Wir gehen relativ freizügig mit unseren persönlichen Daten im Internet um, stellen viel ins Netz. Auch weil wir uns gar nicht bewusst sind, dass diese Informationen nicht nur in der Gegenwart für alle verfügbar sind, sondern über Jahre hinaus verfügbar sein werden, also einen ganz detaillierten Blick in unsere Vergangenheit ermöglichen werden.
Diese Feststellung führt den Rechtswissenschaftler Viktor Mayer-Schönberger zu seiner Forderung nach einem Ablaufdatum für Informationen im Internet. Nutzer sollen nicht nach Jahren noch damit rechnen müssen, dass irgendjemand zum Beispiel auf alte Foreneinträge stößt. Dieser Vorschlag könne durch die gesetzliche Verpflichtung von Software-Herstellern in die Tat umgesetzt werden. Deren Programme sollen in Zukunft den Nutzer nach der gewünschten Speicherungsdauer von gesendeten oder gesicherten Daten fragen. Nach Ablauf seien diese Informationen dann aus den Datenbanken im Netz automatisch zu löschen.
Mayer-Schönberger stellt klar:
Mein Vorschlag ist nicht der nach einer externen Zensur, sondern der nach einer bewussten, den Menschen eingeräumten Wahlmöglichkeit, also selbst festlegen zu können, wie lange sie Informationen aufbewahren wollen. Das ist eine Wahl und keine Zensur.
Stärkung der Rechte von Internetnutzern
Mit seinem Vorschlag möchte der Harvard-Professor auch auf das Mächteverhältnis im Internet aufmerksam machen: Häufig wissen die Nutzer gar nicht, welche Daten über sie gespeichert werden. Denn in den seltensten Fällen werde sie um ihre Einwilligung gebeten. Für kommerzielle Anbieter sind personenbezogene Informationen dagegen bares Geld wert. So geben zum Beispiel Suchanfragen oder Klickpfade Hinweise auf persönliche Interessen. In Verbindung mit der IP-Adresse lassen sich Persönlichkeitsprofile erstellen. Damit können insbesondere Anzeigen und Werbebanner ganz gezielt bei bestimmten Nutzern eingesetzt werden. Kein Wunder, dass sich aus dieser Richtung Widerstand gegen Mayer-Schönberger regt.
Probleme bei der praktischen Umsetzung
Aber auch die praktische Umsetzung dürfte sich schwierig gestalten. Denn ein Schutz für die Nutzer ist nur dann effektiv, wenn die Regeln international durchgesetzt werden. Der Bundesdatenschutzbeauftragte erwägt deshalb nationale Alternativen. Besonders schwer können sich im Netz dokumentierte Jugendsünden bei der Jobsuche auswirken. Deshalb wird diskutiert, Arbeitnehmern die Verwertung von Informationen zu verbieten, die sie über Bewerber im Netz finden und die älter als fünf Jahre sind. Eine Maßnahme, die in der Praxis wenig bringen dürfte. Schließlich kann der Arbeitnehmer seine Entscheidung einfach anders begründen.