Medienwächter fürchten um ihre Unabhängigkeit
Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) steht offenbar vor tief greifenden Reformen. Wie die SZ (30.03.07) berichtete, sollen den bisher sechs weisungsfreien, unabhängigen Sachverständigen, sechs Direktoren der Landesmedienanstalten zur Seite gestellt werden. Der Vorsitzende des neu besetzten Gremiums soll aber stets ein Mitglied aus den Reihen der Sachverständigen sein. Bei einem Abstimmungs-Patt wäre seine Stimme entscheidend. Auf der anderen Seite soll dafür das Revisionsrecht der KDLM, der Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten, abgeschafft werden. Entscheidungen der KEK konnten bisher durch eine Dreiviertel-Mehrheit abgelehnt werden. Insgesamt sei eine organisatorische Angliederung der KEK an eine Landesmedienanstalt geplant. Auch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) sowie eine neue Kommission für weitere bundesweite Aufgaben sollen künftig stärker im Einflussbereich der Landesmedienanstalten stehen.
Die KEK wurde 1996/97 zur Sicherung der Meinungsvielfalt im deutschen Privatfernsehen geschaffen. Sie soll u.a. verhindern, dass ein Unternehmen durch „vorherrschende Meinungsmacht“ die Möglichkeit erlangt, die freie Meinungsbildung einzuschränken. Aus diesem Grund verhinderte die KEK beispielsweise im vergangenen Jahr die Fusion Springers mit Pro7/Sat1. Im Rahmen des Entscheidungsprozess kam es allerdings zu einem heftigen Streit mit der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), die sich für die Fusion aussprach. Die jetzt geplante Kompetenzbeschneidung wird von verschiedenen Beobachtern als Reaktion auf eben diese Auseinandersetzung gewertet.
Schon Anfang Mai will die Rundfunkkommission der Länder über eine Änderung im Rundfunkstaatsvertrag entscheiden, so der Chef der für Rundfunkfragen der Länder zuständigen Mainzer Staatskanzlei, Martin Stadelmaier laut ddp. Derzeit würden die staatsvertraglichen Formulierungen erarbeitet. Spekulationen über einen Zusammenhang zu dem gescheiterten Fusionsvorhaben der Axel Springer AG mit dem TV-Konzern ProSiebenSat.1 wies er zurück, durch die Reform sollen lediglich die Abläufe optimiert werden. Auch eine Auflösung der KEK-Geschäftsstelle in Potsdam sei derzeit nicht geplant. Vielmehr bestehe die Möglichkeit auf den bestehenden Strukturen aufzubauen.
Vorsitzender der KEK befürchtet Entwertung des Gremiums
In einem Interview mit der SZ (31.03.07) zeigt sich der Universitätsprofessor Dieter Dörr, seit 2004 Vorsitzender der KEK, sehr besorgt über das jetzige Reformvorhaben:
Aus unserer Sicht gibt es sehr gravierende Einwände gegen das Modell. Abstimmung und Begründung sind teils schon mit sechs oder acht Entscheidern sehr schwierig. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das in einem Zwölfer-Gremium machbar wäre. Selbst das Bundesverfassungsgericht entscheidet mit höchstens acht Richtern.
Neben den praktischen Bedenken zeigt er sich auch in rechtlicher Hinsicht skeptisch. Er habe große Zweifel, dass die Unabhängigkeit der Sachverständigen nach der Erweiterung gewahrt bleibt und sieht die Medienkonzentrationskontrolle in ihrer Substanz gefährdet: Schon während der Entscheidungsfindung zur geplanten Springer/Pro7-Fusion soll zugunsten von Standortinteressen versucht worden sein, Einfluss auf die KEK zu nehmen. Dörr spricht sich deshalb vehement gegen die geplante Reform aus und droht Konsequenzen an:
Unsere Beschlüsse müssen jedoch der gerichtlichen Überprüfung standhalten. Nach verfassungsgerichtlicher Rechtssprechung dürfen wir vorherrschende Meinungsmacht schlicht nicht zulassen, selbst wenn es Interessen gibt, die dafür sprächen […] Für uns sind die Refompläne nicht akzeptabel, und das wird uns alle vor die Frage stellen, ob wir an einem so veränderten Gremium mitwirken wollen – und ob unsere Berufung dafür überhaupt gilt.