Die Betreiber der Webseite akademie.de haben die VG WORT Mitte Oktober wegen ihres Zählpixels abgemahnt. Sie wenden sich gegen „Datenverstöße im Rahmen der Ermittlung von Abrufzahlen von Textbeiträgen”. Bis Ende des Jahres hat die VG WORT nun Zeit, auf die Abmahnung zu reagieren.
Die VG WORT ist eine Verwertungsgesellschaft. Was das ist, erklärt das „Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz)”: eine juristische Person oder eine Personengemeinschaft, die – kurz gesagt – fremde Urheberrechte von vielen Urhebern im eigenen Namen geltend macht, § 1 Abs. 1, Abs. 3 UrhWahrnG. Davon gibt es viele verschiedene, beispielsweise in den Bereichen Buch, Musik oder Film. Zur Erinnerung: Die Verleger planen derzeit, zur Wahrnehmung des Presse-Leistungsschutzrechts, eine weitere einzurichten.
Die VG WORT ist nach eigener Aussage ein Verein, in dem sich „Autoren und Verlage zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen haben”. Für handfeste Bücher mag das noch einigermaßen überschaubar sein, aber was ist mit Texten im Internet? Die VG WORT hat sich eine denkbar einfache Methode ausgedacht: Auf jedem Text kann man eine Zählmarke eingebauen. Diese zählt die Zugriffe. Unter bestimmten Voraussetzungen kann dann eine Auszahlung erfolgen. Diese Zählmarke ist auch als Zählpixel bekannt – technisch gesehen eine Tracking-Methode. Genau dagegen wendet sich nun akademie.de.
In der Abmahnung machen die Betreiber geltend, ein Cookie speichere Linkinformation über den gerade gelesenen Text und auch die volle IP-Adresse der Nutzer. Der Cookie würde dann offen durch das Netz an den VG-Wort-Zählserver geschickt. Hierbei stellen sich allerdings Probleme: Ein solcher Vorgang müsste über die Erlaubnistatbestände der §§ 11, 15 TMG gerechtfertigt sein. Zudem müsse man Nutzern ein Widerspruchsrecht eingeräumen. Die Webseite, die den Zählpixel einsetze, könne das aber gar nicht leisten. Die VG WORT müsse dafür sorgen. Derzeit sei der Ablauf jedenfalls datenschutzrechtswidrig.
Genau das hat den Betreibern von akademie.de nun auch der berliner Datenschutzbeauftragte in einem Gutachten bestätigt. akademie.de will nun mit der Abmahnung auf Maßnahmen hinwirken, die zu einer rechtskonforme Ausgestaltung der „Zählpixel-Methode“ führen. Pikant: akademie.de hat bis auf weiteres den Zählpixel entfernt. Das bedeutet: Die dort tätigen Autoren bekommen bis auf weiteres kein Geld mehr. Man wolle das Recht der Leser und zahlenden Mitglieder auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzen müssen, damit die Autoren von der VG Wort Geld erhielten.
Jetzt ist die VG WORT am Zug. Diese sitzt gleich aus mehreren Gründen in der Zwickmühle. Sie muss sich eine technische Möglichkeit ausdenken, um datenschutzkonform Gelder auszuschütten – zumindest eine, die der derzeitigen Rechtslage entspricht. Hier ahnt man erneut, dass die derzeitigen Regeln mit der WWW-Wirklichkeit nur noch wenig gemeinsam haben. Zudem könnten andere Verwender des Zählpixels unsicher werden und auf eine schnelle Lösung drängen.
Auch die Autoren, denen unter Umständen Tantiemen entgehen, könnten einen schiefen Blick auf die VG WORT werfen. Denn akademie.de hat sie geschickt in die (fragliche) Position der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit manövriert. Zu guter Letzt: Datenschutzrechtswidrige Webseiteninhalte können abgemahnt werden. Das hat das OLG Hamburg zuletzt für eine fehlerhafte Datenschutzerklärung entschieden. Auch Webseitenbetreiber, die den Zählpixel weiter betreiben, sind damit zumindest potentiell abmahngefährdet.
Auf carta.info dazu Sebastian Dramburg, dem das Abmahnschreiben vorliegt.
Die Pressemitteilung von akademie.de.
Ausführlich zum „Tracking” auf Telemedicus.
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