Anfang April 2014 veranstaltete die Kanzlei Bird & Bird in Frankfurt das nunmehr fünfte IT LawCamp. Damit ist die Veranstaltung bereits so etwas wie eine Konstante in der schnelllebigen Welt der Informationstechnologie. Juristen aus ganz Deutschland finden sich an einem Samstag im Jahr hier in Erwartung spannender Vorträge und hitziger Diskussionen ein – oder schlicht, um sich im Barcamp-Stil (ohne Robe und Schönfelder) auszutauschen. Ein Veranstaltungsbericht.
Wesentliches Merkmal eines Barcamps ist es, das Programm erst am Konferenztag zusammen zu stellen. Dadurch entstehe eine „offenere und kommunikativere Atmosphäre“ als bei herkömmlichen Konferenzen. Tatsächlich nahm das Programm auch erst vor Ort konkrete Formen an. Denn bis auf einige im Vorfeld gesetzte Sprecher haben die übrigen Anwesenden ihre mitgebrachten Vorträge in kurzen Sätzen vorgestellt – und dann hat das Publikum entschieden. Glücklicherweise waren genug freie Plätze vorhanden, sodass jeder Vortrag unterkam. Bird & Bird ist dabei laut eigener Aussage Vorreiter: Ein LawCamp, also ein BarCamp speziell zu Rechtsthemen, sei in Deutschland ein Novum. Die Kanzlei war die erste, die ein solches in Deutschland veranstaltete.
Das Konzept ist auch dieses Jahr wieder aufgegangen. Strukturiert in fünf Themengruppen (Tracks) und auf die einzelnen Konferenzräume verteilt, konnte der informative Teil beginnen. Mit Big Data, Social Media und Cloud Computing lag diesmal ein klarer Schwerpunkt auf dem Thema Datenschutz. Aber auch andere aktuelle Themen sollten nicht fehlen. Vom Vertragsrecht über „mobile computing“ und „Disruptive Technologies“ bis zum IP Schutz hatte man die Qual der Wahl, aus insgesamt 23 Vorträgen zu wählen.
Die Gestaltung der Themen bot für jeden etwas, sei es der spezielle Datenschutz im Healthcare-Sektor oder eine schulmäßige Präsentation zu Softwarepatenten bis hin zum gemeinsamem Erarbeiten von Creative Commons Bedingungen. So fragten beispielsweise Daniela Bohn und Jörg Steinhaus in ihrem Vortrag „Privatgeheimnis & Patientendaten“, wie sich Geheimhaltungspflichten in verschiedenen Rechtsgebieten in Einklang bringen lassen. Die datenschutzrechtliche und die strafrechtliche Betrachtung seien strikt zu trennen. Was datenschutzrechtlich zulässig sein könne, ist es strafrechtlich nicht unbedingt. Bezüglich Softwarepatenten wurden unter anderem zunächst die Voraussetzungen eines Patents erläutert. Während die einen versuchten, eine gemeinsame Interpretation des Begriffs „Noncommercial“ zu erarbeiten, stellten sich andere gemeinsam mit Ninja Marnau ihren Verfolgungsängsten („Do not track“). Dieser Abwechslungsreichtum fällt durchaus positiv ins Gewicht, da man sich so ganz nach eigenem Belieben inhaltlich orientieren kann – und gerade bei knapp neun Stunden Vorträgen die Abwechselung fit hält. Je nach persönlichem Fachgebiet ist also sichergestellt, dass man thematisch versorgt ist oder auch als Neuling einsteigen kann.
Freilich sind dies nur kleine Ausschnitte eines vielfältigen Programms. Auch hier kommt der Barcamp-Gedanke wieder zum tragen: Solange es eine aktuelle Entwicklung im IT-Recht betrifft, kann man als Besucher aus einem interessanten und abwechslungsreichen Fundus schöpfen.
Die Veranstaltung abgerundet haben ein informelles Vorabend-Meeting, ein exquisites Mittagsbuffet und ein gemeinsamer Ausklang in einem nahen Restaurant. Die Organisation verlief zwar nicht ganz reibungslos: Das Wlan funktionierte nur in drei von fünf Vortragsräumen, auf dem Namensschild war das falsche Hashtag gedruckt und die Parkplatzsuche ließ einige Besucher schier verzweifeln (zugegeben: Standort Frankfurt am Main). Aber auch solche Dinge tragen zum Charme eines BarCamps bei. Inhaltlich fanden sich die meisten Vortragsslides zudem sehr schnell nach der Veranstaltung auf der Webseite. Da man sich bei fünf Tracks nicht alles anhören kann, ist das eine willkommene Zugabe.
Das LawCamp ist und bleibt abwechslungsreich und verleitet auch mal zum Schmunzeln. Sei es die fast schulmäßige Präsentation eines eigens mitgebrachten Vortrags oder die mitunter sehr unterschiedlichen Vortragsstile. Zwischen einstudierten Sätzen und klassischem Frontalvortrag findet sich auch mal einen Vortrag im Dialogstil oder einen Speaker, der das Publikum für eine kleine Statistik einbezieht. Trotz dieser Lockerheit herrscht aber nach wie vor die von Miriam Ballhausen bereits bei der Erstauflage erwähnte Trauerkleidung vor – nur manche setzten hier und da farbige Akzente.
Die „halbe Null“ ist gelungen. Das LawCamp bot seinen Besuchern die Möglichkeit, bereits bekannte Themen zu vertiefen, ebenso wie neue spannende Themen für sich zu entdecken. Natürlich kam dabei auch das Netzwerken nicht zu kurz. Dank der lockeren Atmosphäre kam man schnell und unkompliziert miteinander ins (Streit-) Gespräch. Insofern hebt sich das LawCamp tatsächlich ein Stück von anderen, „regulären“ Veranstaltungen ab. Die Atmosphäre war locker und zugleich professionell. Ob Richter oder Anwalt, Partner oder Neueinsteiger, Diskussionen wurden stets auf Augenhöhe und frei von Hemmungen geführt (Hemmungen kennt der Jurist bekanntlich eh nur bei der Verjährung). Die so gewonnenen Erkenntnisse und Einsichten stellen in jedem Fall einen Gewinn für die eigene juristsiche Tätigkeit dar.
Zur Webseite der Veranstaltung.
Veranstaltungsbericht zum ersten LawCamp 2010.