Mit der Einführung des neuen Schengener Informationssystems (SIS II) ist wohl nicht vor Mitte des Jahres 2009 zu rechnen. Bisher war ein Start im Dezember 2008 geplant. Grund für die Verzögerung seien Probleme bei Testläufen. Dies ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Bei SIS II handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Datenaustauschprogramms, das in Zusammenhang mit dem Übereinkommen von Schengen entwickelt wurde. Hier werden Informationen der Polizeibehörden der Mitgliedstaaten miteinander vernetzt. Das System soll trotz des Abbaus der Grenzkontrollen im europäischen Schengen-Gebiet Sicherheit gewährleisten.
SIS II: Erweiterung um biometrische Daten
Der Zugriff auf die Daten ermöglicht den einzelnen nationalen Behörden eine engere Zusammenarbeit bei der Sicherung der Grenzen und bei der grenzüberschreitenden Strafverfolgung. So sind etwa Namen und Merkmale von gesuchten Straftätern und illegalen Einwanderern sowie gestohlene Kraftfahrzeuge, Banknoten und Ausweispapiere gespeichert. Anlass für die Ausweitung des Systems zu SIS II war der Beitritt von neun europäischen Staaten zum grenzfreien Schengen-Gebiet Ende letzten Jahres. Als sich bei der Entwicklung Verzögerungen ankündigten, wurde zunächst an der Zwischenlösung SIS-one-4-all gearbeitet. So konnte der Termin für den Beitritt der neuen EU-Mitgliedstaaten eingehalten werden, die sich diesem System angeschlossen haben. SIS II wird mehr Daten als seine Vorgänger enthalten. In der Diskussion sind v.a. biometrische Daten wie Fingerabdrücke und Lichtbilder, die auch in den neuen EU-Reisepässen gespeichert sind.
Europäisches Data-Mining?
Dieses Vorhaben wird von Datenschützern stark kritisiert: bereits die zentrale Speicherung solcher Datenmassen an sich wird als Bedrohung empfunden. Das Missbrauchsrisiko sei enorm. Hinzu kommt der momentane Aufbau des Visa-Informationssystems VIS. Immer mehr Daten werden gespeichert – häufig ertönt der Vorwurf eines „europäischen Data-Minings“. Die Diskussionen darüber, ob auch die Geheimdienste Zugriff auf die Informationen haben sollen, verschärft die Kritik noch. Schließlich werde ein solcher das Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten verletzen. Das sieht die Bundesregierung jedoch anders:
Weder der „Vorschlag der Kommission vom 24. November 2005 für einen Beschluss des Rates über den Zugang der für die innere Sicherheit zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Prävention, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten“ noch das Trennungsgebot stehen dem Zugang deutscher Nachrichtendienste zum VIS entgegen.
Zu den Antworten der Bundesregierung (pdf).
Kritischer Bericht über SIS II bei statewatch.org (pdf/englisch).