Von Holger Greve und Florian Schärdel
Der Rechtsstreit um das Lehrerbewertungsportal spickmich.de ist beendet. Wie uns nun vom Bundesverfassungsgericht mitgeteilt wurde, hat das Gericht die Verfassungsbeschwerde einer Lehrerin bereits am 16. August nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 1 BvR 1750/09). Der Beschluss erfolgte ohne Begründung. Damit bleibt das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGHZ 181, 328 ff.) bestehen, der das Modell des Lehrerbewertung grundsätzlich für zulässig erachtet hatte.
Entscheidung ohne Begründung
Weniger überraschend ist, dass sich das BVerfG nicht gegen die Abwägungsentscheidung des BGH gestellt hat – dass das Bundesverfassungsgericht tendenziell eher meinungsfreiheitsfreundlich gesinnt ist, ist bekannt. Überraschend ist aber die Art und Weise, auf die das BVerfG den Rechtsstreit beendete, der nicht nur in Juristenkreisen für Aufsehen gesorgt hatte. Denn das BVerfG hat keine Sachentscheidung gefällt, sondern lehnte es ab, die Verfassungsbeschwerde überhaupt zur Entscheidung anzunehmen.
Ein solches Verfahren ist zur Entlastung des Gerichts möglich, wenn der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche verfassungrechtliche Bedeutung zukommt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Sogar auf eine Begründung der Nichtannahme verzichtete das BVerfG (vgl. § 93d Abs. 1 S. 3 BVerfGG). Es ging bei seiner Entscheidung offenkundig davon aus, dass der Fall durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichts zum Verhältnis von Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht bereits hinreichend verfassungsrechtlich geklärt war. Daran waren zum Teil in der juristischen Literatur und in tagespolitischen Kommentaren Zweifel geäußert worden. Denn Bewertungen im Internet, die nicht nur im Schutze der Anonymität erfolgen, sondern auch für jedermann leicht zugänglich sind, können sich für den Betroffenen in ihrer Wirkung durchaus von einer kritischen Beurteilung in klassischen Medien, etwa einer Schülerzeitung, unterscheiden. Diesen Ansätzen ist das BVerfG mit seiner Entscheidung nicht gefolgt.
Bewertungsportale weiter im juristischen Fokus
Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Grenzen der rechtlichen Zulässigkeit von Bewertungsportalen damit noch nicht endgültig festgesetzt sind. So bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung etwa das von der AOK angekündigte Portal zur Bewertung von Ärzten an den gleichen Maßstäben messen wird. Noch aufschlussreicher wird der Umgang der Rechtsprechung mit Bewertungsportalen für Juristen werden.
So bietet etwa die Seite marktplatz-recht.de eine Möglichkeit zur Bewertung von Richtern und Gerichten an. Zugang zu den Bewertungen sollen allerdings nur Angehörige juristischer Berufsgruppen haben, die eine entsprechende Ausbildung nachweisen können. Auch sollen die Ergebnisse nicht über Suchmaschinen auffindbar sein. Die Macher haben sich somit bereits am Urteil des BGH zu spickmich.de orientiert. Trotz der eindeutigen Positionierung des BVerfG werden sich also zumindest die Fachgerichte mit solchen und ähnlichen Konstellationen auch in Zukunft zu befassen haben.
Telemedicus zum Fall spickmich.de.
Update:
Der Beschluss vom Bundesverfassungsgericht als PDF.
Thorsten Feldmann, Rechtsanwalt von spickmich.de, zu der Entscheidung des BVerfG.