Der Rapper Kool Savas alias Savas Yurderi hat auf mehreren Konzerten den Moderator Jörg Kachelmann beleidigt. Dieser hatte aber Wind davon bekommen. Es hagelte eine Abmahnung – und schließlich ein Gerichtsverfahren. In diesem hat das LG Berlin bereits Mitte November zu Gunsten Kachelmanns entschieden.
Was war passiert?
Auf der Webseite von Rolf Schälike konnte man es bereits lesen: Jörg Kachelmann und Savas Yurderi lagen im Clinch miteinander. Der selbsternannte „King of Rap“ tourte Mitte 2010 unter anderem durch Deutschland und die Schweiz. Auf mehreren Konzerten betitelte er Kachelmann zwischen einzelnen Musikstücken mehrfach als „Arschloch“ und äußerte unter anderem: „verfickter Wetterfrosch“, „scheiß Wetterfrosch“, „Bastard“, „Idiot“ oder „Ich ficke ihn“.
Am Ende der Tournee schrieb er zusätzlich in sein Forum: „bis bald und geniesst die sonne solange (…) noch im bau ist, dieses arrrrrrrschloch“. Das wollte der so genannte „Wetterfrosch“ allerdings nicht auf sich sitzen lassen und mahnte den Rapper ab. Eine Unterlassungserklärung unterschrieb Kool Savas schließlich auch – allerdings ein wenig verspätet. Vor Gericht ging es daher vornehmlich um eine Geldentschädigung und Kostenfragen. Und die Zahlung einer Vertragsstrafe – ein Foreneintrag wurde auch im Nachhinein nicht gelöscht. Kool Savas verstieß damit gegen seine eigene Unterlassungserklärung.
Nicht mit dem LG Berlin
Das LG Berlin gab Kachelmann schließlich Recht. In den Äußerungen liege eine Persönlichkeitsrechtsverletzung. Obwohl beispielsweise die Anzahl der Konzerte nicht konkret festgestellt wurde, sprach es ihm eine Geldentschädigung zu. Grundsätzlich könne ein Musiker sich zwar auch auf die verfassungsrechtlich geschützte Kunstfreiheit stützen. Die Zwischenmoderationen seien von ihr aber nicht geschützt:
Hier sind die Beleidigungen des Klägers durch den Beklagten nicht eingebunden in das Medium einer von dem Beklagten geschaffenen bestimmten Formensprache wie etwa einen Roman oder ein Musikstück. Es handelt sich lediglich um seine Moderationen auf Konzerten bzw. einen Eintrag auf seiner Internetseite. Auch wenn jedenfalls bei dem Konzert in Freiburg ein Zusammenhang zwischen der Moderation und dem folgenden Musikstück bestehen mag, liegt allein in der Moderation keine eigene freie schöpferische Gestaltung.
Der beklagte Rapper hatte schließlich auch eingeräumt, dass es sich bei der Wortwahl um Beleidigungen handele. Allein solche Äußerungen in Zukunft zu unterlassen, trage der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung aber nicht genügend Rechnung, so das LG Berlin:
In der Gesamtheit der Äußerungen handelt es sich auch um eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung, für die der Kläger nur durch eine Geldentschädigung Genugtuung erlangen kann. Das ergibt sich insbesondere aus dem systematischen Vorgehen des Beklagten, der die Beleidigung des Klägers quasi zu einem festen Bestandteil seiner Tournee gemacht hat. Dabei kann dahin stehen, ob es ähnliche Beleidigungen noch bei mehr als von dem Beklagten eingeräumten Konzerten in Basel, Freiburg sowie ein oder zwei weiteren Orten gegeben hat. Bereits die unstreitig feststehenden Äußerungen lassen auf ein systematisches Vorgehen des Beklagten schließen, was sich insbesondere aus seinem eigenen Forumseintrag zum Abschluss der Tournee ergibt, in dem er seine Äußerungen noch einmal zusammenfasst.
Das Gericht konnte die Höhe der Geldentschädigung hier selbst bemessen. Es sprach Kachelmann eine Summe von 10.000,- Euro zu. Verglichen mit anderen Urteilen ist das eher wenig: Prinzessin Caroline hatte für Persönlichkeitsrechtsverletzungen schon einmal gute 100.000 Euro zugesprochen bekommen. Die Summe auszurechnen, ist aber eine Einzelfallentscheidung. Und in der Tat: Insgesamt hätten die Äußerungen hier nur einen begrenzten Personenkreis erreicht, stellte das LG Berlin fest. Eine Google-Suche belegt: Tatsächlich schien sich der Beklagte zu bemühen, auch im Netz auffindbare Videos löschen zu lassen. Diese Umstände waren dem Beklagten bei der Berechnung zugute zu halten:
Die permanente Herabwürdigung des Klägers verletzt diesen auch erheblich in seiner Ehre. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass auch nach dem Vorbringen des Klägers nur etwa 10.000 Menschen die Äußerungen bei den Auftritten sowie im Internet zur Kenntnis nehmen konnten. Die Folgen für den Kläger sind daher nicht vergleichbar mit denen von schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Presseerzeugnissen oder Büchern mit hoher Auflage. Dass andere Medien nun über den Rechtsstreit berichten und dem Beklagten dies auch willkommen sein mag, führt nicht zu einer anderen Bewertung.
Fazit
Das LG Berlin hatte bei solch eindeutigen Äußerungen wenig Spielraum. Dass einige der Äußerungen tatsächlich so gefallen sind, räumte schließlich auch der Beklagte ein. Kachelmann hat seinen regen Prozessbetrieb damit um ein weiteres Urteil zu seinen Gunsten ergänzt. Auch die strafrechtliche Bewertung scheint eindeutig – ob er in diese Richtung vorgeht, ist allerdings bis jetzt nicht ersichtlich. Musikern bleibt in solchen Fällen nur zu raten, beleidigende Inhalte ihren Texten vorzubehalten, um wenigstens eine Abwägung mit der Kunstfreiheit zu erreichen – ohne eine Garantie, dass nicht auch dann rechtliche Konsequenzen folgen können. Kool Savas selbst dürfte das Urteil finanziell indessen wenig schmerzen: Sein neues Album „Aura“ stand zuletzt auf Platz 1 der deutschen Albencharts.