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Jahresrückblick 2008

Ein (nicht ganz ernst gemeinter) Kommentar von Thomas Mike Peters

Ein bewegtes Jahr 2008 geht zu Ende!

© knipseline / pixelio.de

Dieser Satz zählt wohl zu den Standardfloskeln eines jeden Jahresrückblicks. Doch aus medienrechtlicher Sicht war das Jahr 2008 ein in der Tat bewegtes Jahr: Der Gesetzgeber hat sich vor dem großen Wahljahr 2009 nochmal auf der legislativen Spielwiese ausgetobt. Die Gerichte wird es am Ende jedenfalls freuen: Jede Menge neue Normen anhand derer sie Recht sprechen dürfen! Naja und wenn es Verfassungsgerichte sind: Jede Menge neue Normen, die sie potentiell wieder verwerfen dürfen!


Januar

Bereits im ersten Monat des Jahres erfreute uns der Gesetzgeber mit dem lange angekündigten „Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung und Vorratsdatenspeicherung“. Einer der gesetzgeberischen Knüller 2008 überhaupt. Und auch wenn der deutsche Gesetzgeber in aller Bescheidenheit immer wieder auf die Vorgaben aus Brüssel verwies, so ist ihm doch ein bestechendes Werk gelungen. Doch irgendwie blieb die Fan-Gemeinde auf den Kreis des BMI weitestgehend beschränkt. Vielleicht lag es auch daran, dass erst Mitte des Jahres ein „Servicezentrum“ für die TK-Überwachung eingerichtet wurde. Hätte die Verwaltung diese Service-Offensive früher gestartet, vielleicht wären die vielen Kritiker und auch die Gerichte zu besänftigen gewesen. So jedenfalls machte das Bundesverfassungsgericht bereits im März dem Bundesinnenminister zunächst einen Strich durch die Rechnung und entschärfte die gelobte Waffe im Kampf gegen den Terrorismus empfindlich.

Februar

Schon im Februar hatten die Karlsruher Richter von sich reden gemacht. Denn es wurde seit langem mal wieder ein neues Grundrecht geboren. Als Jurastudenten hat es mich natürlich gefreut, ein solches Ereignis auch mal miterleben zu dürfen. Das Volkszählungsurteil hatte ich zuvor nicht ganz mitbekommen. Aber diesmal war ich live am Fernseher dabei. Dass das Kind bis heute keinen so wirklich verbindlichen Namen hat, soll an dieser Stelle nicht weiter stören. Es geht im Kern jedenfalls um die Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme. Und was soll das Ganze? Naja, es soll den Rahmen abstecken, in dem eine Onlinedurchsuchung von fremden Computersystemen zulässig ist. Das Problem sollte uns im Dezember erneut beschäftigen.

Aber es gab im Frühjahr auch Entscheidungen die auf ein harmonisches Jahr 2008 hoffen ließen. So entschied beispielsweise das LG München I in dubio pro Kobold, und Pumuckl durfte endlich eine Freundin haben…

März

Ob Pumuckls Freundin nun eine emanzipierte Koboldin ist, oder eher dem „Eva-Prinzip“ folgt, geht aus der Münchner Entscheidung leider nicht hervor. Letztere jedenfalls, also die Eva, war im März medial bereits arg gescholten. Umso mehr dürfte sie ihr Obsiegen vor dem LG Köln gegenüber der dpa gefreut haben. Nach vielen Rückschlägen endlich ein Lichtblick!

April

Ungefähr dasselbe dürfte sich der Gesetzgeber im April gedacht haben, als er endlich die novellierte Muster-Widerrufsbelehrung vorstellen konnte – die im Übrigen bis heute Bestand hat! Es war aber auch ein langer Weg bis dahin: Erst kam das böse LG Halle und machte das zuvor geltende Muster kaputt und dann konnte das BMJ über lange Zeit die beteiligten Kreise mit seinen Vorschlägen zur Neufassung nicht glücklich machen. Aber nun ist ja alles gut und die neue Muster-Widerufsbelehrung 2.0 ist da.

Mai

Und was machen unsere Freunde von der Web 2.0-Front? Im Mai geht es denen noch recht gut. Insbesondere bei StudiVZ boomt es noch und man versucht seinen Claim weiter abzustecken. Und was, wenn nicht das deutsche Markenrecht, ist dafür das geeignetste juristische Werkzeug. Zwei Zeichen, die die Welt verändern: VZ. Und wem gehör’n sie? Den Leuten von Holtzbrinck natürlich. Also verklagt man einfach mal andere, die die beiden Buchstaben auch im Namen führen und bekommt daraufhin fortlaufend sogar vor deutschen Gerichten Recht.

Juni

Unsere Freunde von der KommAustria erhielten im Juni ungewohnt große Aufmerksamkeit. Der Grund: Sie schickten sich an, unsere Energiezufuhr abzustellen. Genauer gesagt: Sie entzogen Thomas Hornauers TV-Sender Kanal Telemedial die Zulassung! (Ja liebe Freunde von ipnotiz wir sind Telemedicus, die sind Telemedial!) Ab da ging es dann bergab mit der Engelsenergie durch die Mattscheibe. Zuvor hatten sich auch schon deutsche Medienwächter über die „Abzocke“ empört.

Juli

Zugegeben, neu war die Masche von Hornauer nicht. Von jeher gab es Versuche den Menschen mit windigen Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen. Altes muss eben nicht zwangsläufig schlecht sein. Und das gilt im Übrigen auch für Software. Kein Wunder also, dass es inzwischen einen großen Markt für „Gebrauchtsoftware“ oder besser für deren Lizenzen gibt. Schade nur, dass die Rechtsprechung zumindest im Süden unseres Landes diesem Geschäftsmodel im Juli erneut mit durchaus zweifelhafter Begründung große Steine in den Weg gelegt hat.

August

Mit einer großen, aber am Ende doch ernüchternden Diskussion um die Lizenzpflicht für TV-Streams im Internet ging es dann in die Sommerpause, die den gesamten August über dauerte.

September

Anfang September war es dann aber auch recht schnell mit dem späten Sommerurlaub vorbei, auf uns wartete einmal mehr ein novelliertes Urheberrecht. „EnforcementRichtlinie“ hieß das Zauberwort, das die Änderungen im deutschen Recht notwendig gemacht hatte. Durch sie wurde das mitunter langweiligste Kapitel im Urheberrechtsgesetz endlich auch mal aufgepeppt: Die Auskunftsansprüche. (Im Übrigen sehr zur Freude von Autoren entsprechender Kommentarstellen, die nun in einem ganz neuen Glanz erstrahlen.) Und der Gesetzgeber erfreute insbesondere die Gerichte, denn die haben nun größte Freiheit dabei, festzustellen, wann eine Urheberrechtverletzung gewerbliches Ausmaß erreicht und wann nicht…

Oktober

Viele von uns haben den Oktober herbeigesehnt. Endlich hat die Schlammschlacht zwischen öffentlich-rechtlichem Rundfunk und (verarmender) Presse ein Ende, endlich wird er beschlossen, der Zwölfte Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge. Wer nun Sieger und wer nun Verlierer bei diesem neuen Vertragswerk ist, darüber lässt sich weiterhin vortrefflich streiten. Eines scheint nur sicher: Der 13. RÄStV kommt bestimmt!

Und noch etwas sehr sehr Wichtiges ist seit Herbst sicher: Die Telefonnummer ist grundsätzlich keine Pflichtangabe im Impressum, soweit sich das nach europäischem Recht beurteilt.

November

Von wesentlich größerem wirtschaftlichem Ausmaß könnte die Strafrechtsänderung vom November sein. Nun ist nämlich die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz von jugendpornografischen Schriften unter Strafe gestellt. Das könnte das faktische Aus für tausende Sexseiten im Netz bedeuten. Aber anscheinend zeigt das Bundesverfassunsgericht doch sein Herz für Lolitas Einsehen, ein jüngstes obiter dictum lässt jedenfalls Platz für Hoffnung.

Dezember

Und nun ist das Jahr auch schon fast zu Ende. Im Dezember holte uns die Onlinedurchsuchung aus dem Februar wieder ein. Es wurde lange und intensiv um das neue BKA-Gesetz gerungen. Am Ende aber hat es unser Bundespräsident dann doch noch rechtzeitig über die Weihnachtstage ausfertigen können. Mal sehen, wie lange es durchhält

Das gesamte Telemedicus-Team wünscht seinen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr!

, Telemedicus v. 31.12.2008, https://tlmd.in/a/1100

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