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Kommt nun doch das Product Placement?

Morgen beginnen die weitergehenden Beratungen über den 13. RÄStV. Zu diesem Anlass haben sich mehrere Interessensverbände gegen die Legalisierung von „Product Placement“ ausgesprochen. Ende vergangegen Monats hatte sich die Rundfunkkommission der Länder darauf verständigt, Product Placement in Fernsehfilmen, Serien, Sportsendungen und leichten Unterhaltungsformaten grundsätzlich erlauben zu wollen. Damit würden die Ministerpräsidenten vom ehemals so beschworenen Trennungsgrundsatz zwischen Werbung und Inhalt abrücken.
Bei Product Placement handelt es sich nach der europäischen AVMS-Richtlinie um jede Form audiovisueller kommerzieller Kommunikation, die darin besteht, gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung ein Produkt, eine Dienstleistung oder die entsprechende Marke einzubeziehen, so dass diese innerhalb einer Sendung erscheinen.

Die AVMS-Richtlinie

Der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird insbesondere die europäische AVMS-Richtlinie in nationales Recht umsetzen. Diese EU-Richtlininie verbietet zwar grundsätzlich Product Placement, sieht dazu aber in Artikel 3g Absatz 2 Ausnahmen dazu vor:

Artikel 3g

(1) Produktplatzierung ist untersagt.

(2) Sofern die Mitgliedstaaten nichts anderes beschließen, ist Produktplatzierung abweichend von Absatz 1 zulässig

– in Kinofilmen, Filmen und Serien für audiovisuelle Mediendienste, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung oder

– wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleistungen wie Produktionshilfen und Preise im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendungen kostenlos bereitgestellt werden.

[…]

Das grundsätzliche Verbot von Product Placement geht vor allem auf das Engagement Deutschlands zurück. Die Bundesregierung hat sich bei der Verhandlungen über die Richtlinie stets gegen eine Freigabe dieser Werbeform ausgesprochen. Es war dann letztlich das einzige durchsetzbare Kompromissangebot, Product Placement grundsätzlich zu verbieten, dazu aber eine dedizierte Ausnahmeregelung zu schaffen. Den Mitgliedsstaaten steht es frei, ob sie von dieser Ausnahme Gebrauch machen. In jedem Fall muss jedoch jede Sendung mit Product Placement deutlich als solche gekennzeichnet werden.

Die Ministerpräsidenten wollen nun doch Product Placement

Obwohl sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für die Beibehaltung der strikten Trennung von Werbung und Inhalt stark gemacht hat, werden die Bundesländer nun wohl doch Gebrauch von der Ausnahmeregelung machen. Wie Martin Stadelmeier, Chef der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz, bekannt gegeben hat, sind sich die Bundesländer darüber einig, Product Placement im Privatrundfunk grundsätzlich im Rahmen der Richtlinie erlauben zu wollen. Demnach soll die neue Werbeform künftig in Fernsehfilmen, Serien, Sportsendungen und leichten Unterhaltungsformaten zulässig sein. Damit würde das traditionelle Trennungsgebot von Werbung und Inhalt (§ 7 Abs. 3 S. 1 RStV) in gewisser Weise eine kontrollierte Durchbrechung erfahren.

Jedoch haben sich in der vergangenen Woche verschiedene Interessensgruppen erneut dagegen zu Wort gemeldet. Mit gemeinsamer Stimme warnen sie vor der Einführung von Product Placement in Deutschland.

Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sind gegen Product Placement

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDVZ) geht davon aus, dass die Legalisierung von Product Placement im Rundfunkbereich einen gefährlichen Dammbruch auslösen wird:

„Die Zeitungsverleger befürchten, dass die geplante Aufhebung der klaren Trennung von Werbung und Programminhalten im Fernsehen die werbungtreibende Wirtschaft und Agenturen dazu verleiten wird, ähnliche Lockerungen auch von den Tageszeitungen zu verlangen. Die hohe Glaubwürdigkeit der Tageszeitungen sei jedoch eine der wichtigsten Qualitäten des Mediums, betonte der BDZV.“

Für den Schwesterverband des BDVZ, den Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), wäre die Einführung von Product Placement im Rundfunk daneben auch ein großer Wettbewerbsnachteil:

„Sollten die Bundesländer den Durchgriff der Werbegelder auf redaktionelle Inhalte im Fernsehen legalisieren, würden zudem Printmedien gegenüber TV bzw. audiovisuellen Medien im Wettbewerb um die Werbeetats benachteiligt. Denn dann wäre es beispielsweise einer People-Zeitschrift nach wie vor untersagt, den neuen Geländewagen im Bild zur prominenten Schauspielerin gegen Entgelt zu platzieren. Das TV-People-Magazin oder sonstige „leichte Unterhaltung“ ebenso wie TV-Serien dürfte hingegen genau die gleiche Platzierung gegen Bezahlung anbieten.“

Studie der Landesmedienanstalten zu Product Placement

Ende März ist eine Studie mit dem Titel „Trennung von Werbung und Programm im Fernsehen – Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen“ vorgestellt worden. Darin untersucht unter anderem Prof. Dr. Bernd Holznagel vom ITM in Münster im Auftrag mehrerer Landesmedienanstalten die Regulierungsoptionen für Product Placement.

In seinem Gutachten stellt Holznagel klar, dass durch die Ausnahmeregelung in der AVMS-Richtlinie keinesfalls Schleichwerbung legalisiert werden kann. Vielmehr ist es nur möglich, transparent gestaltetes Product Placement zu legalisieren. Im Rahmen der betroffenen Sendung muss dann deutlich auf den Einsatz dieser neuen Werbeform hingewiesen werden. Die Ausgestaltung dieses Hinweises will Holznagel dabei von der Plakativität der Produktplatzierung abhängig machen: Bei sehr offensichtlichen Produktplatzierungen sollen deutliche Hinweise im Vor- und Abspann der Sendung sowie nach jeder Werbeunterbrechung genügen. Bei eher unterschwelligen Platzierungen soll nach Holznagels Auffassung ein simultaner Hinweis notwendig sein.

Ferner arbeitet Holznagel heraus, dass die eher weichen Tatbestandsvoraussetzungen der Richtlinie („leichte Unterhaltung“, „nicht zu starke Herausstellung“) bei einer Umsetzung in deutsches Recht dringend einer gesetzlichen Konkretisierung im Rundfunkstaatsvertrag bedürfen würden.

Beschlussreifer Entwurf des 13. RÄStV für Sommer 2009 avisiert

Morgen gehen die Beratungen zum 13. RÄStV in die nächste entscheidende Runde. Die Rundfunkkommission will der Ministerpräsidentenkonferenz spätestens im Sommer einen beschlussreifen Entwurf des 13. RÄStV vorgelegen. Die Umsetzungsfrist für die AVMS-Richtlinie läuft zum Ende des Jahres ab.

Martin Stadelmeier zum Thema Product Placement im epd-Medien.

Zusammenfassende Darstellung der Kritik am Product Placement bei dwdl.de.

Update am 28. April 2009:

Es liegt ein erster Entwurf des 13. RÄStV vor.

Update am 14. Mai 2009:

Weitergehende Beratungen von Bund und Ländern zum Product Placement

, Telemedicus v. 07.04.2009, https://tlmd.in/a/1242

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