Nach einem aktuellen Urteil (Az. 6 C 21.06) des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Telekommunikationsmärkte nur dann einer besonderen Missbrauchsaufsicht durch die Bundesnetzagentur, wenn es sich um von dieser Behörde definierte und analysierte Märkte handelt, auf denen die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts nicht ausreicht. Im vorliegenden Fall hatte die Telegate AG, Betreiberin eines öffentlichen Telefonauskunftsdienst, der Deutschen Telekom AG ein missbräuchliches Verhalten hinsichtlich ihrer marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen.
Die DTAG gibt über ihre hundertprozentige Tochter Deutsche Telekom Medien GmbH Telefonbücher heraus, in denen in exponierter Stellung auf den Auskunftsdienst der Telekom hingewiesen wird. Telefonnummern anderer Dienste finden hingegen keine Erwähnung. Die Telegate AG fühlte sich dadurch diskriminiert. Die Telekom, die den Markt für Telefonverzeichnisse beherrsche, verschaffe sich dergestalt auf dem von ihr gleichfalls beherrschten Markt für Telefonauskünfte eine zusätzliche Bekanntheit und Nachfrage, um so ihre Marktanteile auf dem Auskunftsmarkt zu verteidigen bzw. auszubauen. Telegate beanstandete dieses Verhalten der Telekom und verlangte von der Bundesnetzagentur, dagegen einzuschreiten.
Nach dem Telekommunikationsgesetz darf ein Anbieter der über beträchtliche Marktmacht verfügt, seine Stellung nicht missbräuchlich ausnutzen (§ 42 Abs. 1 TKG). Anders als dies sonst im Wettbewerbsrecht der Fall ist, wird ein Machtmissbrauch schon dann vermutet, wenn das marktmächtige Unternehmen sich selbst bei intern genutzten oder am Markt angebotenen Leistungen günstigere Bedingungen einräumt als anderen Unternehmen. Gegen einen solchen Machtmissbrauch kann die Bundesnetzagentur einschreiten, deren besondere Missbrauchsaufsicht auf dem Telekommunikationssektor hinsichtlich des oben erwähnten Diskriminierungsverbotes strenger ist als die allgemeine Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt.
Die besondere Missbrauchsaufsicht ist nach dem Telekommunikationsgesetz als Teil der Marktregulierung ausgestaltet. Diese ist nur für spezielle Märkte vorgesehen, auf denen ein wirksamer Wettbewerb gegenwärtig nicht stattfindet und voraussichtlich auch noch längerfristig nicht stattfinden wird (§ 42 Abs. 2 TKG). Diese Märkte muss die Bundesnetzagentur zuvor im eigens dafür vorgesehenen Marktregulierungsverfahren definieren (§§ 9 – 15 TKG).
Da eine solche Definition für den hier umstrittenen Telefonauskunftsmarkt nicht vorliege, so das BVerwG, bleibe es bei der Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts. Dieses aber obliegt dem Bundeskartellamt, nicht der Bundesnetzagentur. Die Frage, ob das beanstandete Verhalten der Telekom nach den Maßstäben des allgemeinen Wettbewerbsrechts eine missbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht darstellt, hatte das Bundesverwaltungsgericht nicht zu entscheiden und ließ sie daher offen.