Eine lesenswerte Zusammenfassung der bisherigen rechtlichen Auseinandersetzungen um Bewertungsportale im Internet findet sich in der MMR 10/2008, S. 644 ff. Holger Greve und Florian Schärdel setzen sich dabei nicht nur mit den verschiedenen Auseinandersetzungen um „Meinprof“ und „Spickmich“ auseinander, sondern beziehen auch Stellung. Dabei kommen Punkte zu Sprache, die (auch auf Telemedicus) schon diskutiert wurden, andere Aspekte werden aber erst aufgeworfen oder neu beleuchtet.
Vor allem im Datenschutzrecht wählen Greve/Schärdel einige neue Ansätze. Die Frage, ob Werturteile personenbezogene Daten darstellen, wird ohne viel Diskussion mit der h.M. positiv entschieden. Anders als die bisherigen Urteile zu Spickmich ordnen Greve/Schärdel Bewertungsportale im Internet allerdings nicht unter § 28 BDSG ein (Datenverarbeitung für eigene Zwecke), sondern unter § 29 BSDG (Datenverarbeitung zur Übermittlung). Das wirkt, zumindest auf den ersten Blick, gut vertretbar: Immerhin liegt auch im Download einer Internetseite eine „Übermittlung“, und eine werbefinanzierte Webseite wird nach h.M. auch „geschäftsmäßig“ betrieben.
Allerdings gilt § 29 BDSG nach telos und Entstehungsgeschichte vor allem für den gewerblichen Datenhandel. Gemeint sind Adresshändler oder Warndienste wie die Schufa (Gola/Schumerus, BDSG, § 29 Rn. 6 ff.). Webseiten, die personenbezogene Daten nur publizieren, dürften wohl eher unter § 28 BDSG fallen, wie das die bisherige Rechtsprechung auch annimmt.
Dies wäre auch vor dem Hintergrund konsequent, als dass Greve/Schärdel auf die Bewertungsportale später das Medienprivileg des § 41 BDSG, bzw. die medienspezifischen Datenschutzregelungen des § 57 RStV anwenden wollen. Denn dass die publizierten Daten für die Medien „eigene“ sind, dürfte wohl unstrittig sein. Die Auseinandersetzung mit der (bisher weitgehend ungeklärten) Frage, ob Web2.0-Portale eine „journalistisch-redaktionelle Gestaltung“ aufweisen, ist sehr lesenswert.
Ebenfalls Gegenstand der Diskussion (und Kritik) auf Telemedicus war die Frage, ob im Rahmen der Abwägung nicht auch objektiv-rechtliche Wertungen berücksichtigt werden müssen, so insbesondere der in Art. 7 GG gewährleistete Schulfrieden. Hier beziehen Greve/Schärdel Stellung mit der Aussage, es sei „angemessen, den Schutzgehalt von Art. 7 Abs. 1 GG in die konkrete Abwägung miteinzubeziehen.“ Für den universitären Bereich lassen sie die Frage allerdings offen.
Im Ergebnis beziehen Greve/Schärdel einige deutliche Positionen. So sind sie der Auffassung, dass die Portale nur berufliche Eigenschaften zum Gegenstand der Bewertung machen dürfen (nur diese unterfielen der Sozialsphäre). Eine genaue Überprüfung der Identität der angemeldeten Benutzer der Portale lehnen sie ab (und setzen sich damit in Widerspruch zum Berliner Datenschutzbeuftragten, der dies noch gefordert hatte), sie fordern aber eine Kontrollpflicht der Portalbetreiber in Bezug auf strafbare Äußerungen in den Kommentarfeldern.
Auch wenn der Aufsatz nicht der Weisheit letzter Schluss ist, er ist in jedem Fall lesenswert. Mit einiger Sicherheit werden sich die Argumente daraus auch in den zukünftigen Entscheidungen um Spickmich&Co wiederfinden.
Der Aufsatz ist online nicht frei verfügbar. Fundstelle: Greve/Schärdel, MMR 10/2008, S. 644 ff.
Urteile zum Thema „Bewertungsportale“ in der Telemedicus Urteilsdatenbank.