Das war die Telemedicus Sommerkonferenz 2019:
Die #soko19 führte den Ansatz der vergangenen Sokos fort. Die Digitalwelt ist komplizierter geworden, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Um den Blick über den Tellerrand zu werfen, waren deshalb Expert*innen anderer Fachrichtungen besonders zahlreich vertreten. Klassische Soko-Themen aus dem Bereich des Informations-, IT- & Datenschutzrecht gingen wir interdisziplinär an, um die Fragestellungen zu verdeutlichen. So fanden die meisten Einheiten in juristisch-nichtjuristischen Tandems statt. Das machte die Vorträge anschaulich, abwechslungsreicher und sorgte dafür, dass sie nicht mit Paragraphen überfrachtet waren. Die typische Soko Atmosphäre ohne formelle Kleidung tat ihr übriges und sorgte für eine kommunikative Atmosphäre.
Mit diesem kleinen Bericht wollen wir die Erinnerung an die Soko19 auffrischen und die Vortragsfolien zur Verfügung stellen.
Die Keynote hielt Prof. Dr. Jeanette Hofmann zur mediatisierten Demokratien. Sie sprach sich für einen Sichtwechsel auf das Zusammenwirken von Digitalisierung und Demokratie aus. Der digitale Wandel führe zu einem langfristigen Strukturwandel statt zu einem stetigen Kampf zwischen Neuerung und politischer Regulierung.
Zur Soko19 Themenankündigung.
Gedanken zur Keynote von Rechtsanwältin Astrid Christofori.
Dem Zusammenspiel von Politik und Öffentlichkeit widmeten sich auch Anna Bernzen und Verena Reiter in ihrem Vortrag Kein Like für die Pressefreiheit. Sie stellten dar, welche Entwicklungen in der amerikanischen Presseöffentlichkeit seit der Wahl von Donald Trump zu beobachten sind. Der juristische Teil des Vortrags vertiefte die Frage, ob Regierungsmitglieder einzelne Medienhäuser in ihrem Interesse an Informationen beschränken könnten.
Präsentation Bernzen/Reiter
Zum Abschluss des Vormittages präsentierte Daniel Moßbrucker seine gemeinsam mit Prof. Dr. Gostomzyk (TU Dortmund) verfasste Studie zu präventiven Anwaltsstrategien gegenüber Medien: „Wenn Sie das schreiben, verklage ich Sie!“ Dazu befragten sie Presserechts-Anwält*innen und Redaktionen zu ihren Erfahrungen mit Versuchen, vermeintliche Betroffenenrechte anwaltlich oder gerichtlich durchzusetzen.
Präsentation Gostomzyk/Mossbrucker
Da wir dieses Jahr auf unseren Call for proposals besonders viele Themenvorschläge erhielten, startete nach der Mittagspause ein Sidetrack. So konnten wir gleichzeitig zwei Themen eine Bühne bieten.
Im Lichthof gaben Fabian Rack und Dr. Klaus Frieler einen Einblick in die Jazz-Forschung. Frieler entwickelte u. A. an der Musikhochschule Weimar ein Programm zur computergestützen Analyse von Jazz. Da im Jazz intensiv improvisiert wird, stellten sich hier besondere Anforderungen an eine leicht verständliche Datenaufbereitung. Telemedicus Kernteammitglied Fabian Rack beleuchtete anschließend die Forschung von Frieler aus urheberrechtlicher Perspektive. Er machte deutlich, welchen Herausforderungen sich Wissenschaftler*innen bei einer Bearbeitung von Musikdateien mit vielfältigen Schutzrechten stellen würden.
Zur Soko19 Themenankündigung.
Die #soko19 ist seit jeher ja auch ein Treffen der Jazzliebhaber: Fabian #Rack und Klaus #Frieler zu Music Data Mining. pic.twitter.com/vDq9TxslcU
— AKIT (@AKIT_Recht) June 28, 2019
Insbesondere juristische Aufsätze können schwer verständlich sein. Diesem Problem widmeten sich Juristin Daniella Domokos und PR-Beraterin Stephanie Kowalski. Primär liege diese Unverständlichkeit an mangelnder visueller Aufbereitung. Lange Blocktexte ließen Sinnzusammenhänge nicht sehr deutlich werden. Abhilfe schaffen könne die gezielte Visualisierung. Zur Verdeutlichung ließen die Referentinnen ihr Publikum den Stift selbst in die Hand nehmen.
Präsentation Domokos/Kowalski
Großartiger Pitch für die Visualisierung von Datenschutzerklärungen von @SteffiKowalski #soko19 pic.twitter.com/G2qgpFLXdn
— Simon Assion (@sas_assion) June 28, 2019
Im Meetingraum bekamen die Soko Teilnehmer*innen währendessen eine praktische Einführung in die Informatik. Jurist und Informatiker Maximilian Kroker führte die Anwesenden auf interaktive und kreative Weise in sein zweites Fachgebiet ein. So konnten Jurist*innen die technischen Grundlagen lernen, zum Beispiel wie ein Algorithmus funktioniert und arbeitet. Für viele Teilnehmende eine gute Gelegenheit um etwa IT-Mandate besser nachvollziehen zu können.
Zur Soko19 Themenankündigung.
„Kann jede Brücke bei einem Spaziergang mit Rückweg exakt einmal überquert werden?“ – Grdlgn. d. Informatik für Jurist*innen mit @KrokerMax auf der #soko19 #workshop pic.twitter.com/7HhEThOu3v
— HC.G (@haenselbert) June 28, 2019
Betroffene über einen Datenleak zu informieren kann eine unangenehme Aufgabe sein. Wie man es richtig angeht, berichteten Susan Gonscherowski und Matthias Wübbeling in ihrem Vortrag. Die Politikwissenschaftlerin und der IT-Berater zeigten auf, welche Betroffenenrechte zur Verfügung stehen und welche Hürden sich bei den Informationspflichten stellen können. Die Workshopteilnehmer*innen konnten anschließend überprüfen, ob ihre eigenen Daten online kompromittiert worden sind.
Präsentation Gonscherowski/Wübelling
Viele Informationen, die für einen Identitätsdiebstahl notwendig sind, sind häufig öffentlich ohne Weiteres im Internet verfügbar #SoKo19 pic.twitter.com/DxUbSutMFi
— Amadeus Peters (@AmadeusPeters) June 28, 2019
Johannes Nehlsen und Wolfgang Wiese berichteten über neue Pflichten öffentlicher Stellen, wie sie ihre Onlineangebote barrierefrei
bereitstellen müssen. In den Fokus rückten dabei die technischen Vorraussetzungen sowie den rechtlichen Rahmen. Den Ausgangspunkt bildet die EU-Richtlinie 2016/2102, die einen klaren Zeitplan aufstellt, bis wann digitale Anwendungen barrierefrei zugänglich sein müssen.
Zur Soko19 Themenankündigung.
Blindenschrift in Pokemon – wie man über Games zum Thema Barrierefreiheit gelangt #soko19 pic.twitter.com/q5tt4Em1bL
— Telemedicus (@Telemedicus) June 28, 2019
Gleichzeitig stellten Aline Blankertz und Julia Sinnig Forschungsergebnisse zum Wert digitaler Güter vor. Blankertz zeigte auf, wie unterschiedlich Menschen einem digitalen Gut einen Wert auf dem Markt zuschrieben. Steuerrrechtlich knüpfte Sinnig an und legte dar, wie komplex eine Besteuerung digitaler Güter in globalen Schöpfungsketten sein kann.
Päsentation Aline Blankertz, Wert digitaler Gueter
Interessante Frage am Ende des Vortrags: „Sollten Facebook & Co. nicht eben so besteuert werden wie (analoge) Werbeunternehmen bisher auch?“ #soko19 pic.twitter.com/SBSuvRIWaJ
— Felix Meurer (@felixmeurer) June 28, 2019
Einen Chatbot in die unternehmenseigenen Abläufe zu integrieren, ist kein leichtes Unterfangen. Davon berichtete Sarah Honne. Sie stellte in einem Versicherungskonzern den Mitarbeiter*innen im Kundenservice einen Chatbot bereit. Dieser unterstütze die Kolleg*innen etwa bei der Auswahl neuer Angebote. Justiziar Markus Schröder umriss die regulatorischen Herausforderungen.
Präsentation Honne/Schröder
Markus Schröder zu der Frage, ob Chatbots eine werbliche Ansprache iSd ePrivacy-RL bzw. UWG sind:
„Wir sprechen von einem Pop-Up. Man wird es diskutieren können, aber irgendwo hört es auch einmal auf.“ #soko19
— Telemedicus (@Telemedicus) June 28, 2019
Bevor der Tag im Sonnenuntergang auf der Dachterrasse der GAMES Academy endete, präsentierte Prof. Dr. Christoph Fiedler seine Gedanken zur EU-Urheberrechtsreform. Auf Einladung des Mitveranstalters @KIT informierte er über seine Ansichten zur Regulierung von Äußerungen im Netz. Er plädierte dafür, bereits vorhandene Instrumente der Rechtsordnung zu nutzen, anstatt unklare neue Möglichkeiten zu schaffen.
Prof. Christoph Fiedler verteidigt zwar wie erwartet den Art. 17 UrhRL, verurteilt aber sehr klar und überzeugend andere Formen der Filterung – insbesondere solche, die rechtmäßige (!) Äußerungen als "Fakenews" oder "Desinformation" filtern wollen. #soko19 pic.twitter.com/nF00fF5cOx
— Jan Moenikes (@jmoenikes) June 28, 2019
Der Samstag erweiterte das vielfältige Themensprektrum der Soko noch einmal.
Den Anfang machte Tilman Herberich mit einer Einleitung zum Datenschutz in der Online-Werbung und warnte vor möglichen Bußgeldern in beachtlicher Höhe. Er erklärte die technisch komplexe Anzeige von Werbung, insbesondere das Real-Time-Bidding. Hierbei zeigte er auf, welche neuen Herausforderungen sich bei der Einholung einer wirksamen Einwilligung ergeben würden. Da der Co-Referent von Herbrich leider ausgefallen war, stellte sich spontan Soko Teilnehmer Christian Pfeiffer als technischer Referent zur Verfügung.
Zur Soko19 Themenankündigung.
"Die Finger in die Wunde legen", weil "viele Juristen keine Ahnung von Technik haben". Hauptproblem bei Online-Werbung – so startet bei #soko19 von @Telemedicus RA @TilmanHerbrich von @spiritlegal seinen Vortrag zu #Datenschutz in der Online-Werbung Berliner Atrium @MicrosoftDE
— Thomas Hartmann (@FuzziIP) June 29, 2019
Der Implemetierung von digitalen Möglichkeiten in unser Rechtssystem widmeten sich Yvonne Schäfer und Jean-Maxime Riviere. Sie erläuterten rechtlich und technisch, wie die Blockchain Technologie etwa zur Beweisführung vor Gericht eingesetzt werden könnte.
Zur Soko19 Themenankündigung.
Ja, wir brauchen „unique features“ für eine #blockchain im IP Law. Ansonsten reicht nämlich eine öffentlich zugängliche Datenbank aus. @Bernstein_io kombiniert den Hash der Blockchain mit Timestamp und Cloud. Bloxberg + @MPDL, ick hör dir trapsen! #SoKo19
— Oliver Vettermann (@magnus_cerebrum) June 29, 2019
Beweissicherung war zeitgleich auch bei Hermann Jakobi und Bodo Pfalzgraf das Thema. Wie Bodycams von Sicherheitsbehörden in Deutschland und Russland genutzt werden, stellte Jurist Jakobi vor. Während in Russland Kameras zu Beweiszwecken kaum reguliert seien, gebe es in Europa eine Vielzahl von Normen, die den Einsatz solcher Technologien regeln. Pfalzgraf gab als Vorsitzender der Polizeigewerkschaft Berlin Einblicke in die Arbeit seiner Kolleg*innen, die bereits Bodycams nutzten. Er berichtete von den ersten Testläufen in einzelnen Bundesländern und den daraus resultierenden Maßnahmen, die es in technischer und organisatorischer Weise für Bodycams und für Polizisten zu bewältigen gebe.
Präsentation Jacobi
Bodycams dienen im Kern als Deeskalationsmechanismus. Erst in 2. Linie dienen sie der Beweissicherung #spannend #SoKo19 @Telemedicus pic.twitter.com/eIURGvG67k
— Daniella Domokos (@Akoneira) June 29, 2019
Wenn Entscheidungen von Algorithmen vorbereitet oder getroffen werden, dann ist eine mögliche Diskriminierung oft nicht direkt sichtbar. Wie hier bei der Programmierung eingegriffen werden kann und ob rechtliche Bedingungen zum Greifen kommen können, erläuterten Amadeus Peters und Prof. Dr. Claudia Müller-Birn.
Zur Soko19 Themenankündigung.
Auch das Weglassen von diskrimierungträchtigen Daten kann zu Diskriminierung führen – sagt @AmadeusPeters
Diskriminierung bei Algorithmen lässt sich leichter aufdecken und Algorithmen können skalierbar Gleichbehandlung sicherstellen – sagt @clmbirn #soko19
— Simon Assion (@sas_assion) June 29, 2019
Parallel gab Daniel Moßbrucker Nachhilfe zur digitalen Selbstverteidigung. Die Tools, die Journalist*innen zur sicheren Komunikation mit Informant*innen nutzen, könnten für Jurist*innen ebenso nützlich sein. Moßbrucker gab Tipps, wie tägliche digitale Abläufe besser zu schützen seien und warb für einen sensiblen Umgang mit digitalen Technologien.
Präsentation Moßbrucker
Der Abschluss der Soko19 stand im Zeichen eines aktuellen Facebook-Verfahrens. Das Bundeskartellamt wagte sich mit seinem Beschluss in neue Rechtsbereiche vor. Die entstandene Verknüpfung von Kartell- und Datenschutzrecht irritiert und fasziniert die Fachjurist*innen zugleich.Sebastian Louven stellte die Entscheidung aus kartellrechtlicher Sicht vor. Dr. Carlo Piltz machte deutlich, warum der Beschluss des Bundeskartellamtes ihn als Datenschutzrechtler irritiert.
Präsentation Piltz
Präsentation Louven
Wir danken allen Referierenden für den Input, alle Teilnehmenden für das engagierte Diskutieren sowie den Förderern und Sponsoren für ihre Unterstützung! Wir sehen uns auf der #soko20!
Die #SoKo19 ist ja schon noch ein „Geheimtipp“, aber ein sehr guter. Bisher meine Lieblingskonferenz in Sachen Jura „und Gedöns“! Tolle Menschen, tolle Größe, tolles Essen, ach… ?? Nächstes Jahr bin ich wieder an Bord. Danke, @Telemedicus!
— Oliver Vettermann (@magnus_cerebrum) June 29, 2019