Die Medien als Gegenstand der Juristerei
Zur täglichen Arbeit von Medienrechtlern gehört es, Vorgänge in Medien und Handlungen von Medien rechtlichen Kategorien zuzuweisen. Dabei kann es sich beispielsweise um äußerungsrechtliches Fehlverhalten handeln oder auch um Probleme aus dem Medienkonzentrationsrecht. Bei all diesen Fragen betrachtet der Jurist die Medien in aller Regel als Außenstehender und bewertete die Vorgänge meist ex post, um eine rechtliche Einordnung vorzunehmen.
Die Juristerei als Gegenstand der Medien
Häufig wird die mitunter gerichtliche Klärung von (medien)rechtlichen Problemen allerdings selbst zum Gegenstand der Berichterstattung, manchmal sogar zum medialen Großereignis. Die Vergangenheit bietet dafür zahlreiche Beispiele: Das jüngste PR-Desaster des Sportartikelherstellers JAKO oder auch die Abmahnung von netzpolitik.org durch die Deutsche Bahn AG. Doch auch die Berichterstattung über prominente Strafprozesse, bei denen sich die Angeklagten unprofessionell hinter Hüten, Zeitungen oder gar Aktenordnern verstecken, können als Beispiel dienen. Spätestens dann wird neben der juristischen Strategie auch der überlegte Umgang mit der Öffentlichkeit für die Betroffenen zu einem entscheidenden Faktor. In solchen Fällen tritt bei guter Beratung eine in Deutschland recht junge interdisziplinäre Dienstleistung in Erscheinung: Die Litigation-PR.
Was ist Litigation-PR?
Litigation-PR, also die verahrensbegleitende Öffentlichkeitsarbeit, soll Kommunikationsprozesse während juristischer Auseinandersetzungen steuern. Egal ob in Zivil- oder Strafverfahren, häufig ist es sinnvoll die Außenwahrnehmung der Beteiligten nicht dem medialen Zufall zu überlassen. Natürlich gilt dies nicht nur für medienrechtliche Verfahren und für Medienrechtler. Doch gerade letztgenannte sind oftmals im Umgang mit Medien eher sensibilisiert als andere Juristen. Sie wissen einfach mehr um das Geschäft und die Arbeitsweise der Medien.
Das Verhältnis von PR und Jurisprudenz
Grundsätzlich stehen die Methoden einer zeitgemäßen PR und einer traditionellen juristischen Prozessbegleitung eher in einem kontradiktorischen Verhältnis. Geht es dem Juristen in Auseinandersetzungen meist darum, im Zweifelsfalle lieber zu schweigen, als etwas Falsches zu sagen, so weiß der Kommunikationswissenschaftler, dass dieses Verhalten in aller Regel nur die (falschen) Spekultationen der Medien anheizen wird. Dazu schreibt der gelernte Jurist und Journalist Dr. Tobias Gostomzyk* vom Litigation-PR-Blog:
„Nicht umsonst wird das Selbstverständnis von Anwälten und PR-Profis gerne als „oil and water team“ bezeichnet. Eine vergleichbare Formulierung lautet: „Law is from Mars, public relations from Venus.“ Schließlich handelt es sich bei Rechts- und Kommunikationsberatung um zwei Welten.”
Allerding ist es auch im Sinne einer traditionellen juristischen Prozessbegleitung, eine vorteilhafte Außenwirkung zu erzielen. Allzu unüberlegte öffentliche Statements von Prozessanwälten können dabei die Sache jedoch auch schnell ins Gegenteil verkehren. Etwa dann, wenn zwar die Presse hinreichend mit Informationen versorgt wurde, danach jedoch der Vorwurf erhoben wird, damit unlauter auf die richterliche Entscheidungsfindung einzuwirken.
Anhand der unterschiedlichen Anforderungen und Arbeitsweisen der beiden Fachbereiche lässt sich auch ablesen, dass für eine gute PR in aller Regel Team Play erforderlich ist. Dies verlangt allerdings sowohl von Juristen als auch von Kommunikationsberatern oftmals große Mühen. Denn die jeweiligen strategischen Ansätze und Methoden müssen gegenseitig (an)erkannt und sinnvoll zusammengeführt werden.
Auch im Vorfeld von gerichtlichen Auseinandersetzungen ist PR wichtig
Die genannten Anwendungsszenarien für Litigation-PR zeigen daneben ebenso, dass – gerade in Zeiten des Web 2.0 – ebenfalls außergerichtliche Auseinandersetzungen zum PR-Desaster führen können. Bei entsprechender Kommunikationsbetreuung wäre beispielsweise der Imageschaden von JAKO oder der DB AG frühzeitig einzudämmen oder sogar gänzlich vermeidbar gewesen. Dies bedeutet nicht, dass die betroffenen Unternehmen in solchen Konstellationen ganz auf die Geltendmachung ihrer Rechte verzichten sollten. Vielmehr wäre aber eine sensiblere Verfahrensweise häufig zielführender. Dies gilt zum einen im Hinblick auf die Pflege des Unternehmensimages, zum anderen jedoch auch im Hinblick auf die konkrete Rechtsdurchsetzung.
Im Eskalationsfall kann es durch allzu forsches und in seiner Außenwirkung nicht überprüftes Verhalten zu einem Imageschaden kommen. Diesen versuchen die betroffenen Unternehmen dann nicht selten dadurch einzudämmen, dass sie auf die vormals erhobenen Forderungen größtenteils verzichten. Häufig steht also am Ende eines solchen Vorfalls eine Niederlage auf ganzer Linie: Forderung nicht durchgesetzt und Image angekratzt. Diese Gefahr ist erfahrungsgemäß bei Auseinandersetzungen um Veröffentlichungen im Internet besonders groß. Denn oftmals wird das Eigenleben und die Meinungsmacht der Blogosphäre unterschätzt und schließlich steht der vermeintliche Inhaber einer Forderung vor einem Scherbenhaufen. Durch eine frühzeitige und koordinierte Zusammenarbeit zwischen Rechtsabteilung und PR-Experten kann jedoch oftmals einem solchen Szenario vorgebeugt werden.
*) RA Dr. Tobias Gostomzyk ist ebenfalls freier Autor bei Telemedicus.