Große Aufregung im Netz! Instagram, der bekannte Fotodienst, der kürzlich von Facebook aufgekauft wurde, will seine Nutzungsbedingungen ändern. Darunter auch einen Passus, der die Rechte an den Fotos betrifft, die Nutzer bei Instagram hochladen können.
„Instagram will die Fotos seiner User verkaufen”, liest man deshalb überall quer durchs Netz. „Alles halb so wild” schreiben andere. Was stimmt nun?
Stein des Anstoßes ist zunächst folgender Passus in den neuen Nutzungsbedingungen, die Mitte Januar in Kraft treten sollen:
„To help us deliver interesting paid or sponsored content or promotions, you agree that a business or other entity may pay us to display your username, likeness, photos (along with any associated metadata), and/or actions you take, in connection with paid or sponsored content or promotions, without any compensation to you. ”
Was bedeutet das nun? Der Nutzer räumt Instagram damit das Recht ein, seine Fotos (und andere öffentlich bei Instagram eingestellte Daten) „im Zusammenhang mit bezahlten Inhalten anzuzeigen”. Eine Formulierung die bedeutend enger gefasst ist, als ein „Verkaufen” von Fotos. Also großer Wirbel um nichts?
Nicht ganz. Das Problem steckt in einer anderen Formulierung. Zum Vergleich hier die Rechte, die Nutzer nach den geltenden Nutzungsbedingungen einräumen:
„By displaying or publishing („posting“) any Content on or through the Instagram Services, you hereby grant to Instagram a non-exclusive, fully paid and royalty-free, worldwide, limited license to use, modify, delete from, add to, publicly perform, publicly display, reproduce and translate such Content, including without limitation distributing part or all of the Site in any media formats through any media channels, except Content not shared publicly („private“) will not be distributed outside the Instagram Services.”
Und hier die eingeräumten Rechte nach den neuen Nutzungsbedingungen:
„[…] you hereby grant to Instagram a non-exclusive, fully paid and royalty-free, transferable, sub-licensable, worldwide license to use the Content that you post on or through the Service, except that you can control who can view certain of your Content and activities on the Service as described in the Service’s Privacy Policy […]”
Wer bemerkt den kleinen aber entscheidenden Unterschied? Es sind die Wörtchen „transferable” und „sub-licensable”. Auch bisher erhält Instagram ein weitgehendes einfaches Nutzungsrecht, die Fotos zu bearbeiten und in jeder denkbaren Form zu verbreiten. Aber dieses Nutzungsrecht ist nicht übertragbar, eben nicht „transferable” und „sub-licensable”. Theoretisch wäre es Instagram damit nach den neuen Bedingungen tatsächlich möglich, Fotos von Nutzern zu verkaufen.
Ob diese Gefahr nun tatsächlich besteht, ist allerdings fraglich. Zunächst sollte man wissen, dass es sehr verbreitet ist, sich bei Online-Services sehr weitreichende Rechte einräumen zu lassen. Der Grund dafür ist relativ einfach: Es ist ziemlich aufwändig, seine Nutzungsbedingungen zu ändern. Die User müssen informiert werden, im schlimmsten Fall müssen sie sogar erneut explizit zustimmen. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Auf der anderen Seite können neue Features aber neue Rechte erforderlich machen. Um sich den Aufwand der AGB-Änderung bei künftigen Innovationen zu sparen, lassen sich viele Dienste deshalb quasi vorsichtshalber eine ganze Menge Rechte einräumen, die sie tatsächlich (noch) gar nicht brauchen.
Dass diese Praxis nicht immer klug ist, zeigt die Diskussion um Instagram. Oft sind es auch Juristen, die bei der Ausarbeitung der AGB vorausschauend arbeiten wollen und solche PR-Probleme schlicht unterschätzen.
Es ist also gut möglich, dass die Rechte gar nicht so weitreichend benötigt werden, wie es in den Nutzungsbedingungen steht. Hinzu kommt: Nach deutschem Recht sind die Nutzungsbedingungen wohl so oder so unwirksam. Nicht nur die Einräumung eines übertragbaren Nutzungsrechtes wird nach deutschem Recht nicht wirksam sein. Auch die Tatsache, dass die AGB nur auf Englisch zu haben sind, dürfte ihnen juristisch das Genick brechen. Obendrein strotzen die Nutzungsbedingungen nur so vor typisch amerikanischen Regelungen, die dem europäischem Rechtsverständnis widersprechen und damit große Teile der AGB in das Nirvana der Unwirksamkeit reißen. Schon die Art und Weise wie die Nutzungsbedingungen geändert werden, wird voraussichtlich nach deutschem Recht nicht funktionieren.
Dass Instagram ernsthaft versuchen will, die Fotos von Usern an Werbeagenturen zu verkaufen, ist eher nicht zu erwarten. Das beteuern die Betreiber nun auch selbst in einem Blog-Posting. Viel wahrscheinlicher ist, dass Instagram mehr in das Geflecht aus Werbung und Sponsoring von Facebook integriert werden soll. Bedeutet: Fotos dürfen für Werbung auf der Plattform selbst benutzt werden, etwa in Form von Sponsored Posts. Dass in Zukunft Instagram-Fotos in ALDI-Prospekten oder Litfaßsäulen zu sehen sind ist wohl eher unwahrscheinlich.
Und doch zeigt die Diskussion: Es ist nicht allein entscheidend, welche juristischen Auswirkungen eine Änderung der Nutzungsbedingungen bei großen Online-Diensten hat. Entscheidend ist, wie die User die Änderung auffassen. Ein interessantes Phänomen, das man in letzter Zeit häufiger beobachten konnte: Juristische Regeln kann man im Netz nicht mehr diktieren, sondern muss sie vermitteln. Der Jurist, der solche Regeln formuliert, darf sich deshalb nicht mehr nur auf sein juristisches Handwerk beschränken, sondern muss auch Botschaft im Blick haben, die bei den Nutzern ankommt. Eine schwierige Herausforderung.
Die neuen Nutzungsbedingungen von Instagram.
Blog-Eintrag von Instagram zur Änderung der Nutzungsbedingungen.
allthefacebook.com zu den Änderungen.
Rechtsanwältin Anja M. Neubauer zu den Änderungen bei Instagram.