Der BGH hat seine Verhandlungs- und Verkündigungstermine für die nächsten Monate veröffentlicht. Darunter sind gleich eine ganze Reihe von Verfahren, die medienrechtlich hoch interessant sind. Es folgt ein Überblick über die Verfahren mit Bezug zum Medien- und Internetrecht sowie die groben Hintergrundinformationen.
Datenbankschutz sui generis vs. amtliche Werke
Am 5. Februar verhandelt der BGH über einen Fall, in dem es um das Verhältnis zwischen dem Datenbankschutz sui generis und der Gemeinfreiheit amtlicher Werke geht. Ein Unternehmen sammelte europäische Zolltarife, die nach § 5 UrhG gemeinfrei sind, in einer Datenbank. Diese wurde von einem Konkurrenten kopiert. Unter den Instanzgerichten war strittig, ob eine Datenbank auch dann geschützt ist, wenn ihre Bestandteile aus gemeinfreien amtlichen Inhalten besteht. Der BGH soll nun für Klarheit sorgen. Wahrscheinlich ist jedoch, dass er die Frage dem EuGH vorlegen wird. Die Frage, ob eine Datenbank selbst Gegenstand eines amtlichen Werkes sein kann, liegt jedenfalls bereits seit einigen Jahren beim EuGH zur Entscheidung.
Korrektur: Anscheinend handelt es sich bei den europäischen Zolltarifen nicht um gemeinfreie Werke. So jedenfalls die aktuelle Pressemeldung zur Entscheidung des BGH. Insofern geht es bei der Entscheidung nur um die Entnahme der Daten aus einer kommerziellen Datenbank.
Zum Urteil des OLG Köln, das Gegenstand dieses Verfahrens ist.
Urheberrechtliche Fragen um Online-Videorecorder
Ebenfalls am 5. Februar verhandelt der BGH in drei Parallelverfahren, bei denen die urheberrechtliche Zulässigkeit von Online-Videorecordern geklärt werden soll. Das OLG Dresden hatte dabei eine Verletzung des Senderechts der entsprechenden Fernsehsender angenommen. Das Recht auf Privatkopien greife nicht, denn die Kopien würden nicht unmittelbar von den Nutzern, sondern durch die Betreiber der Online-Videorecorder vorgenommen. Außerdem werde der Jugendschnutz nicht ausreichend gewahrt, wenn die Betreiber auch Jugendlichen Zugang zu ihrem System ermöglichten. Die Betreiber hatten dagegen Revision beim BGH eingelegt.
Eines der Urteile vom OLG Dresden im Volltext.
Sabine Christiansen vs. „das neue“
Im April 2004 veröffentlichte die Zeitschrift „das neue“ private Fotos von der Moderatorin Sabine Christiansen. Diese ließ die Veröffentlichungen vom LG Berlin verbieten. Das Kammergericht wies die Berufung zurück und nun soll der BGH die Sache klären. Ob der Fall juristisch wirklich Neues zu bieten hat, wird sich zeigen. Auf den ersten Blick sieht jedoch alles nach einem klassischen Fall der Bildberichterstattung über Prominente aus. Die Verhandlung findet am 17. Februar statt.
Domain-Grabber: Domainstreit ahd.de
Ein weiteres Verfahren im Februar ist der Streit um die Domain ahd.de. Die Klägerin verwendet die Zeichen „ahd“ seit 2001 als „Unternehmensschlagwort“, betreibt ihre Internetseite aber unter einer anderen Domain. Die Beklagte hat die Domain seit 1997 registriert, ohne jedoch einen direkten Bezug zu der Buchstabenkombination zu haben. Erst seit 2002 waren jedoch auch Inhalte unter der Domain abrufbar. Die Vorinstanzen (LG und OLG Hamburg) hatten entschieden, dass die Beklagte frühestens mit Schaltung von Inhalten unter der Domain eigene Rechte daran erworben hätte. Somit seien die Kennzeichenrechte der Klägerin älter und hätten Vorrang. Die Verhandlung beginnt am 19. Februar.
Zum Urteil des OLG Hamburg.
Persönlichkeitsrechte bei Fernseh-Portraits
Im April 2005 strahlte RTL ein Portrait von Fürst Rainier von Monaco aus. Anlass war dessen Beerdigung zwei Tage zuvor. Der Kläger ist Enkel des Fürsten und wurde während des Beitrags in privaten Situationen gezeigt. Obwohl er anscheinend tendenziell positiv dargestellt wurde, verlangte er Unterlassung. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, RTL legte Revision ein. Verhandlungstermin ist der 10. März.
Fiktive Lizenzgebühr für Günter Jauch
Am 11. März geht es beim BGH um den Fernsehmoderator Günter Jauch. Dessen Foto wurde auf der Titelseite der „Super Illu“ mit einem Kreuzworträtsel im Hintergrund abgedruckt. Darunter stand in klein gedruckt, Jauch habe gezeigt, wie spannend ein Quiz sein könne. Weitere redaktionelle Inhalte zu Jauch enthielt die Zeitschrift nicht. Deshalb sah sich Jauch als Werbefigur missbraucht und klagte auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr. Die Vorinstanzen (LG und OLG Hamburg) sahen jedoch bereits in dem kurzen Hinweis einen ausreichenden redaktionellen Bezug. Der BGH soll diese Rechtsansicht nun überprüfen.
Zum Urteil des OLG Hamburg.
Ebay: Haftung für die Ehefrau?
Und wieder einmal hat sich der BGH mit Markenrechten bei Internetauktionen zu beschäftigen. Diesmal steht jedoch nicht „Internetversteigerung IV“ an, sondern es geht um die Frage, ob ein Ebay-Händler für Markenrechtsverletzungen haftet, die seine Ehefrau unter seinem Ebay-Account eingestellt hat. Das OLG Frankfurt hatte entschieden, dass der Händler nicht als Störer hafte, weil keine konkreten Prüfungspflichten bezüglich seiner Ehefrau bestanden. Jedenfalls was Markenrechtsverletzungen betrifft. Die Klägerin „Cartier“ hatte dagegen Revision eingelegt. Am 11. März steht die Verkündigung des Urteils an.
Kontrahierungszwang der GEMA
Am 22. April geht es um den Kontrahierungszwang der GEMA gem. § 11 UrhWG. Ein Unternehmen verlangt von der GEMA eine Lizenz für eine CD von Xavier Naidoo. Dieser hatte jedoch in eine Veröffentlichung in Deutschland nie eingewilligt und sah in einer Lizenz durch die GEMA eine Verletzung seines Urheberpersönlichkeitsrechtes. Das LG München hatte der Klage des Unternehmens auf Erteilung einer Lizenz jedoch statt gegeben. Denn § 11 UrhWG sähe keine Ausnahmen vom Kontrahierungszwang vor. Das OLG München hatte indes festgestellt, dass unter Berücksichtiung aller Interessen im Einzelfall dennoch Ausnahmen möglich seien. Der BGH soll nun für endgültige Klarheit sorgen.
Affiliatehaftung: Endlich Klärung durch den BGH?
Erstmals ist auch ein Fall der Affiliate-Haftung Gegenstand einer BGH-Entscheidung. Im konkreten Fall hatte ein Webseitenbetreiber (Affiliate) ein fremdes Markenzeichen als Meta-Tag verwendet. Auf seiner Internetseite schaltete er Werbung für die Beklagte (Merchant). Der Inhaber dieses Markenzeichens verlangte nun vom Merchant Unterlassung. Das OLG Köln gab der Klage statt – der Affiliate sei „Beauftragter“ des Merchants im Sinne von § 14 Abs. 7 MarkenG. Das Gericht schloss sich damit der wohl überwiegenden Rechtsprechung unter den Land- und Oberlandesgerichten an. Ob diese nun auch vor dem BGH Bestand hat, wird sich frühestens am 10. Juni zeigen, wenn dort die Verhandlung beginnt.
Zum Urteil des OLG Köln.
Werbung in Preissuchmaschinen ohne Versandkosten?
Am 16. Juli steht die Frage zur Verhandlung, ob die Werbung ohne Hinweis auf Versandkosten in Preissuchmaschinen wettbewerbswidrig ist. Im konkreten Fall geht es die Produktsuche von Google („froogle“). Dort führte ein Online-Shop zwar seine Produkte und die dazugehörigen Preise auf, nicht jedoch die Versandkosten. Die Instanzgerichte sahen darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.
Zur Pressemeldung des BGH, u.a. mit weiteren Verhandlungen deren Termin noch nicht feststeht.