Journalisten dürfen nicht durch Beugehaft zur Preisgabe ihrer Informanten gezwungen werden. Dies bestätigte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Donnerstag.
Ein niederländischer Journalist hatte zwei Artikel über einen Fall von Waffenhandel in Amsterdam geschrieben. In diesen hatte er die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Polizei angezweifelt und sich dabei auf eine anonyme interne Quelle berufen. Im anschließenden Prozess um die mutmaßlichen Waffenhändler wollte der Journalist seine Quelle jedoch nicht preisgeben. Er rechtfertigte seine Weigerung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung, wie es auch von der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährt wird:
Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.
Obwohl das Gericht den journalistischen Informantenschutz grundsätzlich anerkannte, ordnete es Beugehaft an. Es sah höherrangige Interessen berührt: Die Aussage des Informanten sei wichtig um den Angeklagten einen fairen Prozess garantieren zu können.
Der EGMR sah dies jedoch anders. Die Aussage des Informanten habe ohne weiteres durch andere Zeugenaussagen ersetzt werden können. Auch das Argument, die Integrität der Polizeibehörde wäre durch den Informanten gefährdet, ließ das Gericht nicht gelten. Unzulässige Vorgehensweisen von Behörden seien genau das, worüber die Öffentlichkeit ein Recht hätte, informiert zu werden. Ohne einen umfassenden Quellenschutz würden potentielle Informanten jedoch abgeschreckt und sich gar nicht erst an die Presse wenden. Die Inhaftierung des Journalisten verstoße daher letztlich gegen Artikel 10 I der Menschenrechtskonvention, so der EGMR.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2004 festgehalten, dass Entscheidungen des EGMR zwar keine rechtsbrechende Wirkung entfalten, sie jedoch von allen staatlichen Organen im Rahmen der Gesetzesauslegung zu beachten sind. Durch das Urteil wird daher auch der Quellenschutz in Deutschland gestärkt.
Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.