete Rolle spielen für die Rechtspraxis die Marken- und Urheberrechtsverletzungen, die das Gericht ebenfalls feststellen konnte. Etwas geschicktere Cheatbot-Hersteller würden nicht den Fehler begehen, sich auch noch an Werken und Kennzeichen der Spielanbieter zu vergreifen. Das virtuelle Hausrecht, also ein dem Sachenrecht entnommener Abwehranspruch aus §§ 823 I, 1004 BGB ähnlich dem realen Hausrecht, fand zwar wieder Erwähnung. Eine Stellungnahme zu diesem nunmehr seit zehn Jahren umstrittenen Faszinosum des Internetrechts konnte sich das Landgericht wegen der bereits ausreichenden Argumente ersparen.
Kein Vergleich zum Fall World of Warcraft
Gar keine Rolle spielte hier die filigrane Argumentation, die World of Warcraft-Betreiber Blizzard einst gegen Cheatbots ins Feld führte: Das Unternehmen argumentierte im Prozess vor dem Amerikanischen Bezirksgericht in Arizona, dass das Urheberrecht durch eine unberechtigte – da gegen die AGB verstoßende – Vervielfältigung im Arbeitsspeicher verletzt werde. Dieser Weg könnte allerdings dann wieder relevant werden, wenn es um gekaufte Spiele geht. Denn dort sind die hier relevanten Geschäftsbedingungen eventuell nicht wirksam einbezogen.
Wachsender Markt der Onlinespiele
Die wirtschaftliche Relevanz der kleinen Störenfriede dürfte zunehmen. Beim deutschen Browsergames-Platzhirsch Bigpoint wiegelt man ab – von Cheatbots sei doch vor allem die Community betroffen. Allerdings dürfte das Geschäft ohne diese rasch erlahmen. Wenig betroffen sind allenfalls reine Werbespiele, deren Spieler unmittelbar ohnehin keine Einnahmen generieren.
Die Konsumforscher der GFK untersuchen das Thema Onlinespiel offenbar derzeit, unterscheiden dabei allerdings nicht nach dem Finanzierungsmodell. Die Bitkom-Zahlen, erhoben durch die Aris Umfrageforschung, deuten jedoch auf eine zunehmende Beliebtheit hin: 14 Prozent der über 14jährigen spielen nach Angaben der Bitkom Onlinespiele, von den zwischen 14 und 29jährigen daddelt sogar fast jeder Zweite, wobei auch die für Cheatbots eher unempfindlichen Gelegenheitsspiele (Casualgames) umfasst sind. Besonders beliebt sind danach Browsergames. Drei von vier Zockern möchten demnach direkt in Internet Explorer, Firefox & Co. spielen.
Ein Befund, den ein Blick in deutsche Büros mühelos bestätigt.
Der Beschluss des LG Hamburg im Volltext.