Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch entschieden, dass ein Fotografierverbot bei einem SEK-Einsatz rechtswidrig ist. Eine solche Untersagung verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Ein mutmaßliches Mitglied der russischen Mafia war in Untersuchungshaft und hatte einen Termin beim Augenarzt in der Fußgängerzone von Schwäbisch Hall. Hierzu wurde er durch ein Team des SEK vorgeführt. Zwei zufällig vorbeikommende Journalisten der lokalen Zeitung bemerkten dies und der Fotograf zückte seine Linse, um von dem Auftritt Fotos zu machen. Daraufhin untersagte der Einsatzleiter vor Ort jegliche Anfertigung von Fotografien. Die Begründung hierfür war, dass die Beamten des SEK ihre Enttarnung befürchten müssten. Sie seien dadurch unter anderem möglichen Racheakten ausgesetzt.
Gegen dieses Verbot klagte nun der Zeitungsverlag Schwäbisch Hall, bei dem die beiden Journalisten arbeiteten. Das VG Stuttgart wies die Klage in der ersten Instanz ab. Die dagegen eingelegte Berufung hatte vor dem VGH Mannheim Erfolg. Dieser befand, dass grundsätzlich von einem rechtskonformen Verhalten der Journalisten auszugehen sei. Diese würden die Aufnahmen derartig verpixeln, dass die Beamten nicht mehr identifiziert werden könnten. Deshalb bestünde auch bereits keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Dagegen wurde durch den Beklagten Revision zum BVerwG eingelegt.
Das BVerwG wies die vom Beklagten eingelegte Revision zurück. Der Einsatz stelle ein zeitgeschichtliches Ereignis dar, von dem gemäß § 23 I Nr. 1 KUG auch ohne vorherige Einwilligung Fotos veröffentlicht werden dürfen. Dem stehe der Schutz der Beamten als „berechtigtes Interesse“ nach § 23 II KUG entgegen, sodass eine Veröffentlichung auch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sei. Das Verbot bereits jeglicher Fotografieaufnahmen sei allerdings nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Aus der Pressemitteilung des BVerwG:
Die Polizei durfte nicht schon das Anfertigen der Fotografien untersagen. Der Einsatz von Polizeibeamten, namentlich ein Einsatz von Kräften des Spezialeinsatzkommandos stellt im Sinne der einschlägigen Bestimmung des Kunsturhebergesetzes ein zeitgeschichtliches Ereignis dar, von dem Bilder auch ohne Einwilligung der abgelichteten Personen veröffentlicht werden dürfen. Ein berechtigtes Interesse der eingesetzten Beamten kann dem entgegenstehen, wenn die Bilder ohne den erforderlichen Schutz gegen eine Enttarnung der Beamten veröffentlicht werden. Zur Abwendung dieser Gefahr bedarf es aber regelmäßig keines Verbots der Anfertigung von Fotografien, wenn zwischen der Anfertigung der Fotografien und ihrer Veröffentlichung hinreichend Zeit besteht, den Standpunkt der Polizei auf andere, die Pressefreiheit stärker wahrende Weise durchzusetzen. Eine solche Lage war hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs gegeben.
Im vorliegenden Fall hätten diese berechtigten Interessen also auch anders als durch ein Verbot durchgesetzt werden können.
Es würde die Entscheidung überwerten, sie als echte „Stärkung der Pressefreiheit“ einzuordnen. Schließlich wog das BVerwG nicht die Position der Presse gegenüber anderen Rechtspositionen ab. Es nahm nur eine reine Erforderlichkeitsprüfung vor.
Im vorliegenden Fall hat das BVerwG das Fotografieverbot aufgehoben, weil es weniger stark einschränkende Maßnahmen für möglich hielt. Im Umkehrschluss bedeutet die Entscheidung des BVerwG aber: Ein Fotografierverbot kann erforderlich sein, wenn kein anderes Mittel mehr zur Verfügung steht. In diesem Fall würde das BVerwG die Angemessenheit prüfen – und erst in diesem Zusammenhang möglicherweise die Pressefreiheit stärken.