Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 07. Oktober 2009 eine Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 3479/08), gegen die Zulässigkeit privater Digitalkopien nicht zur Entscheidung angenommen. Dies gab das Gericht heute bekannt.
Die Verfassungsbeschwerde von Vertretern der Musikindustrie richtete sich gegen § 53 Abs. 1 UrhG. Diese Vorschrift regelt die urheberrechtliche Zulässigkeit der Privatkopie. Nach Ansicht von Vertretern der Musikindustrie ist diese Norm nicht mit dem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar, soweit sie die digitale Privatkopien ohne hinreichende Einschränkungen für zulässig erkläre.
Zurückweisungsgrund: Frist verpasst
Die Karlsruher Richter nahmen die Verfassungsbeschwerde aus formellen Gründen jedoch nicht zur Entscheidung an, da sie nicht fristgerecht erhoben worden sei. Aus der Pressemitteilung des Gerichts:
„Die im Dezember 2008 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht fristgerecht erhoben worden ist. Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz, so kann sie gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden.&rdquo
Zwar war das Urheberrechtsgesetz direkt vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde mehrmals geändert worden, aber diese Änderungen betrafen alle nicht den angegriffenen Regelungsgehalt der Norm des § 53 UrhG. Demnach waren sie für den Fristlauf hier also unbeachtlich. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hätten die Beschwerdeführer ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Norm somit bereits früher vorbringen müssen. Dazu hätten sie nach Meinung des Gerichts im Übrigen auch die faktische Möglichkeit gehabt:
„Die gesetzgeberische Klarstellung, dass auch digitale Vervielfältigungen erlaubt sein sollen, war bereits im Jahr 2003 erfolgt. Legt man die Argumentation der Beschwerdeführer zugrunde, hätte der Gesetzgeber schon damals berücksichtigen müssen, dass durch § 53 Abs. 1 UrhG in Verbindung mit der zunehmenden Verbreitung der digitalen Privatkopie ein Eingriff in das durch Art. 14 Abs. 1 GG garantierte Verwertungsrecht der Tonträgerhersteller bewirkt werde. Entsprechende Daten über kopierbedingte Umsatzrückgänge der Tonträgerhersteller lagen bereits vor und waren Gegenstand intensiver rechtspolitischer Diskussion unter Beteiligung der Musikindustrie.&rdquo
Update, 28. Oktober 2009, 12:25 Uhr:
Aus dem nun vorliegenden Volltext der Entscheidung lässt sich die Argumentation der Beschwerdeführer entnehmen, wonach die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG am 1. Januar 2008 neu zu laufen begonnen habe. Denn der Gesetzgeber habe bei der dortigen Urheberrechtsreform die starke Zunahme digitaler Privatkopien neu bewertet und somit eine neue politische Entscheidung getroffen, so die Vertreter der Musikindustrie. Nach Ansicht des BVerfG hat der Gesetzgeber jedoch seine Entscheidung zur Handhabung der digitalen Privatkopie nachweislich bereits im Jahre 2003 getroffen. Demnach hat sich dort der Gesetzgeber eindeutig zur Zulässigkeit der digitalen Privatkopie bekannt. Eine Änderung dieser Einschätzung im Jahre 2008 konnte die Richter nicht erkennen. Damit ließ das Gericht die Argumentation der Beschwerdeführer ins Leere laufen.
Keine Entscheidung über Zulässigkeit der Privatkopie
Ferner stellt das Gericht klar, dass somit auch nicht zu entscheiden war, ob angesichts der gestiegenen Zahl an privaten Digitalkopien der Gesetzgeber zukünftig angehalten sein muss, die Regelung des § 53 Abs. 1 UrhG einzuschränken oder anderweitige Schutzmaßnahmen zugunsten der Musikindustrie zu ergreifen.
Zur Pressemitteilung des BVerfG.
Update, 28. Oktober 2009, 11:55 Uhr:
Inzwischen liegt Telemedicus der Volltext der Entscheidung vor.
BVerfG, Beschluss v. 07.10.2009, Az. 1 BvR 3479/08