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Chatten mit Attentätern: Terrorismusbekämpfung im Internet

Die Terrorgefahr wächst, glaubt der Staat, und stellt sich darauf ein. Die Sicherheitsbehörden werden reformiert, neuen Aufgabenstellungen angepasst. Vieles hat sich aber schon geändert: Der Informationsfluss zwischen den einzelnen Behörden wurde erleichtert, spezielle Stellen und Zentren komplett neu geschaffen. So z.B. das Gemeinsame Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) von Polizei und Geheimdiensten, das die Anti-Terror-Datei verwaltet. Im gleichen Gebäudekomplex in Berlin (Treptow) sitzt seit 2007 auch das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ).

Hier arbeiten Vertreter des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Bundeskriminalamts, des Bundesnachrichtendienst, des Militärischen Abschirmdienstes und der Generalbundesanwältin bei der Terrorismusbekämpfung zusammen; Ziel ist es durch die Beobachtung öffentlicher Räume im Internet terroristische Aktivitäten aufzuspüren. So sollen Anschläge schon während der Vorbereitung verhindert werden. Laut Selbstdarstellung sind dabei v.a. Blogs im Visier der Mitarbeiter:

Zur explosionsartigen Vermehrung islamistischer Propaganda im Internet trägt insbesondere das Phänomen der Weblogs bei. Es handelt sich dabei nämlich um Internetpräsenzen, die von jedermann kostenfrei, anonym und ohne besonderes technisches Wissen eingerichtet werden können, was auch von Islamisten umfänglich genutzt wird.

Der Staat ist immer dabei…

Anders als bei den umstrittenen Online-Durchsuchungen greifen die staatlichen Behörden hier nicht auf private Daten zu, sondern beobachten öffentlich zugängliche Internetplattformen. Dazu der Bundesinnenminister in einer Rede im Oktober letzten Jahres:

Das GIZ ist die ebenso zwangsläufige wie zwingende Antwort auf den Umstand, dass auch Terroristen die technischen und kommunikativen Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts in großem Maße nutzen. Das Internet ist für sie ein riesiges Forum – Informationsbörse, Kommunikationsplattform, Fernuniversität und Ausbildungslager in einem. (…) Das GIZ beobachtet das offene, jedem zugängliche Internet. Es nimmt also nur Aufgaben wahr, für die keine besonderen Hoheitsrechte erforderlich sind. (…) Im GIZ wird das Internet losgelöst vom Einzelfall und damit wesentlich breiter beobachtet.

Bisher wurde nur wenig über die Arbeit des GIZ berichtet; vielen dürfte diese neue Einrichtung gar nicht bekannt sein. Es stellt sich die Frage, inwiefern ein öffentliches Bewusstsein dafür, dass der Staat schon jetzt Blogs und Chatrooms überwacht, das Verhalten von Internetnutzern beeinflussen könnte. Bei Telemedicus wurde zu diesen eventuellen „chilling effects“ schon viel diskutiert.

Zur Webseite des GIZ.

, Telemedicus v. 06.08.2008, https://tlmd.in/a/928

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