In den nächsten Wochen werden wir gemeinsam mit jur-blog.de von Siegfried Exner, kriegs-recht.de von Henning Krieg und rechtzweinull.de von Carsten Ulbricht mehrere Artikel zum Thema „Blogs & Urheberrecht“ veröffentlichen.
Das Urheberrecht ist ein heiß umkämpftes Rechtsgebiet. Gerade für Blogger spielt es eine große Rolle: Einmal einen Text kopiert oder ein fremdes Foto veröffentlicht, schon flattert die Abmahnung ins Haus. Und das in vielen Fällen sogar zurecht. Umso wichtiger ist es für Blogger zu wissen, was das Urheberrecht eigentlich genau ist, was es schützt, was erlaubt ist und was nicht.
Was ist geschützt?
Grundsätzlich schützt das deutsche Urheberrecht „Werke“. Nach § 2 Abs. 2 des Urhebergesetzes (UrhG) sind das „persönlich geistige Schöpfungen“. Dazu gehören neben den klassischen Künsten wie die Malerei insbesondere auch Texte, Fotos, Filme, Musik, aber auch Computerprogramme. Eine Anmeldung ist, anders als z.B. bei Patenten oder Marken, nicht nötig. Das Werk ist von sich aus urheberrechtlich geschützt.
Nun ist aber natürlich nicht jeder beliebige Text geschützt. Es hätte wenig Sinn, auch die Einkaufsliste an der Kühlschranktür per Gesetz vor Kopieren oder Nachahmen zu schützen. Deshalb erfordert ein „Werk“ im Sinne des Urheberrechtes eine besondere „Schöpfungshöhe“. Es muss sich also bei dem Werk um etwas Besonderes handeln, was sich von der Masse abhebt. Das bedeutet aber nicht, dass nur große Kunst vom Urheberrecht erfasst ist. Auch Werke, die nur eher geringe schöpferische Qualität aufweisen, können vom Urheberrecht geschützt sein, solange sie sich nur vom Alltäglichen und reinen Handwerk abheben.
Zwar kommt es grundsätzlich auf die Qualität der Werke an und nicht auf die Quantität. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass sich etwa in einem kurzen Text nur sehr schwer eine wirkliche schöpferische Leistung unterbringen lässt. Ein Blogeintrag nach dem Motto „Ey, geiler Link“ reicht also definitiv nicht aus. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Link kann hingegen auch schon dann reichen, wenn sie nur wenige Zeilen lang ist – sofern sie eben nicht alltäglich ist.
Es gibt aber auch Ausnahmen. Zum Beispiel sind nach § 72 UrhG Fotos unabhängig von der schöpferischen Qualität geschützt. Ein Foto unterfällt also auch dann dem Urheberrecht, wenn es sich dabei nur um einen alltäglichen Schnappschuss handelt. Selbiges gilt auch für Videos. Und auch Computerprogramme sind geschützt, egal wie simpel die Funktion auch ist, die sie erfüllen.
Geschützt sind auch manche Datenbanken: Diese können nach § 87a UrhG bereits dann geschützt sein, wenn ihre Erstellung eine „wesentliche Investition“ erfordert hat. Dummerweise kann man einer Datenbank das nicht immer von außen ansehen. Eine kleine Excel-Datei mit wenigen Zeilen wird dazu wohl noch nicht gehören. Aber schon größere Linklisten oder gar Datenbanken mit Geodaten können vom Urheberrecht erfasst sein. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Datenbank im technischem Sinn handelt (z.B. Excel, Access oder MySQL) oder nur um eine einfache Liste, spielt dabei zunächst keine Rolle.
Welche Rechte hat ein Urheber?
Wer ein urheberrechtlich geschütztes Werk geschaffen hat, ist Urheber. Das muss nicht immer eine Person sein, auch mehrere Personen können gemeinsam Urheber eines Werkes sein.
Das deutsche Urheberrecht gibt Urhebern verschiedene Arten des Schutzes: Einerseits soll der kreative Geist des Urhebers geschützt werden (Urheberpersönlichkeitsrechte), andererseits soll ihm auch der Profit zustehen, die sich aus der Verwertung des Kunstwerks ergeben (Verwertungsrechte)
Hinter den Urheberpersönlichkeitsrechten steckt ein romantischer Gedanke: Ein Urheber steckt viel Arbeit, Kreativität und geistige Mühe in seine Werke. Das Werk soll deshalb auch „seins“ sein. Zu den Urheberpersönlichkeitsrechten gehört zum Beispiel das Recht, als Urheber eines Werkes anerkannt und genannt zu werden (§ 13 UrhG) oder der Schutz vor „Entstellung“ eines Werkes (§ 14 UrhG). Diese Rechte hat ein Urheber immer – er kann sie noch nicht einmal abtreten.
Andererseits berücksichtigt das Urheberrecht aber auch die finanziellen Aspekte, die immer mehr an Bedeutung erlangen: Urheber sollen schließlich auch von ihrer Arbeit leben können. Und viele Werke benötigen auch große Investitionen. Geschützt werden soll also nicht nur die „geistige Verbindung“ des Urhebers zu seinem Werk, sondern auch die Möglichkeit, mit seinem Werk Geld zu verdienen.
Die aus diesem Gedanken abgeleiteten Rechte nennt man Verwertungsrechte. Dazu gehört das Recht, ein Werk zu vervielfältigen (§ 16), es zu verbreiten (§ 17), auszustellen (§ 18) oder öffentlich zugänglich zu machen (§ 19a). Über diese Rechte kann der Urheber, im Unterschied zu den Urheberpersönlichkeitsrechten, frei verfügen. Er kann also anderen Lizenzen für einzelne oder für sämtliche Rechte einräumen. Das kann sogar so weit gehen, dass der Urheber selbst sein Werk nicht mehr benutzen darf, wenn er jemandem ein „exklusives“ Recht einräumt. Man merkt schon: hier geht es nicht um die persönliche Beziehung des Urhebers zu seinem Werk, sondern um schnöden Mammon. Trotzdem ist es natürlich dem Urheber selbst überlassen, ob er für eine Lizenz Geld verlangt, oder ob er nur Teile seiner Rechte abgibt (dazu auch weiter unten).
Auch die Bearbeitung eines Werkes ist nach § 23 UrhG geschützt. Selbst wenn ein Blogger also das Recht hat, ein fremdes Foto auf sein Blog zu setzen, heißt das noch lange nicht, dass er es auch bearbeiten darf. Schon das Hinzufügen eines Rahmens oder die Verwendung eines Bildausschnittes kann eine Bearbeitung sein. Selbst Thumbnails fallen streng genommen unter die „Bearbeitung“. Kritisch ist das vor allem bei Flickr-Mosaiken, wie Henning Krieg vor kurzem schon erläutert hat.
Eine Bearbeitung kann aber auch ausnahmsweise zulässig sein, nämlich dann, wenn es sich um eine „freie Bearbeitung“ nach § 24 UrhG handelt. Dabei geht es um die Fälle, wo das ursprüngliche Werk eigentlich nur als Vorlage für ein völlig neues Werk gedient hat. Es ist also nicht verboten, sich von anderen Anregungen zu holen. Sonderlich viel darf vom Original dann aber nicht übrig bleiben.
Lizenzen
Wenn die Grenze zur Schöpfungshöhe einmal überschritten ist, greift für alle Werke ein sogenanntes „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Das bedeutet, das Werk darf nicht mehr kopiert, bearbeitet oder sonst zugänglich gemacht werden – es sei denn vom Urheber selbst. Oder von denen, denen der Urheber eine Erlaubnis einräumt, meist gegen Geld. Diese Erlaubnis nennt man „Lizenz“. Wie bereits erwähnt, gibt es dieses Lizenzrecht aber nur für Verwertungsrechte. Die Urheberpersönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Namensnennung, sind untrennbar mit der Persönlichkeit des Urhebers verbunden und können deshalb nicht lizenziert werden.
In aller Regel sind solche Lizenzen einfache Verträge, in denen ein Urheber seine Rechte gegen eine entsprechende Gegenleistung auf jemand anderen überträgt. Auch freie Lizenzen wie die Creative Commons oder die GPL sind nach ganz überwiegender Auffassung Verträge, allerdings meist ohne eine entsprechende Gegenleistung (außer Ruhm und Ehre, was allerdings auch sehr lukrativ sein kann).
Ein Urheber muss natürlich nicht alle seine Rechte abtreten, er kann auch nur auf einen Teil davon verzichten oder die Rechte beschränkt übertragen. Zum Beispiel ist es möglich, ein Foto nur für die Veröffentlichung auf einem bestimmten Blog freizugeben. Die Veröffentlichung im Blog wäre dann erlaubt, bei Flickr aber zum Beispiel nicht.
Wenn nicht genau vereinbart ist, wofür genau in einer Lizenz Rechte eingeräumt werden, gilt der sog. „Zweckübertragungsgrundsatz“. Das heißt, ein Urheber räumt im Zweifelsfall immer nur so viele Rechte ein, wie es für den konkreten Vertrag erforderlich ist. Schließt ein Blogger also zum Beispiel mit einem Webdesigner einen Vertrag zur Erstellung einer Homepage, dürfen die vom Designer erstellten Grafiken im Zweifel nur auf diesem Blog benutzt werden – sie ungefragt als Creative Commons freizugeben oder als Template zu veröffentlichen, wäre nicht erlaubt – sofern natürlich nichts anderes vereinbart wurde oder sich aus den Umständen ergibt.
Schranken des Urheberrechts
Und auch wenn keine Lizenz vereinbart wurde, darf man in begrenztem Rahmen urheberrechtlich geschützte Werke nutzen. Dafür sieht das Urheberrecht sog. „Schrankenregelungen“ vor.
Die berühmteste Schrankenregelung ist wohl die Privatkopie aus § 53 UrhG. Danach dürfen urheberrechtlich geschützte Werke zum privaten Gebrauch kopiert werden. Hier greift eine wichtige Grenze: Die Vorlage der Kopie darf nicht „offensichtlich rechtswidrig hergestellt“ sein oder öffentlich zugänglich gemacht worden sein. Dateien aus Filesharing-Netzwerken dürfen also im Regelfall auch als Privatkopie nicht vervielfältigt werden. Das Recht auf Privatkopie bezieht sich allerdings auf die private Vervielfältigung, nicht auf das Verbreiten im Internet. Eine Privatkopie darf also nicht veröffentlicht werden. Die Vorschrift spielt für Blogs deshalb kaum eine Rolle.
Eine weitere und für Blogs besonders wichtige Schrankenregelung ist das Zitatrecht aus § 51 UrhG. Danach dürfen Teile von urheberrechtlich geschützten Werken kopiert und auch öffentlich zugänglich gemacht werden, wenn sie im Rahmen eines Zitats verwendet werden. Was das im Einzelnen bedeutet und wo die Grenzen des Zitatrechts liegen, werden wir im Laufe der Serie „Blogs & Urheberrecht“ noch erklären. Auch die Schranke der „Tagesaktuellen Berichterstattung“ aus § 50 UrhG werden wir noch erläutern. Nur kurz vorweg: Einfach einen Text kopieren und Anführungszeichen drumrum setzen, geht nicht!
Was können die Konsequenzen sein?
Was aber, wenn man sich nicht an die Regeln des Urheberrechts hält? In diesem Fall gibt das deutsche UrhG den Urhebern (und ihren Lizenznehmern) eine ganze Reihe von Möglichkeiten an die Hand, um sich gegen Rechtsverletzungen zu wehren.
Zunächst hat der Urheber nach § 97 Abs.1, 1. Halbsatz UrhG einen Beseitigungs- und, wenn „Wiederholungsgefahr“ besteht, auch einen Unterlassungsanspruch gegen den Verletzer. Der Urheber kann also verlangen, dass der Verletzer die Werke löscht und auch in Zukunft nicht mehr verwendet. Eine Wiederholungsgefahr besteht in fast allen Fällen und wird vermutet. Wichtig beim Unterlassungsanspruch: Es ist völlig egal, ob der Verletzer vorsätzlich oder auch nur fahrlässig gehandelt hat. Der Anspruch ist „schuldunabhängig“. Handelt der Verletzer zumindest fahrlässig, kann der Urheber nach dem 2. Halbsatz der Vorschrift zusätzlich Schadensersatz verlangen.
Wer vorsätzlich ein Werk rechtswidrig kopiert, bearbeitet oder öffentlich zugänglich macht, kann nach den §§ 106 ff. sogar strafrechtlich belangt werden. Wer kennt ihn nicht, den umstrittenen Werbespot: „Raubkopierer werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“.
Alles eine Frage der Details…
Diese Übersicht ist natürlich sehr grob und stellt nur die Grundlagen des deutschen Urheberrechts dar. Ganz bewusst sind viele Punkte vereinfacht dargestellt, und einige Feinheiten fehlen. In den kommenden Wochen werden wir viele Probleme noch genauer erläutern und zur Diskussion stellen.