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BGH: Weitere Entscheidung zur Google-Bildersuche

Schon im Jahr 2010 hat sich der Bundesgerichtshof mit der Google-Bildersuche befasst. Heute hat er eine weitere Entscheidung zu der Frage veröffentlicht, ob Google ohne weiteres Vorschaubilder in seiner Suche anzeigen darf.

Der Fall

Fast jeder kennt die Google Bildersuche. Anstatt Webseiten als Suchergebnisse auszuspucken, bietet Google auch eine Suche speziell für Bilder im WWW an. Auf den Suchergebnisseiten werden dabei kleine Vorschaubilder (sog. Thumbnails) von den gefundenen Fotos angezeigt. Urheberrechtlich ist das ein Problem: Denn meist hat Google keine explizite Erlaubnis, die Fotos zu verwenden.


Screenshot der Google Bildersuche

Die Rechtslage

Schon im Jahr 2010 hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden, ob die Verwendung der Fotos in der Bildersuche erlaubt ist. Damals entschied der BGH: Wer Bilder frei ins Internet stellt, muss damit rechnen, dass diese von Suchmaschinen erfasst und indiziert werden. Wer Bilder ohne Schutz vor Suchmaschinen ins Netz stellt, erkläre deshalb stillschweigend, dass er mit der Nutzung der Bilder in Suchmaschinen einverstanden sei.

Die Veröffentlichung im Internet stellt nach der Konzeption des BGH eine „schlichte Einwilligung” dar. Die Rechte an den Bildern verbleiben also vollständig beim Urheber – er räumt Google keine Lizenz ein. Stattdessen erklärt er sich durch das Veröffentlichen der Bilder damit einverstanden, dass Google ausnahmsweise in seine Urheberrechte im Rahmen der Bildersuche eingreifen darf. Google verletzt also die Urheberrechte, der Eingriff ist aber gerechtfertigt. Soweit die Konstruktion des BGH bislang.

Die Entscheidung

Der aktuelle Fall hatte nun eine Besonderheit: Der Urheber des Bildes (ein Fotograf) hatte zwar bestimmten Webseitenbetreibern eine Lizenz eingeräumt, das Bild im Internet zu veröffentlichen. Dieses Bild war dann aber illegal von Dritten übernommen worden – und deren Webseiten hatte Google dann indexiert. Google hatte also Bilder aus einer illegalen Quelle in der Suchmaschine gelistet.

Trotzdem blieb der BGH bei seiner Linie. Auch in diesem Fall könne der Urheber nicht gegen die Verbreitung seiner Bilder durch Google vorgehen:

„Mit dem Einstellen von Abbildungen der Fotografie ins Internet haben diese Dritten durch schlüssiges Verhalten gegenüber den Betreibern von Suchmaschinen ihre schlichte Einwilligung zur Anzeige von Vorschaubildern der Abbildungen in Ergebnislisten von Bildersuchmaschinen erklärt. Da der Kläger diesen Dritten eine Lizenz zum Einstellen der Abbildungen ins Internet erteilt hat, ist ihre Einwilligung auch wirksam.”

Das bedeutet: Gelangt ein Bild rechtmäßig ins Internet, spielt es keine Rolle, welche Kopie davon in der Bildersuche gelistet wird. Liegt eine Einwilligung in die Nutzung des Bildes vor, gilt diese für alle weiteren Kopien – ob aus legaler oder illegaler Quelle. In den Worten des Bundesgerichtshofs:

„Die mit Zustimmung des Klägers erklärte Einwilligung in die Anzeige von Abbildungen der Fotografie als Vorschaubild ist nicht auf die Anzeige von Abbildungen der Fotografie beschränkt, die mit Zustimmung des Klägers ins Internet eingestellt worden sind.”

Die Folgen

Der BGH stellt sich wieder einmal schützend vor das Geschäftsmodell der Bildersuchen. Doch schon die erste Thumbnails-Entscheidung wurde immer wieder kritisch hinterfragt. Der Vorwurf: Der BGH hat eine pragmatische Lösung gesucht, um die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Denn bei konsequenter Anwendung des geschriebenen Urheberrechts stünde das gesamte System von Suchmaschinen vor kaum lösbaren Problemen.

Diese Kritik wird mit diesem Urteil erneut aufflammen. Hier wirkt die Konstruktion des BGH noch wackeliger als zuvor: Ja, Suchmaschinen greifen angeblich in Urheberrechte ein – aber nein, rechtswidrig sei dieser Eingriff nicht. Wer Bilder ins Internet stellt, erlaube die Nutzung der Bilder selbst dann, wenn die Bilder ohne Erlaubnis von Dritten kopiert werden. Diese Argumentation klingt alles andere als überzeugend.

Eine weitere Feuerprobe muss die Rechtsprechungslinie des BGH außerdem noch überstehen: Was, wenn der Urheber eines Bildes überhaupt nicht in die Veröffentlichung seiner Bilder im Netz eingewilligt hat? Was also, wenn z.B. ein illegaler Scan eines Bildes in der Google Bildersuche landet?

Und lassen sich die Argumente des BGH auch auf andere Problembereiche des Suchmaschinenrechts übertragen? Willigt man zum Beispiel mit der Veröffentlichung seiner Webseite in die Erstellung von Screenshots ein? Darf Google Kopien von Texten im Zwischenspeicher der Suchmaschine anlegen? In was willigt man eigentlich überhaupt ein, wenn man Dinge im Internet veröffentlicht? Die Rechtsprechung des BGH zu Thumbnails mag praxisgerecht sein. Eines ist sie aber sicher nicht: Vorhersehbar.

BGH, Vorschaubilder II im Volltext.
BGH, Vorschaubilder I im Volltext.
Telemedicus zur ersten Vorschaubilder-Entscheidung des BGH.

, Telemedicus v. 11.04.2012, https://tlmd.in/a/2237

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