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E-Plus: Warum eine Flatrate keine Flatrate ist

Quelle: base.de

„Egal, wie viele Stunden. Ganz gleich wie viel Volumen.“ Damit wirbt der Mobilfunkanbieter E-Plus für seine Internet-Flatrate im Tarif „Base“. Wörtlich sollte man diese Werbung jedoch nicht nehmen. Denn nach Informationen von Heise Online hat E-Plus in den vergangenen Tagen offenbar einigen Kunden der Internet-Flatrate gekündigt. Begründung: Die Nutzer hätten es mit der Nutzung übertrieben – wer den Anschluss „fast ausschließlich zum Aufbau und Halten von Dauerverbindungen“ genutzt habe, störe den Mobilfunkbetrieb von E-Plus. Und verstoße damit gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Wörtlich heißt es in einem Schreiben, das ein Betroffener ins Internet gestellt hat:

„Nach den uns vorliegenden Informationen wird der für Sie bestehende BASE Mobilfunkanschluss fast ausschließlich zum Aufbau und Halten von Dauerverbindungen über mehrere Tage und zu permanenten Datenübertragungen verwendet. Dies entspricht nicht dem typischen und üblichen Verhalten bei mobilen Datenübertragungen. Es besteht der dringende Verdacht, dass sie unsere Mobilfunkleistungen nicht auf der mit uns vereinbarten Grundlage nutzen und damit gegen unsere AGB verstoßen.“

Wieviele Kunden derzeit betroffen sind, ist noch nicht bekannt. Wie in verschiedenen Internet-Foren berichtet wird, sind vor allem Nutzer betroffen, die ihren mobilen Internet-Anschluss als DSL-Ersatz verwenden. Konkret geht es dabei (nach eigenen Angaben der Betroffenen) um ein Transfervolumen zwischen 6 und 20 Gigabyte pro Monat – in Zeiten von Podcasts, Youtube und Napster eigentlich keine überraschenden Werte bei einer „Flatrate“.

Störung des UMTS-Mobilfunknetzes?

Warum genau die Nutzer damit gegen die AGB verstoßen haben sollen, ist derzeit noch unklar. Zwar verpflichten sich Kunden nach Ziffer 8.11 der Mobilfunk-AGB von E-Plus dazu, die Leistungen nicht missbräuchlich zu nutzen. Doch weder in den darauf folgenden Regelbeispielen, noch in den gesonderten AGB zur Internet-Flatrate ist ein Hinweis auf eine Beschränkung des Datenvolumens oder der Verbindungszeit ersichtlich. Lediglich Voice-over-IP und Filesharing-Anwendungen sind laut AGB verboten. Und es ist kaum vorstellbar, dass die Nutzung einer Flatrate selbst mit 20 Gigabyte Traffic pro Monat oder eine dauerhafte Internet-Verbindung tatsächlich eine „Störung des UMTS-Mobilfunknetzes und seine logischer Struktur“ darstellen, wie es in den AGB heißt.

„Fair use?“

Und auch der Hinweis auf ein „typisches und übliches Verhalten“ der Datennutzung ist fragwürdig. So hat das LG Düsseldorf (Urteil vom 28.03.2007, Az. 12 O 265/06) im vergangenen Jahr eine sog. „Fair Use“-Klausel eines Telefonproviders für unwirksam erklärt. „Fair use“-Klauseln sollen in Providerverträgen die exzessive und missbräuchliche Nutzung von Flatrares begrenzen. In dem konkreten Fall wurde die „Flatrate“ auf ein „verkehrs- und marktübliches Maß“ der Nutzung beschränkt. Diese Formulierung reiche jedoch nicht aus, so die Düsseldorfer Richter: Dem Kunden sei nicht klar, unter welchen Voraussetzungen er die Leistungen noch verkehrs- und marktüblich nutzen könne.

Generell gelten für „Fair use“-Vereinbarungen recht strenge Regeln. Denn eine solche Klausel muss nicht nur transparent sein, es darf sich auch nicht um eine „überraschende“ Klausel handeln. Muss also ein Kunde damit rechnen, dass sein Vertrag gekündigt wird, wenn er eine „Flatrate“ ausgiebig nutzt? In Zeiten von DSL und Kabel-Anschlüssen ist es durchaus üblich, dass ein Internet-Anschluss nicht regelmäßig getrennt werden muss. Wer erinnert sich schon noch an Zeiten, als man nach jeder E-Mail schnell die ISDN-Verbindung kappen musste, um die Telefonrechnung zu schonen? Bei vielen Anbietern ist das Trennen der Internet-Verbindung sogar überhaupt nicht mehr möglich. Wer rechnet schon damit, bei einer Dauerverbindung seinen Vertrag zu riskieren? Und dass mit Angeboten wie iTunes oder Maxdome das Datenvolumen schnell mal auf einige Gigabyte im Monat ansteigen kann, dürfte doch mittlerweile auch niemanden mehr schocken. Und spätestens wenn dann noch die Werbeaussage im krassen Gegensatz zu der Klausel steht, dürfte schon von einer „überraschenden“ Klausel auszugehen sein.

Zur Klarstellung: E-Plus beruft sich anscheinend nicht einmal explizit auf eine solche „Fair use“-Klausel, sondern sieht, soweit ersichtlich, in der Nutzung der betroffenen Kunden schon eine Verletzung des generellen Missbrauchsverbots.

Kündigung aus wichtigem Grund?

Hinzu kommt, dass eine Kündigung „aus wichtigem Grund“, auf die sich E-Plus beruft, wegen eines Verstoßes gegen die AGB wohl nur nach einer Abmahnung erfolgen darf (§ 314 Abs. 2 BGB). Eine Abmahnung ist in diesem Fall nicht das selbe, wie eine Abmahnung, die etwa wegen einer Urheberrechtsverletzung verschickt wird. Es kommt vielmehr darauf an, dass der anderen Seite Gelegenheit gegeben werden soll, die Vertragsverletzung abzustellen. Anscheinend hat E-Plus seinen Kunden genau diese Gelegenheit aber nicht gegeben.

Insgesamt spricht also – nach aktuellem Kenntnisstand – eine ganze Menge dagegen, dass diese Kündigungen von E-Plus rechtmäßig sind. Ob E-Plus an den Kündigungen festhält, bleibt abzuwarten. Im Moment sieht allerdings alles nach einer gründlich vermasselten Schnellschuss-Aktion aus.

(via)

Nachtrag:

Mittlerweile liegt auch eine Stellungnahme der Verbraucherzentrale Berlin vor.

  • Adrian Schneider

    Adrian Schneider ist Mitbegründer, Vorstand und Hausnerd von Telemedicus sowie Rechtsanwalt bei Osborne Clarke in Köln.

, Telemedicus v. 07.04.2008, https://tlmd.in/a/738

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