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Internetsperren – zwei gute Schläge und ein böser Schlag?

Von Holger Greve und Florian Schärdel

Bereits seit mehr als einem Jahr ist – angeführt von Frankreich – die Diskussion um Internetzugangssperren als Sanktion für Urheberrechtsverstöße in vollem Gange. Nachdem in Frankreich das Gesetzesvorhabens HADOPI durch den französischen Verfassungsrat (Conseil Constitutionnel) kurzzeitig gestoppt worden war, wurde eine geänderte Fassung letztlich doch verabschiedet und vom Verfassungsrat als verfassungsgemäß gebilligt.

Mittlerweile sind insbesondere in Neuseeland, Großbritannien und Spanien die Diskussionen um eigene Regelungen bereits weit fortgeschritten. In Deutschland stießen entsprechende Äußerungen von Kulturstaatsminister Bernd Neumann auf Kritik. Nicht zuletzt wurden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken insbesondere wegen unverhältnismäßiger Eingriffe u.a. in die Kommunikationsgrundrechte des Art. 5 GG und die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG laut.
Three-Strikes: Eine Neuauflage

In Deutschland schienen sich die Wogen bereits zu glätten, nachdem die CDU die Forderung nach einer Übernahme des französischen Modells aus ihrem Wahlprogramm gestrichen hatte und auch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP gesetzliche Initiativen für Internetsperren als Folgen von Urheberrechtsverstößen explizit ausschloss. Doch schneller als dies zu vermuten war, erleben die Three-Strikes-Gedanken eine Neuauflage.

Im Rahmen des vierten IT-Gipfels der Bundesregierung äußerte sich der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Hans-Joachim Otto (FDP), laut heise.de aufgeschlossen. Zwar lehnte er den „dritten Schlag“ (die Zugangssperre) ab, äußerte jedoch Sympathien für die „ersten beiden Schläge“.

Zwei Ermahnungen vom Provider

Nach Ottos „ganz persönlicher“ Ansicht sollten die Provider selbst ihre Kunden zwei Mal ermahnen und im Wiederholungsfalle eine Meldung an ein neu zu schaffendes Gremium weiterleiten. Auch wenn es sich bei Ottos Vorstoß offenbar nicht um einen abgestimmten Vorschlag handelt, ist die Bewegung bemerkenswert. Schließlich war Hans-Joachim Otto nicht nur von 1998-2005 medienpolitischer Sprecher der FDP, sondern auch in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien.

Neben den nationalen Initiativen wird zur Zeit vor allem auf der Ebene der Europäischen Union (Telekom-Paket, Telemedicus berichtete) aber auch im Rahmen der geheimen ACTA-Verhandlungen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement), die auf Schaffung eines multilateralen Handelsabkommen abzielen, die Implementierung des Three-Strikes-Modells vorangetrieben.

Michael Geist zu den Entwicklungen der Verhandlung.

Weitere Hintergründe bei IP Justice.

Greve/Schärdel, Zwischenruf – Internetsperren wegen Urheberrechtsverstößen, ZPR 2009, 54*.

* Vielen Dank an den Beck-Verlag für die Freigabe. Der Abruf ist nur als Link von Telemedicus möglich.

, Telemedicus v. 14.12.2009, https://tlmd.in/a/1604

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