Wie ein gigantisches Gedächtnis hält das Internet Informationen zum Abruf bereit – mit zwei entscheidenden Vorteilen: Im Gegensatz zum menschlichen Erinnerungsvermögen verfügt es über nahezu unbegrenzte Kapazitäten. Und es vergisst nicht. Genau das möchte der Harvard-Professor Viktor Mayer-Schönberger ändern. Er schlägt vor, gespeicherte Informationen mit einem Verfallsdatum zu versehen. Läuft dieses ab, so werden die Daten automatisch gelöscht.
Schluss mit dem Datenwust!
Dieser Vorschlag soll die rapide anschwellende Informationsflut im Internet stoppen. Experten sprechen schon von einer „Datenexplosion“ und warnen vor einem Mangel an Speicherplätzen. Dies kann man nicht nur auf einen Anstieg an Webseiten zurückführen; gespeichert wird nahezu alles: auch bloße Anfragen an Suchmaschinen sowie Metadaten, also Informationen über Zeit und Ort der Speicherung. Anbieter von Archiven, die auch ältere Zustände von Internetseiten konservieren, sorgen dafür, dass wirklich nichts vergessen wird.
Wenn Partybilder zum Verhängnis werden…
Mayer-Schönberger kritisiert diesen Zustand: Kein Mensch kann überschauen, was von ihm gespeichert und somit anderen zugänglich ist. Dies stelle eine große Gefahr für die persönliche Entfaltungsfreiheit dar. Im schlimmsten Fall muss man damit rechnen, dass zum Beispiel ein potentieller Arbeitgeber auf alte Partybilder oder Beiträge auf Foren stößt – unter Umständen solche, die nicht den besten Eindruck machen.
Selbst hat man solche „Jugendsünden“ vielleicht schon längst verdrängt; das Internet vergisst nichts. Zeit spielt hier keine Rolle – alte und neue Informationen werden vollkommen gleichberechtigt gespeichert. Weil dies aber nicht ihrer Relevanz in der Wirklichkeit entspricht, bedarf es nach Mayer-Schönberger der Korrektur über ein Verfallsdatum. Das Wissen um ein solches soll der Gewährleistung der Meinungsfreiheit dienen: Nur wer keine Furcht vor unliebsamen Konsequenzen noch in fernster Zukunft haben muss, wird seine Ansichten auch im Internet frei äußern.