Die Buttonlösung kommt nun aus Europa
Die Buttonlösung im deutschen Alleingang war vor einiger Zeit schon einmal Thema bei Telemedicus. Nun gibt es Neuigkeiten von europäischer Seite. Die Verabschiedung einer neuen Verbraucherrechte-Richtlinie innerhalb der nächsten Wochen scheint nur noch Formsache zu sein. Sollte die Richtlinie wie erwartet in Kraft treten, wird die Button-Lösung wohl mit Sicherheit kommen.
Der deutsche Gesetzesentwurf
In Deutschland war die Buttonlösung bereits Gegenstand eines Referentenentwurfs. Der wesentliche Kritikpunkt an dieser Variante der Buttonlösung ist, dass nach der Regelung im Referentenentwurf ein Verstoß automatisch zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Das hilft dem Verbraucher aber nur, wenn er die Nichtigkeit kennt. Auch bisher sind die ins Auge gefassten Abo-Fallen-Verträge schon anfechtbar, soweit sie überhaupt wirksam geschlossen wurden. Zusätzlich gibt es häufig die Möglichkeit zum Widerruf oder zum Rücktritt. Der Verbraucher hat üblicherweise keine Schwierigkeiten, sich durch eine einfache Erklärung vom Vertrag zu lösen.
Die automatische Nichtigkeit führt nun lediglich dazu, dass der Unternehmer sich gegenüber dem Verbraucher auf die Nichtigkeit berufen kann. Es kann Fälle geben, in denen der Verbraucher an dem einem Vertrag, der ohne „Button“ geschlossen wurde, ein Interesse hat: Etwa weil ein wertloses Produkt durch eine Veränderung der Rahmenbedingungen doch einen Wert erhält, der die Gegenleistung sogar übersteigen kann. Mit der automatische Nichtigkeit schützt man den Verbraucher also inkonsequenterweise weniger, als wenn man ihm ein Gestaltungs- oder Wahlrecht zugesteht.
Die Richtlinie lässt dem Verbraucher die Wahl
Die Richtlinie korrigiert diese Ungenauigkeit. In Art. 9 Nr. 1 des Entwurfs der Verbraucherrechte-Richtlinie regelt sie eine ganze Reihe von Informationspflichten, die bei Fernabsatz- und Haustürgeschäften eingehalten werden müssen.
Before the consumer is bound by any distance or off-premises contract or any corresponding offer, the trader shall provide the consumer with the
following information in a clear and comprehensible manner:
(a) the main characteristics of the goods or services, to the extent appropriate to the medium and to the goods or services; (…)
(ca) the total price inclusive of taxes, (…)
(fb) the duration of the contract (…)
(fc) the minimum duration of the consumer’s obligations under the contract (…)
Diese Informationspflichten müssen bei Vertragsschlüssen im Internet unmittelbar vor Vertragsabschluss angezeigt werden, Art. 11 Abs. 1 Nr. 1a:
If a distance contracts to be concluded by electronic means places the consumer under an obligation to make a payment, the trader shall make the consumer aware in a clear and prominent manner, and directly before the consumer places his order, of the information provided for in points (a), (ca), (fb) and (fc) of Article 9(1).
Die Rechtsfolgen für den Fall, dass die obigen Vorschriften nicht beachtet wurden, sind ebenfalls in Nr. 1a des Vertrags beschrieben. Darin heißt es, dass der Verbraucher nur an den Vertrag gebunden ist, wenn die Informationspflichten beachtet wurden:
The trader shall ensure that the consumer, when placing his order, explicitly confirms that the order implies an obligation to pay. If placing an order entails activating a button or a similar function, the button or similar function shall be labelled in an easily legible manner only with the words „order with duty of payment“ or a corresponding unambiguous formulation indicating that placing the order entails an obligation to make a payment to the trader. If this subparagraph is not complied with, the consumer shall not be bound by the contract or order.
Diese Formulierung setzt einen bestehenden Vertrag voraus. Ähnlich wie § 241a BGB ließe sich dies sogar so weit interpretieren, dass der Unternehmer die Leistung erbringen muss, durch die umgekehrt fehlende Bindungswirkung aber keine Gegenleistung verlangen kann. Zahlungen des Verbrauchers könnten auch nach erfolgter Vertragsleistung als rechtsgrundlos vom Unternehmer herausverlangt werden.
Wenn man in der Auslegung nicht so weit gehen will, wird man immerhin ein Wahlrecht des Verbrauchers annehmen müssen, ob er sich an den Vertrag binden will. Beachtet man den Schutzzweck der Norm, kann eine solche Bindung nur durch ausdrückliche Erklärung des Verbrauchers nach Vertragsschluss erfolgen. Eine Vereinbarung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ist damit ausgeschlossen. Äußert sich der Verbraucher nicht, wäre nach diesem Ansatz der Vertrag schwebend unwirksam. Leistungen des Unternehmers könnte dieser aber aus Bereicherungsrecht herausverlangen, da der Rechtsgrund fehlt.
Den Markt bei der Selbstheilung unterstützen
Die Richtlinie gibt im Wortlaut vor, dass ein Vertrag entstanden sein muss. Ich halte daher die erste Auslegungsvariante in Anbetracht des hohen Ranges des Verbraucherschutzes für vorzugswürdig: Die Vorschrift wäre also so zu verstehen, dass Verträge, die unter Missachtung der Button-Lösung geschlossen wurden, nur einseitig verpflichtend sind. Damit wäre zugleich eine angemessene Sanktion für Verstöße geschaffen, wie sie die Richtlinie ebenfalls fordert. Dies macht zwar zusätzliche Vorschriften, etwa im Bereich der Ordnungswidrigkeiten mit entsprechenden Bußgeldandrohungen nicht überflüssig, im Sinne des effet utile hat aber schon der Verbraucher ein Mittel mit Sanktionswirkung zur Verfügung und ist damit unabhängig von möglicherweise überlasteten Ordnungsbehörden oder Verbraucherschutzverbänden.
Die Richtlinie ist für den Verbraucher kaum verständlich
Es bleibt festzuhalten, dass alle Bemühungen um den Verbraucherschutz vergeblich bleiben, solange die Verbraucher nicht um ihre Rechte wissen. Ein Mindestmaß an Eigenverantwortlichkeit wird man dem Verbraucher zumuten und zugestehen müssen. Unberechtigten Forderungen ausgesetzt zu sein (aus welchen Gründen auch immer) gehört bekanntlich zum allgemeinen Lebensrisiko. Nur wenn man den Verbraucherschutz nicht übermäßig kompliziert gestaltet, hat der Verbraucher auch etwas davon. Informationspflichten helfen dabei nur bedingt. Der Richtlinienentwurf ist jedenfalls keine Meisterleistung der Laienverständlichkeit, der Gesetzgeber hat hier also trotz des in der Materie geringen Gestaltungsspielraumes eine echte Aufgabe vor sich.
Der Entwurf der Richtlinie als PDF.
Jens Ferner zum Richtlinienentwurf.