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„Kleine Anfrage” der SPD zu Abmahnmissbrauch

Ende April hat die SPD-Fraktion eine „Kleine Anfrage” an die Bundesregierung wegen des häufigen Missbrauchs des Instruments der Abmahnung im Online-Handel gestellt. Die SPD-Fraktion ist der Ansicht, dass gerade kleine und junge Unternehmen wegen des Abmahnmissbrauchs erhebliche Schwierigkeiten im Online-Handel haben.
Die SPD-Fraktion stellt ferner fest, dass inzwischen Anwaltskanzleien und Unternehmen auf dem Markt sind, die darauf spezialisiert sind, Unternehmen abzumahnen, ohne dass sie ein tatsächliches Interesse an der Verfolgung des behaupteten Rechtsverstoßes haben:

„Dieser Abmahnmissbrauch ist nicht auf den Online-Handel beschränkt. Dort
sorgt er aber gerade bei kleinen und mittelständischen Betrieben für große Unsicherheit.
So weist eine Studie zum Online-Handel von Februar 2010 aus, dass
die meisten Abmahnungen von Wettbewerbern bzw. Konkurrenten stammen.
Aus Sicht der Online-Händler dienen die Abmahnungen vor allem dazu, Geld zu
verdienen und Wettbewerber zu behindern. Bei 52 Prozent der Händler haben
die Abmahnungen erheblichen finanziellen Schaden verursacht; für 10 Prozent
war der Schaden sogar existenzbedrohend. Laut Studie sind außerdem
93 Prozent der Händler der Meinung, dass der Rechtsrahmen geändert werden
muss – vor allem hinsichtlich Reduzierung der Kosten für eine Abmahnung und
Einschränkung des Kreises der Abmahnberechtigten.”

Die SPD-Fraktion kommt darüber hinaus zu dem Schluss, dass vorrangig drei Faktoren zu einer Missbrauchspraxis im Online-Handel führen:

  • Eine Vielzahl von kleinteiligen und verschachtelten Vorschriften sind im Online-Handel zu beachten. Die hohe Zahl und die Unübersichtlichkeit der Regelungen führt dazu, dass Online-Händler einem hohen Risiko ausgesetzt sind Verstöße zu begehen.
  • Aufgrund der einfachen Zugänglichkeit der Websites ist es einfach in kurzer Zeit auch kleinste Rechtsverstöße aufzufinden. Die Folge aus der leichten Auffindbarkeit sind nach Ansicht der SPD-Fraktion Massenabmahnungen.
  • Der fliegende Gerichtsstand ermöglichst es dem Abmahnenden sich das Gericht zu suchen, dass seine Rechtsauffassung stützt und großzügige Kostenerstattungen ermöglicht.

Daher möchte die SPD-Fraktion unter anderem folgende Fragen von der Bundesregierung beantwortet haben:

1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die durchschnittliche Anzahl
von Abmahnungen sowie die finanziellen Folgen für die einzelnen
Unternehmer im Online-Handel, die durch die hier als Abmahnmissbrauch
beschriebene Praxis verursacht werden?
2. Aufgrund welcher Verstöße werden nach Erkenntnis der Bundesregierung
die Unternehmen abgemahnt?
3. Welche Auswirkungen haben die abgemahnten Verstöße auf den Wettbewerb
und auf die Durchsetzung von Verbraucherrechten?
[…]
5. Welche Aufgaben haben aus Sicht der Bundesregierung die Betreiber von
virtuellen Marktplätzen an der Bekämpfung von Wettbewerbsverstößen?
[…]
7. Welche konkreten Gesetzesvorschläge gibt es bzw. sind in Planung (etwa
Ausweitung der Deckelung des Ersatzes der erstattungsfähigen Abmahnkosten
bei erstmaligem Verstoß auf das Wettbewerbsrecht; Senkung des
Streitwerts bei Erstabmahnungen; Begrenzung des Kreises der Abmahnberechtigten)?
8. Plant die Bundesregierung eine auf einzelne Gesetze, etwa das Gesetz gegen
den unlauteren Wettbewerb, beschränkte Lösung oder schwebt ihr eine
allgemeine Lösung vor (die z. B. auch den Bereich geistiger und gewerblicher
Schutzrechte umfasst)?
[…]
10. Gibt es Überlegungen, den „fliegenden Gerichtsstand“ einzuschränken?
Sieht die Bundesregierung in einer Abschaffung des fliegenden Gerichtstands
zumindest auch eine Möglichkeit zur Entschärfung des Abmahnmissbrauchs,
indem der Abmahnende sich nicht mehr ein Gericht aussuchen
kann, das die ihm günstige Rechtsauffassung teilt?
11. Wie sehen die ersten Erfahrungen mit dem neuen § 97a UrhG aus, der in bestimmten
Fällen die ersatzfähigen Aufwendungen auf 100 Euro beschränkt?
Inwieweit haben sich die Begriffe „erstmalige Abmahnung“, „einfach gelagerte
Fälle“ und „unerhebliche Rechtsverletzung“ dieser Norm in der
Praxis nach Auffassung der Bundesregierung bewährt?
[…]

Auf die Antworten zu den Fragen kann man gespannt sein. Vielleicht zeichnet sich ein System innerhalb des Abmahnmissbrauchs ab. Diesem könnte man dann wirksam entgegentreten, indem die entsprechenden Regelungen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden und den tatsächlichen Verhältnissen und dem Schutzzweck besser angepasst werden.

Erfreulich ist ferner, dass die Erkenntnis, dass die zahllosen und zersplitterten Regelungen endlich einer Konzentration und Vereinheitlichung bedürfen, immer mehr Aufmerksamkeit findet.

Die Anfrage wurde am 21. April gestellt. Nach § 104 der Geschäftsordnung des Bundestages sollen diese innerhalb von 14 Tagen beantwortet werden.

Zur „Kleinen Anfrage” der SPD

, Telemedicus v. 30.04.2010, https://tlmd.in/a/1728

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