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Landes-Trojaner: Wie grundlegend wird das Urteil?

Die Berichte der Prozessbeobachter sind eindeutig: Das Bundesverfassungsgericht wird das NRW-Verfassungsschutzgesetz verwerfen. Die Richter haben bereits zu früh in der Verhandlung zu viele Zweifel geäußert, als dass man noch damit rechnen müsste, dass das Gesetz Bestand hat.

Spekuliert wird allerdings nun um so mehr darüber, wie das Urteil des Gerichts aussehen wird. Wird das Gericht das Gesetz aus formalen Kriterien ablehnen, oder schreibt es eine Grundlagenentscheidung? Für beide Alternativen sprechen Indizien. So bemängelten die Richter in der Verhandlung mehrmals die unbestimmte Formulierung des Gesetzes – und deuteten damit einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz an. Andererseits vermutet Heribert Prantl in der SZ, dass das Gericht die Entscheidung für eine umfassende Standortbestimmung nutzen wird:

Für sich genommen passt keines der Grundrechte so richtig. Es ist daher zu erwarten, dass das Gericht aus den vorhandenen Schutznormen eine neue Garantie destilliert – und dann sehr klare, sehr strenge Voraussetzungen für eine Online-Durchsuchung vorschreibt, mit peniblen Kontrollvorschriften und akribischen Vorkehrungen zum Schutz der Persönlichkeitsrechte.

Für diese Alternative spricht inbesondere auch, dass dem BVerfG in einem ähnlich gelagerten Fall, der Vorratsdatenspeicherung, die Hände gebunden sind: Zu der geplanten Massen-Verfassungsbeschwerde wird das Gericht möglicherweise aus formalen Gründen nicht entscheiden können. Gut möglich, dass das Gericht deshalb ein Urteil schreiben wird, in dem es umfassende Grundsätze festlegt, die auch für die Vorratsdatenspeicherung gelten.

Andererseits: Stimmt die These Prantls, die bestehenden Grundrechte passten auf das bestehende Gesetz „nicht so richtig“?

Ist es der Artikel 13 Grundgesetz, der die Unverletzlichkeit der Wohnung schützt? Ist es der Artikel 10, der das Fernmeldegeheimnis wahrt? Oder gewährt das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Artikels 2 Grundgesetz den, wie Hoffmann-Riem es formulierte, ,,Schutz der Vertraulichkeit der Nutzung des eigenen informationstechnischen Systems““?

Denn im Fall der verdeckten Online-Durchsuchung sind eigentlich mehrere, bereits fest definierte, Grundrechte einschlägig:

• Die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) weil die Durchsuchung verdeckt durchgeführt wird,
• das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG), weil auf höchstpersönliche Daten Zugriff genommen wird, und
• die Unverletzlichkeit der Wohnung, weil der Computer in Wohnräumen steht (Art. 13 GG).

Das dürfte ausreichen.

Der Senat lässt es krachen – Heribert Prantl in der SZ.

Mehr zu den rechtlichen Hintergünden bei Telemedicus.

, Telemedicus v. 11.10.2007, https://tlmd.in/a/446

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