Das LG Hamburg hat sich mit der Reichweite einer Einwilligung zur Veröffentlichung des eigenen Bildnisses in einer Personensuchmaschine befasst. Es stellte fest, dass jemand, der ein Bild im Internet einstellt, (konkludent) darin einwilligt, dass eine Personensuchmaschine das Bild verwendet. Das soll jedenfalls dann gelten, wenn die Person das Bild auf einer frei im Internet verfügbaren Seite eingestellt hat. Das LG Hamburg beruft sich in der Entscheidung auf ein unlängst ergangenes BGH-Urteil.
Zum Sachverhalt
Die Klage richtete sich gegen die Betreiberin der Personensuchmaschine „www.123people.de“. Dort wurde ein Foto der Klägerin angezeigt, wenn man den entsprechenden Suchnamen eingab. Sie hatte zuvor eingewilligt, dieses Foto auf der Homepage ihrer Firma zu veröffentlichen. Die Klägerin war jedoch nicht einverstanden, dass das Foto in einer Personensuchmaschine veröffentlicht wurde. Sie verlangte daher insbesondere, es zu unterlassen, das Bildnis ohne ihre Zustimmung zu veröffentlichen und zu verbreiten und eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben, §§ 823, 1004 BGB (analog) i. V. m. § 22 KUG. Daneben begehrte sie Schadensersatz und die Erstattung der Abmahnkosten.
Die Entscheidung
Das LG Hamburg wies die Klage vollumfänglich ab. Es befasste sich vorwiegend mit dem Unterlassungsanspruch. Dabei beschränkte es sich im Wesentlichen auf Ausführungen zum Rechtfertigungsgrund der Einwilligung. Diese wird in § 22 KUG tatbestandlich vorausgesetzt. Ausdrücklich hatte die Klägerin nicht eingewilligt, das Bild durch eine Personensuchmaschine zu veröffentlichen. Gleichwohl verneint das Gericht die Rechtswidrigkeit des Eingriffs: wird ihr Foto auf der Webseite ihres Arbeitgebers veröffentlicht, kann dem…
„die objektive Erklärung entnommen werden, sie sei mit der Wiedergabe bzw. dem Erscheinen jenes sie abbildenden Fotos in Ergebnisanzeigen von Suchmaschinen – wie vorliegend in dem von der Beklagten betriebenen Internet-Angebot – einverstanden.“
Um diese These zu untermauern, wendet das Gericht die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.04.2010 (Az.: I ZR 69/08) – für die Nutzung urheberrechtlicher Werke durch Bildersuchmaschinen – aufgestellt hat, entsprechend an.
In diesem Urteil sah der BGH es als gerechtfertigt an, dass Bilder einer Künstlerin durch die Bildersuchmaschine von google genutzt wurden. Dass sie ihre Bilder im Internet einstellt, enthalte die schlichte, konkludente Einwilligung, „sie sei mit der Nutzung ihrer Werke durch die Bildersuchmaschine (…) einverstanden.“
Konkludente Einwilligung durch Online-Veröffentlichung
Rechtsgeschäftliche, rechtsgeschäftsähnliche oder schlichte Einwilligung: ausdrücklich wurde sie nicht erklärt. Dem LG genügte, dass das Foto auf der Firmenwebseite abgebildet war. Darin erkannte es die schlüssige Einverständniserklärung. Dafür sprach nach Ansicht des Gerichts vor allem eins:
„Der Umstand, dass das Internet-Angebot (…) ausdrücklich für Suchmaschinen optimiert wurde. Wenn die Klägerin es zulässt, dass ihr Foto auf einer solchen Homepage veröffentlicht wird, durfte die Beklagte dem Verhalten der Klägerin (auch ohne rechtsgeschäftliche Einwilligungserklärung) entnehmen, die Klägerin sei mit der Anzeige des Fotos auf dem Internet-Angebot der Beklagten einverstanden.“
Sollen auf eigenen Servern gespeicherte Bilder nicht in visualisierten Links auf anderen Webseiten zu sehen sein, kann man sich technisch dagegen absichern. Dass die Klägerin von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machte,
„konnte von der Beklagten als Betreiberin einer solchen Personensuchmaschine objektiv als Einverständnis damit verstanden werden, dass das Foto der Klägerin in dem bei der Bildersuche üblichen Umfang genutzt werden durfte.“
Das LG Hamburg führt dazu wortgleich mit dem BGH aus:
„Ein Berechtigter, der Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss mit den üblichen Nutzungshandlungen rechnen.“
Zwar hatte die Klägerin das Foto nicht selbst veröffentlicht. Dies tat vielmehr ihr Arbeitgeber als Host-Provider. Dennoch konstatierte das LG Hamburg, die Klägerin hätte
„ihren Arbeitgeber auffordern können, Sicherheitsmaßnahmen hinsichtlich ihres Fotos einzubauen oder der Beklagten von vorne herein eine Abbildung ihres Fotos untersagen können.“
Tragweite der Entscheidung
„Funktionsfähigkeit des Internet“ und Thumbnail-Entscheidung des BGH
Jeder, der ein Foto auf einer öffentlichen Webseite veröffentlicht, willigt also konkludent ein, dass es in Personensuchmaschinen genutzt wird. Sieht man genauer hin, muss man jedoch Einschränkungen machen. Schon bei der Thumbnail-Entscheidung des BGH wurde auf die Tragweite des Urteils hingewiesen. Immerhin ging es um das Bestehen des Geschäftsmodells der Bildersuche. Nur durch die Existenz von Suchmaschinen kann eine gewisse Ordnung in die anarchische Struktur des Internets gebracht werden. Es besteht also grundsätzlich ein allgemeines Interesse daran, Bilder im Internet einfach verfügbar zu machen. Es bleibt die Frage, ob der Umfang der Einwilligung im vorliegenden Fall korrekt bemessen wurde.
Umfang der Einwilligung
Die Rechtsnatur der Einwilligung mag noch so umstritten sein: werden Fotos im Internet veröffentlicht, genügt sie in schlichter Form. Interessanter ist das Konstrukt, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, durch schlüssiges Verhalten erklärt wird. Eine stillschweigende Einwilligung darf nur angenommen werden, wenn das Schweigen die Einwilligung aus Sicht des Empfängers eindeutig zum Ausdruck bringt. Unwirksam ist die Einwilligung dann, wenn dem Einwilligenden Zweck, Art und Umfang der geplanten Verwendung des Bildnisses nicht bekannt war (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 18). Genau dies dürfte bei der Klägerin zutreffen. Dass das Bild außerhalb der Firmenwebseite anderweitig verwendet wird, mag ihr nicht bewusst gewesen sein. Allein darauf kann es aber nicht ankommen. Der Umfang der Einwilligung ist durch Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Er hängt wesentlich von der Art der Veröffentlichung ab, die unmittelbarer Anlass für die Erteilung der Einwilligung war (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Auflage, § 22 KUG, Rn. 16). Genau dies berücksichtigen auch der BGH und das LG Hamburg bei ihrer Beurteilung: Erscheinen öffentlich zugängliche Fotos in einer Bilder- oder Personensuchmaschine, stelle das nach diesen Kriterien eine „übliche Nutzungshandlung“ dar.
Übliche Nutzungshandlung?
Doch wer bestimmt, was eine „übliche Nutzungshandlung“ im Internet ist? Dies bei der Mannigfaltigkeit des Internets zu pauschalisieren, wäre unangebracht. Fest steht: Es gehört zum Wesen des Internets, dass „durch sogenannte Hyperlinks die Web-Seiten verschiedener Content-Provider miteinander verknüpft werden können“ (vgl. von Strobl-Albeg, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage, Kap. 7, Rn. 64). Verlinkt man Fotos, handelt es sich also um eine „übliche Nutzungshandlung“. Dies wird im vorliegenden Fall noch dadurch bestärkt, dass die Ursprungs-Webseite für Suchmaschinendienste optimiert war. Dadurch konnte sie leicht und vorrangig gefunden werden. Wie durfte 123people es verstehen, dass das Foto der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht wurde? Das hochgeladene Bild musste die gleichzeitige (konkludente) Einwilligung in eine visualisierte Verlinkung bedeuten.
Hand aufs Herz: der „objektive Empfängerhorizont“ legt nahe, dass man verlinkt werden kann und darf, wenn man Texte und Bilder im Internet frei veröffentlicht. Das kann sogar dazu führen, dass selbst ein ausdrücklicher Widerspruch gegen die Nutzung erfolglos bleibt. Dies stellte auch der BGH bereits fest. Weil sich die konkludente Einwilligung an einen unbestimmten Personenkreis richtet, können bei ihrer Auslegung nur allgemein erkennbare Umstände berücksichtigt werden. Dies erscheint sehr weitgehend und schwer nachvollziehbar. Ferner ist auch fraglich, ob diese Grundsätze auch für die schlichte Einwilligung gelten können. Im vorliegenden Fall jedoch hatten die Betreiber von www.123people.de auf eine vorhergehende Aufforderung der Klägerin reagiert. Ihr Foto wurde umgehend aus dem Angebot entfernt, sodass diese Frage nicht relevant war.
Handlungspflicht seitens des Nutzers
Letztlich liegt es also am Nutzer, sich mittels technischer Vorrichtungen dagegen abzusichern, in Suchmaschinen zu erscheinen. Dabei wird auf einfache technische Mittel und simple kurzzeilige Codes verwiesen. Diese ermöglichen es dem Nutzer, sich innerhalb weniger Minuten ohne nennenswerten Aufwand gegen visualisierte Verlinkungen abzusichern. Der Suchmaschinenbetreiber müsste einen enormen Aufwand vollziehen, um alle Ergebnisse auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Der nutzerseitige Aufwand, sich mittels technischer Vorkehrungen abzusichern, ist demgegenüber gering. Die Überwälzung der Vorsorgepflichten ist somit nachvollziehbar. Was aber, wenn der betroffene Nutzer, wie im vorliegenden Fall, gar nicht selbst der Host- oder Content-Provider ist? Das Gericht führt dazu aus:
„Zwar trägt die Klägerin zutreffend vor, dass sie nicht Host-Provider sei. Allerdings hätte sie ihren Arbeitgeber auffordern können, Sicherheitsmaßnahmen hinsichtlich ihres Fotos einzubauen oder der Beklagten von vornherein eine Abbildung ihres Fotos untersagen können.“
Man kann nicht jeder existierenden Bilder- und Personensuchmaschine vorab die Nutzungsbefugnisse eines hochgeladenen Fotos mitteilen. Eine vorherige Untersagung ist somit kein gangbarer Weg. Den Arbeitgeber in Kenntnis zu setzen, wäre indessen durchaus eine Möglichkeit. Die Verbindung zwischen Host-Provider und Betroffenem wird in der Tat meist enger sein als zur Suchmaschine. Auch hier die Pflichten dem Nutzer aufzubürden, erscheint also wiederum nachvollziehbar. Es mag schwer abschätzbar sein, wie ein Arbeitgeber darauf reagiert. Auch können bei größeren Unternehmen solche Sonderanliegen einzelner Mitarbeiter einen erheblichen Mehraufwand darstellen. Auch hier wird letztlich aber das Interesse des Suchmaschinenbetreibers überwiegen.
Zusammenfassung
Nicht jedes hochgeladene Bild im Internet enthält die konkludente Einwilligung, es anderweitig zu veröffentlichen. Vielmehr ist dafür eine einzelfallbezogene Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gefragt. Diese lässt Möglichkeiten, eine konkludente Einwilligung in die Veröffentlichung durch Dritte zu verneinen. Das Urteil betrifft nur „öffentliche“ Webseiten. Diese können zu jeder Zeit von jedermann überall auf der Welt eingesehen werden. Keine konkludente Einwilligung kann demnach angenommen werden, wenn Bilder unter Vorbehalt veröffentlicht werden. Dies kann beispielsweise auf einer anmeldepflichtigen Webseite der Fall sein. Wurde dagegen die eigene Webseite zusätzlich für Suchmaschinen optimiert, muss auch damit gerechnet werden, in ebendiesen dargestellt zu werden: Wer gefunden werden will, soll nicht dagegen vorgehen können, gefunden zu werden. Die „protestatio facto contraria“ bezüglich des Widerrufs der Einwilligung erscheint wackelig. Zumindest ein „venire contra factum proprium“ aber kann wohl nur schwer von der Hand gewiesen werden. Für Webseiten, die nicht für Suchmaschinen optimiert wurden und solche ohne technische Vorkehrungen gegen das Auftauchen in Suchmaschinen können Bedenken verbleiben. Diese können jedoch mit dem überwiegenden Interesse der Suchmaschinenbetreiber gegenüber dem geringen Nutzeraufwand entkräftet werden.