Zahlungen an eine KG sind nicht künstlersozialabgabepflichtig. Auch Gewinnzuweisungen an die Gesellschafter einer KG müssen der Künstlersozialabgabe-Pflicht nicht unterfallen. Eine Umgehung der Zielvorstellungen des KSVG durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen ist zulässig. Dies hat das BSG bereits im Februar 2014 entschieden (Az.: B 3 KS 3/12 R). Seit wenigen Tagen liegt das Urteil auch bei Telemedicus im Volltext vor.
Verwerter künstlerischer Tätigkeiten sind gem. §§ 23 ff. KSVG verpflichtet eine Künstlersozialabgabe zu leisten. Das heißt im Klartext: Beauftragt ein Unternehmen einen Künstler, besteht die Verpflichtung einen gewissen Prozentsatz des Honorars an die Künstlersozialkasse (KSK) abzuführen. Der Bund zahlt dann noch einmal dieselbe Summe dazu. Aus den beiden Beitragshälften finanziert sich die Künstlersozialversicherung. Diese Konstruktion ist im Sozialversicherungsrecht einmalig und immer wieder Zankapfel zwischen allen Beteiligten. So auch im jüngst vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall:
Eine Künstler und Management GmbH und Co. KG hat gegen die Festsetzung der KSA für die Jahre 2002-2004 geklagt. Die KG bestand aus der Familie um den Schlagerstar Costa Cordalis. Komplementär war eine GmbH, deren Geschäftsführer Costa Cordalis und seine Ehefrau waren. Kommanditisten waren die Ehefrau sowie die Kinder, die teilweise selbst Sänger sind. Innerhalb der Familien-KG galt die Vereinbarung, dass der künstlerisch tätige Teil der Familie für die KG immer ohne Honorar auftreten würde. Einkünfte sollten die Familienmitglieder aus Gewinnausschüttungen gemäß ihrer Gesellschafterstellung ziehen. Nach Auftritten der singenden Familienmitglieder zahlte die KG nur Honorare an mitauftretende Bandmitglieder. Demzufolge führte die KG die KSA auch nur für die Bandmitglieder ab. Die KSK legte daraufhin fest, dass auch für die Gewinn-Ausschüttungen an die Kommanditisten eine KSA zu zahlen sei.
Für die Auftritte der Sänger mit Band zahlten zunächst die jeweiligen Auftraggeber an die KG. Diese Zahlungen stellen aber insoweit keine KSA-pflichtigen Entgelte dar. Denn Honorarzahlungen an eine KG sind keine Zahlungen an selbstständige Künstler. Künstler i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 1 KSVG können allein natürliche Personen sein.
Aber die KG bedient sich selbstständiger Künstler um ihren Verpflichtungen gegenüber den Auftraggebern nachzukommen. Nämlich den singenden Familienmitgliedern mitsamt Band. Als Zwischenverwerter ist sie deshalb selbst KSA-pflichtig. Das BSG führt dazu aus:
Die Klägerin betreibt ein zur KSA verpflichtetes Unternehmen, weil dessen wesentlicher wirtschaftlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen (§ 24 Abs 1 S 1 Nr 3 KSVG). Zudem handelt es sich um ein nach § 24 Abs 2 KSVG abgabepflichtiges Unternehmen, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige Künstler, nämlich die Sänger CC, LC und AC sowie die Bandmitglieder erteilt, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen und im Zusammenhang hiermit Einnahmen erzielt. Die Abgabepflicht der Klägerin dem Grunde nach ist zu Recht nicht streitig.
Das eigentliche Problem ist, was genau der KSA-Pflicht unterfällt. Soweit die KG nämlich keine Löhne an die Künstler gezahlt hat, muss auch keine KSA geleistet werden. Die KSK sah deshalb in der „Ohne-Honorar-Vereinbarung“ eine unzulässige Umgehung des KSVG. Also wurde auf die Gewinnausschüttungen der Kommanditisten kurzerhand eine KSA festgelegt.
Dabei hielt sie (die KSK) aber an ihrer Auffassung fest, professionelle Künstler wie CC, LC und AC arbeiteten auch im Verhältnis zur Klägerin nicht ohne angemessenes Honorar. Deshalb seien die Gewinnzuweisungen der Klägerin für die Kommanditisten ausnahmslos als Vergütungen für künstlerische Leistungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Die Cordalis Gesllschaft sah dies natürlich anders und widersprach. Aus den Einkommensteuererklärungen der Kommanditisten ergäben sich keine Einkünfte aus künstlerischer Tätigkeit. Die Auszahlungen der Cordalis Gesellschaft könnten also auch nicht Gegenstand einer KSA sein. Es handele sich vielmehr um gesellschaftsrechtlich zulässige Gewinnentnahmen der Gesellschafter.
Das Bundessozialgericht hat das gesellschaftsrechtliche Umgehungskonstrukt der Cordalis KG folgendermaßen bewertet: Grundsätzlich gibt es keine KSA-Pflicht für Gewinnausschüttungen an Kommanditisten. Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn in der Gewinnausschüttung ein Entgelt für künstlerische Leistung zu sehen ist. Und dies ist nur dann der Fall, wenn ein Gesellschafter
typischerweise ähnlich dem GbR-Gesellschafter als selbstständiger Künstler oder Publizist i.S. von § 25 Abs. 1 S. 1 KSVG an der Herstellung eines gemeinschaftlichen künstlerischen oder publizistischen Werkes beteiligt ist. […] Gewinnzuweisungen an die KG-Gesellschafter, die aus deren gesellschaftsrechtlicher Stellung resultieren, sind daher keine Entgelte für künstlerische Leistungen, auch wenn der Gewinn der Gesellschaft ganz oder überwiegend aus einer künstlerischen Tätigkeit resultiert.
Die Sachlage ändere sich auch aufgrund des Honorarverzichts nicht.
In der Gewinnzuweisung kann auch nicht deshalb ein Entgelt iS des § 25 KSVG erblickt werden, weil die Gesellschafter LC und AC den Gewinn (teilweise) durch eigene künstlerische Tätigkeit erarbeitet und dafür keine Honorare bekommen haben. Der Entgeltbegriff des § 25 KSVG stellt darauf ab, dass das Entgelt konkret als Gegenleistung für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen geschuldet und gezahlt wird. […] Finanzielle Vorteile ohne Gegenleistungscharakter stellen daher kein Entgelt für Werke oder Leistungen i.S. des § 25 KSVG dar. Insoweit können Gewinnzuweisungen, die letztlich zwar auf einer künstlerischen oder publizistischen Leistung beruhen, aber eben nicht hierfür, sondern nur „hieraus“ gezahlt werden, keine Entgelte iS des § 25 KSVG sein.
Desweiteren erwirtschaftet die KG Gewinne aus verschiedenen Einkunftsarten. Neben den Auftrittshonoraren auch aus GEMA-Gebühren und Merchandisingeinnahmen. Beim ausgeschütteten Gewinn der Gesellschaft handelt es sich also nicht nur um Einnahmen aus künstlerischen und publizistischen Werken oder Leistungen.
Im Ergebnis ist die praktische Umgehung der KSA also zulässig. Das Urteil ist jedoch nicht falsch zu verstehen. Die Zwischenschaltung einer KG zwischen Künstler und Lohn reicht nicht aus um die (missliebige) Abgabe zu umgehen. Die Umgehung ist möglich, wenn der Künstler als Kommanditist wirklich nur Gewinne aus Gesellschafterstellung zieht. Auch wenn diese sich zum Teil aus einer künstlerischen Betätigung ergeben. Das BSG führt dazu aus:
Diesem Ergebnis steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es den Gesellschaftern sowie CC darum gegangen war, ein Modell zu wählen, bei dem eine KSA-Pflicht für die Klägerin nicht eintritt. Die Wahl rechtlich zulässiger Gestaltungsmöglichkeiten zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung ist weder rechtlich unzulässig noch missbräuchlich. […] Das KSVG enthält keine Regelungen zur Frage, in welcher rechtlichen Form selbstständige Künstler und Publizisten ihre Leistungen und Werke vermarkten dürfen und welche rechtlichen Konstruktionen ihnen dabei untersagt sind. Solange in diesem Bereich aber eine unbeschränkte Wahlfreiheit besteht, kann eine zum Ausschluss der KSA-Verpflichtung führende rechtliche Gestaltung der Vermarktung nicht als „Umgehung“ einer im Gesetz angelegten Regelung angesehen werden.
Die Vermarktung musikalischer Aktivitäten über eine „familieneigene“ GmbH & Co. KG und der Verzicht auf die Honorierung der einzelnen Auftritte im Verhältnis zur KG, befreit in der Praxis also von der KSA. Eine Änderung dieses Zustandes bleibt dem Gesetzgeber vorbehalten.
Zu guter Letzt war die KSA-Festlegung aber zumindest zum Teil doch korrekt. Für den „Dschungelcamp-Auftritt“ hatte die KG an Costa Cordalis nämlich 30.000 € gezahlt. Diese Auszahlung war ein Honorar, also abgabepflichtig. Das Gericht gibt leider keine Stellungnahme dazu ab, inwieweit die „Wahl“ zum Dschungelkönig eine „künstlerische“ Darbietung sein kann…
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