Der BGH hat am Freitag entschieden, dass der Zeitungsvertrieb durch „stumme Verkäufer” grundsätzlich zulässig ist. Dies hatte der BGH im Jahr 1996 noch anders beurteilt (BGH GRUR 1996, 778 – Stumme Verkäufer).
Die Zeitungsverlage der „Berliner Zeitung”, des „Berliner Kurier” und des „Tagesspiegel” hatten gegen die Axel Springer AG geklagt, die die Zeitung „WELT KOMPAKT” herausgibt. Axel Springer verfügt in Berlin über einen Marktanteil von 50 %. Grund der Klage: Die Zeitung „WELT KOMPAKT” sollte zu einem Kaufpreis von 70 Cent auch über sog. „stumme Verkäufer” abgesetzt werden. Dabei handelt es sich um mechanische, ungesicherte Verkaufshilfen, also eine Art Verkaufsautomat. Die Kläger betrachteten das als wettbewerbswidrig: Die Zeitung „WELT KOMPAKT” sei quasi gratis erhältlich; Verbraucher würden durch die Möglichkeit, die Zeitung umsonst zu bekommen, übermäßig angelockt.
Wie schon die Berufungsinstanz wiesen die Karlsruher Richter die Klage und damit den begehrten Unterlassungsanspruch ab. Denn die Personen, die sich eine Zeitung unentgeltich nehmen, würden nicht unangemessen und unsachlich durch den Beklagten beeinflusst. Verbraucher, die sich durch freie Entscheidung zu einem solchen Diebstahl verleiten ließen, müssten nicht rechtlich geschützt werden.
Auch eine wettbewerbswidrige Marktstörung lehnte das Gericht ab und setzte sich damit über seine eigene Entscheidung aus dem Jahre 1996 hinweg: Der Vertrieb über stumme Verkäufer begründe keine ernstliche Gefahr, dass der Wettbewerb auf dem konkreten Markt erheblich eingeschränkt werde. Dabei kam der beklagten Springer AG zu Nutze, dass sie gegenüber den Klägern folgende Verpflichtung anerkannt hat: Auf den „stummen Verkäufern” werden deutliche Hinweise angebracht, dass eine Zeitung nur gegen Bezahlung des Kaufpreises entnommen werden dürfe. Diebstahl werde verfolgt und Kontrolleure seien im Einsatz.
Die Urteile in dieser Sache (Az. ZI ZR 180/07 und I ZR 188/07) liegen im Volltext noch nicht vor.