Das Bundesverwaltungsgericht hält Teile des Filmförderungsgesetzes (FFG) für verfassungswidrig. Deswegen hat es die Regelungen zur Filmabgabe dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung (nach Art. 100 GG) vorgelegt. Das laufende Verfahren wird solange ausgesetzt, bis eine Entscheidung aus Karlsruhe vorliegt.
Den Prozess haben neun Kinobetreiber angestrengt. Die Filmförderanstalt (FFA) kann sie durch einen Bescheid zur Zahlung einer Filmagabe verpflichten (§ 66 FFG). Auch die Videowirtschaft muss solche Abgaben leisten (§ 66a FFG). Eine Sonderregelung gilt aber bislang für die Fernsehveranstalter: Auch sie trifft die Zahlungspflicht; die wird aber nicht in einem Bescheid festgelegt, sondern in mehrjährigen Verträgen mit der FFA ausgehandelt (§ 67 FFG). Die Kläger und nun auch das BVerwG sehen in dieser Ungleichbehandlung einen Verstoß gegen die Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG).
Gleiche Pflichten für alle?
Die Filmabgabe dient der Finanzierung der FFA. Deren Aufgabe ist es, „als bundesweite Filmförderungseinrichtung die Struktur der deutschen Filmwirtschaft und die kreativ-künstlerische Qualität des deutschen Films als Voraussetzung für seinen Erfolg im Inland und im Ausland [zu fördern]“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 FFG). Dazu verteilt die Vergabekommission (§§ 7 ff. FFG) die eingenommen Gelder an deutsche Filmproduzenten; die Bedingungen, die Filme für eine Suvention erfüllen müssen, sind im FFG genau aufgeführt (§§ 14 ff.). Diese finanzielle Förderung wird durch die Filmabgaben erst ermöglicht – das BVerwG hält sie aber grundsätzlich für legitim:
„[Das Gericht] geht – insoweit in Übereinstimmung mit dem Gesetzgeber – davon aus, dass es gerechtfertigt ist, sowohl die Kinobetreiber und die Unternehmen der Videowirtschaft als auch die Fernsehveranstalter an den Kosten der Filmförderung zu beteiligen. Denn auch die Fernsehveranstalter ziehen ebenso wie die Kinobetreiber und die Unternehmen der Videowirtschaft aus der Verwertung von Filmen wirtschaftlichen Nutzen, der durch die Tätigkeit der FFA gefördert wird.“
Problematisch ist nach seiner Ansicht allein die Ungleichbehandlung; alle drei Abgabeverpflichteten profitierten als „gesellschaftlich homogene Gruppe“ gleichermaßen von der Förderung. Deswegen seien die Sonderabgaben nach einem „vorteilsgerechten Maßstab“ zu regeln. Hier werden aber die Fernsehveranstalter privilegiert: Sie dürfen die Höhe ihrer Zahlungen mitbestimmen. Das BVerwG ist der Ansicht, dass der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) einer solchen Sonderbehandlung entgegensteht. In Zukunft müsse auch deren Kostenbeteiligung gesetzlich geregelt werden.
Fallen die Privilegien?
Die bisherige Sonderregelung ist historisch bedingt: Das FFG stammt aus dem Jahr 1967, ein Jahr später wurde die FFA gegründet. Eine Zwangsabgabe bestand zunächst nur für Kinobetreiber. Erst im Jahr 1973 wurde im Rahmen einer Novellierung die Einbeziehung der Fernsehanstalten diskutiert. Diese reagierten mit erbittertem Widerstand und verwiesen insbesondere darauf, dass dem Bund die Kompetenz fehle: Die Regelung des Rundfunks obliegt nämlich den Landesgesetzgebern. Die Verträge mit der FFA (Film-Fernseh-Abkommen) sind deshalb als Kompromiss zu sehen, der nötig war, um die Finanzierung der Filmförderung sicherzustellen.
Die Ungleichbehandlung ist jedoch seit jeher umstritten. Auch bei der aktuellen Novelle des FFG, das seit Beginn des Jahres in der geänderten Fassung gilt, wurde sie diskutiert. Die klagenden Kinobetreiber halten den Bund weiterhin für gar nicht zuständig, weil die Kulturförderung Sache der Länder sei. Von anderen Seiten wird die grundsätzliche Abgabepflicht jedoch nicht in Frage gestellt – das gilt sogar für die Interessenvertretung Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF). Auch sie betont, dass es lediglich um die Ausgestaltung der Zwangszahlungen geht. Die Politik hat auf den Beschluss des BVerwG ebenfalls schon reagiert. Die FDP sieht dringenden Handlungsbedarf und plädiert erneut für ein „einheitliches Abgabensystem“. Angelika Krüger-Leißner von der SPD geht damit d’accord, will jedoch auf eine einvernehmliche Lösung hinarbeiten (PDF):
„Jetzt ist umsichtiges politisches Handeln gefordert. Ich plädiere dafür, dass sich Politik, Kino-, Videoverbände, Sender und FFA an einen Tisch setzen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Wir sollten auf keinen Fall warten, bis sich das Bundesverfassungsgericht der Sache annimmt. Die nächsten Wochen und Monate bieten die Möglichkeit, den Anlass für die Kritik des Bundesverwaltungsgerichtes aus der Welt zu schaffen.“
Für eine gemeinsame Lösung setzt sich auch die FFA selbst ein. In ihrer Pressemitteilung lässt sie verlauten, dass sie die Gerichtsentscheidung „in enger Abstimmung mit dem Beauftragten für Kultur und Medien“ prüfen und sich vor dem BVerfG für einen Erhalt des Abgabensystems einsetzen werde. Zugleich wolle man aber „gemeinsam mit den Partnern aus der Politik und der Filmwirtschaft“ an einer dauerhaften Sicherung der Filmförderung arbeiten.
Zur Pressemitteilung des BVerwG.
Die Bundesregierung zur aktuellen Novelle des FFG.