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Die Haftung für eingebundene Youtube-Videos

Abmahnwellenalarm in der Blogosphäre! Nachdem in letzter Zeit vor allem Abmahnungen wegen Fotos auf Blogs die Runde machten, hat nun das Plattenlabel Universal mehrere Blogger wegen eingebundener Videos abgemahnt.

Nach der ersten Aufregung hat sich die Lage relativ schnell wieder beruhigt. Die Abmahnschreiben forderten keinen Ersatz der Anwaltskosten und Universal hat sich mittlerweile für die Vorgehensweise entschuldigt. Und doch stellt sich natürlich die Frage: Wie ist das eigentlich mit Youtube-Videos? Darf man Videos von Youtube oder Vimeo einbinden ohne eine Abmahnung zu riskieren? Wie ist die Rechtslage?

Das Einbinden von Videos

Um es gleich vorweg zu sagen: Die Rechtslage ist nicht völlig klar. Gerichtsentscheidungen sind spärlich gesäht und das Gesetz sagt nicht direkt etwas dazu, wie man mit modernen Techniken wie dem Einbinden externer Resourcen umgehen soll. Deshalb ist Argumentation angesagt.

Die Ausgangslage: Videos bei Youtube lassen sich nicht nur auf der Webseite von Youtube ansehen, sondern können auch in die eigene Webseite übernommen werden. Dabei wird ein kurzer HTML-Code (meist ein iframe) in die Webseite eingefügt, der das Video verlinkt. Das heißt, dass das Video zwar aussieht, als wäre es Teil der Webseite, tatsächlich wird es aber nach wie vor von Youtube geladen. Technisch wird das Video also nicht in eine andere Webseite kopiert, sondern nur auf eine besondere Weise verlinkt. Bei anderen Videplattformen wie Vimeo funktioniert das Prinzip genauso.

Das Endprodukt sieht dann zum Beispiel so aus:

YouTube

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(cc by-nc-sa) Creative Commons u.a.

Nutzungshandlungen im Urheberrecht

Das Urheberrecht wird von dieser Technik vor ein Problem gestellt. Denn es kennt nur eine begrenzte Zahl von sogenannten Nutzungshandlungen, um festzulegen, was genau eigentlich vom Urheberrecht geschützt ist.

Die Vervielfältigung (§ 16 UrhG) wäre ein Beispiel. Gemeint ist damit das Kopieren eines Werkes. Am Ende entstehen – wie der Name „Vervielfältigung” schon sagt – mehrere Kopien eines Werkes. Beim Einbinden von Youtube-Videos ist das aber nicht der Fall: Das Video ist ja nach wie vor bei Youtube gespeichert. Eine Vervielfältigung findet frühestens dann statt, wenn der Nutzer sich das Video anschaut. Diese flüchtigen Kopien sind aber eine andere Baustelle und spielen für die Haftung beim Einbinden der Videos keine Rolle.

Neben der Vervielfältigung kennt das Urheberrecht aber auch weitere Nutzungshandlungen. Hier interessant ist vor allem die „öffentliche Zugänglichmachung” (§ 19a UrhG). Damit ist gemeint, dass ein Werk im Netz angeboten wird. Es kommt also nicht darauf an, ob das Werk kopiert wird, sondern allein das Anbieten als Download oder Stream reicht aus, um es „öffentlich zugänglich” zu machen.

Wer macht hier eigentlich was?

Auf den ersten Blick sieht also alles relativ klar aus: Das Anbieten von Videos im Netz ist eine „öffentliche Zugänglichmachung”. Die entscheidende Frage, die sich beim Einbinden von Videos stellt, ist aber: Wer macht hier eigentlich öffentlich zugänglich? Youtube, Vimeo & Co oder derjenige, der das Video einbindet? Denn ein iFrame ist ja letztlich nichts anderes als ein Link. Das Video wird von den Servern der Videoplattform geladen. Klickt der Nutzer auf „Play”, tut er das technisch gesehen bei Youtube, nicht auf der Webseite, in die das Video eingebunden ist.

Nun gibt es für beide Ansichten gute Argumente. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat etwa im November 2011 entschieden (Az. I-20 U 42/11), dass es auf den rein technischen Vorgang nicht ankommt. Wer fremde Inhalte einbindet, will Besucher auf seine Webseite locken. Die Inhalte sollen gerade bei ihm erscheinen und nicht woanders, zum Beispiel bei Youtube. Insofern ist das Einbinden von Inhalten nicht vergleichbar mit einem herkömmlichen Link, der Besucher gerade weg von der Webseite hin zu einer anderen Quelle leiten soll.

Ähnlich hat es auch das Landgericht Hamburg in diesem Jahr entschieden (Az. 324 O 596/11, Urteilsbesprechung bei Telemedicus). Dort ging es allerdings nicht um die urheberrechtliche Komponente, sondern um die Frage, ob man auch für die Inhalte der Videos haftet – zum Beispiel falsche Tatsachenbehauptungen.

Auf der anderen Seite kann man natürlich die technischen Hintergründe auch nicht vollständig ignorieren. Als Webseitenbetreiber verbreite gerade nicht ich die Inhalte, sondern Youtube. Insofern ist es auch überhaupt nicht sinnvoll, jeden Betreiber einer Webseite für eingebundene Videos haften zu lassen. Wer gegen die Verbreitung eines Videos vorgehen will, kann sich problemlos an Youtube wenden und das Video verschwindet aus dem Netz. Das zeigt schon, dass derjenige, der ein Video einbindet, gar keinen Einfluss darauf hat, das Video vom Netz zu nehmen. Man kann allenfalls einen Link löschen. Womit die eigentliche Urheberrechtsverletzung ja nicht aus der Welt ist.

Und doch: Eindeutig ist die Rechtslage bei Weitem nicht.

Die berühmte Störerhaftung

Hinzu kommt noch ein weiteres Problem: Die Störerhaftung. Fast jeder Blogger dürfte davon schon gehört haben. Die Störerhaftung gilt nämlich nicht nur im Urheberrecht, sondern in fast allen Rechtsgebieten. Sie erfasst alle Fälle, wo man nicht selbst eine Rechtsverletzung begeht, sondern sie nur fördert. Der Jurist sagt: Störer ist, wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, adäquat-kausal und willentlich zu einer Rechtsverletzung beiträgt.

Wenn man ein Video also nicht selbst öffentlich zugänglich macht, kann man trotzdem zumindest auf Unterlassung haften, indem man die Rechtsverletzung, die eigentlich bei Youtube stattfindet, unterstützt. Voraussetzung ist allerdings, dass man „zumutbare Prüfungspflichten” verletzt hat oder auf die Rechtsverletzung hingewiesen wurde.

Bedeutet: Wer ein Video in seine Webseite einbindet, muss sich davon überzeugen, dass er das auch darf. Das kann in einigen Fällen schon problematisch sein. Wenn zum Beispiel eine komplette Episode der Simpsons bei Youtube zu finden ist, hochgeladen vom Nutzer „Mediapirate1986“, womöglich noch spiegelverkehrt, um Youtubes Filter zu verwirren, dann wird man davon ausgehen müssen, dass es da nicht mit rechten Dingen zugeht. Lädt dagegen ein offizieller Youtube Channel ein Video hoch, wird es legitim sein, davon auszugehen, dass man dieses Video auch einbinden darf.

Doch auch hier ist die Rechtslage noch ungeklärt. Zur Störerhaftung wegen Urheberrechtsverletzung bei der Einbindung von Videos ist mir derzeit keine Gerichtsentscheidung bekannt. Klar ist wohl nur: Wird man darauf hingewiesen, dass man ein rechtswidriges Video eingebunden hat, muss man reagieren. Das ist ein eiserner Grundsatz bei der Störerhaftung, der mit Sicherheit auch bei Blogs und eingebundenen Videos gilt. Ansonsten muss man sagen: Ist man sich bei einem Video nicht ganz sicher, ob urheberrechtlich alles koscher ist, sollte man lieber die Finger davon lassen und es nicht in sein Blog übernehmen.

Die Haftung für embedded Videos bei Socialmediarecht.
Artikel zur Haftung für eingebundene Videos bei rechtzweinull.de.

, Telemedicus v. 20.10.2012, https://tlmd.in/a/2453

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