Der BGH hat seine Verhandlungs- und Verkündungstermine für die Monate hauptsächlich bis Jahresende veröffentlicht. Darunter sind wieder eine Reihe von Verfahren, die medienrechtlich interessant sind. Es folgt ein ausgewählter Überblick über die Verfahren mit Bezug zum Medien- und Internetrecht.
Gebrauchte Windows-Software
Am 6. Oktober verhandelt der BGH eine Klage der Microsoft Corporation (Az. I ZR 6/10). Dabei geht es erneut um den Handel mit einer OEM-Version ihrer Betriebssytem-Software „Windows“. Dabei handelt es sich um eine vorinstallierte Version auf der Festplatte, die zugleich mit einem Rettungsexemplar der Software auf einem gesonderten Datenträger (Recovery-CD) ausgeliefert wird („Bundle“). Die Echtheitszertifikate sind in einem solchen Fall auf dem Computer aufgeklebt. Die Beklagte erwarb nun solche Recovery-CDs sowie von den Computern abgelöste Echtheitszertifikate von Gebraucht-Computerhändlern. Die Aufkleber brachte sie an den Datenträgern an und verkaufte die Software weiter. Teilweise wurden auch solche Aufkleber und Datenträger zusammengeführt, die ursprünglich nicht aus dem selben „Bundle“ stammten. Darin sieht Microsoft eine Markenverletzung: nur sie selbst dürfe die Echtheit ihrer Produkte beurteilen.
Kündigung eines Pressegrossisten durch den Bauer-Verlag
Am 18. Oktober verkündet der BGH das Urteil in einem Streit zwischen einem deutschen Zeitschriftenverlag und einem Presse-Grosso-Unternehmen. Dieses wehrt sich als Klägerin gegen die Kündigung ihres Vertriebsvertrages mit dem beklagten Verlag. Zeitungen und Zeitschriften werden in Deutschland auf der Grundlage des Presse-Grosso-Systems vertrieben. Dabei bezieht der Pressegroßhandel Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen und liefert diese an rund 120.000 Einzelhandels-Verkaufsstellen. Ursprünglich hatte die Klägerin Verkaufsstellen in bestimmten Landkreisen mit Zeitschriften der Beklagten beliefert. Nach der Kündigung des Vertrages vertrieb die Beklagte ihre Zeitschriften in den Gebieten selbst. Dagegen wehrt sich nun die Klägerin, nachdem sie erstinstanzlich Recht bekam, die Kündigung in der Berufungsinstanz jedoch für wirksam erachtet wurde.
Bildersuche bei Google
Am 19. Oktober verhandelt der BGH einen Rechtsstreit zwischen einem Fotografen und Google. Dabei geht es abermals um Vorschaubilder in der Google-Bildersuche. Der klagende Fotograf ist Urheber eines Lichtbildes, das bei Google in der Bildersuche als verkleinertes Vorschaubild gefunden werden kann. Darin sieht er eine Verletzung seiner Urheberrechte und nimmt die Beklagte unter anderem auf Unterlassung in Anspruch. Erstinstanzlich wurde dem Kläger Recht gegeben. Das Berufungsgericht wies die Klage hingegen insgesamt unter Hinweis auf die Entscheidung „Vorschaubilder“ ab.
Telemedicus zur Entscheidung „Vorschaubilder“.
Rotes Stofffähnchen an Jeans-Hosen
Ebenfalls am 19. Oktober verhandelt der BGH eine Klage der ältesten Jeans-Herstellerin der Welt gegen die Betreiberin eines Kleidungsunternehmens. Die Klägerin ist Markeninhaberin einer Positionsmarke. Geschützt ist ein rotes rechteckiges Label aus textilem Material, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht. Die Beklagte brachte seit November 2001 Jeanshosen auf den Markt, die ein ähnliches Stofffähnchen an der rechten Außennaht im oberen Drittel der rechten Gesäßtasche vorweisen. Die Klägerin sieht dies als Markenverletzung an. Nachdem der BGH die Sache bereits einmal an das Berufungsgericht zurückverwiesen hatte, muss er sich nun erneut mit der Verwechslungsgefahr und dem Beklagtenantrag auf Klageabweisung auseinandersetzen.
Verletzung des Namensrechts öffentlich-rechtlicher Stellen
Am 27. Oktober verhandelt der BGH einen Streit um das Namensrecht des Freistaates Bayern. Dieser klagt gegen die DENIC, die sechs Domains an ein Unternehmen in Panama registriert hat. Diese Domains enthalten jeweils das Wort „regierung“ in Verbindung mit dem Namen jeweils eines Regierungsbezirks des Klägers. Der Kläger verlangt Aufhebung der Registrierung. Angelehnt an die Entscheidung „ambiente.de“ haben die Vorinstanzen jeweils bereits im Sinne des Klägers geurteilt.
Magenta-Markenwirrwarr
Am 9. November verhandelt der BGH über die Schutzfähigkeit der Marke „magenta“. Bereits 1995 beantragte die jetzige Markeninhaberin die Eintragung dieser Marke. Nachdem ihr Antrag zurückgewiesen wurde, landete der Streit zunächst vor dem Bundespatentgericht und später beim BGH. Nach dessen Entscheidung hob das Bundespatentgericht den Zurückweisungsbeschluss des DPMA auf, sodass die Marke schließlich eingetragen wurde. Dagegen wehrte sich die Löschungsantragstellerin vor dem DPMA, das die Löschanträge jedoch zurückwies. Diese Entscheidungen hat das Bundespatentgericht wiederum teilweise aufgehoben. Der BGH hat nun im Rahmen des Rechtsbeschwerdeverfahrens insbesondere darüber zu entscheiden, ob die Löschungsanträge bereits deswegen unzulässig sind, weil einer Löschung die vorherigen gerichtlichen Entscheidungen und ein Vertrauensschutz der Markeninhaberin entgegenstehen könnten.
Einkauf Aktuell – Staatsferne der Presse
Am 15. Dezember verhandelt der BGH einen Streit zwischen einigen klagenden Interessenverbänden der Zeitungs- und Anzeigenblattverleger und der Deutschen Post AG. Die Beklagte verteilt wöchentlich eine Werbezeitschrift mit dem Titel „Einkauf Aktuell“. Hierin finden sich neben einer Fernsehprogrammvorschau auch andere redaktionelle Inhalte. Weil sich die Beklagte aber weitgehend in öffentlicher Hand befinde, empfinden die Kläger dies als Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse. Der BGH wird unter anderem entscheiden müssen, ob er wie die Vorinstanz die Beklagte nicht als Normadressat des Gebots der Staatsferne ansieht, da sie möglicherweise rein privatwirtschaftliche Leistungen erbringe und eine staatlich beherrschende Einflussnahme ausgeschlossen sei.
Namensnennung der Sedlmayr-Mörder im Internet
Der Streit über die Namensnennung der Mörder von Schauspieler Walter Sedlmayr in Pressearchiven geht weiter. Der Kläger wurde im Jahr 1993 wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Jahre 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Daraufhin ging er gegen eine Berichterstattung über den Mord vor, die zeitweise auf einer österreichischen Internetseite abrufbar war. Der Text nannte seinen vollen Namen und führte wahrheitsgemäß aus, er wende sich mittels einer Verfassungsbeschwerde gegen die Veruteilung. In dem Rechtsstreit geht es vor allem um die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen ausländischer Anbieter. Vor gut zwei Jahren wurde die Frage dem EuGH vorgelegt. Ein Verhandlungstermin ist seitens des BGH immer noch nicht bestimmt.
Allgemeines Persönlichkeitsrecht vs. Pressefreiheit
Noch immer keinen konkreten Verhandlungstermin gibt es in einem Streit zwischen Ernst August Prinz von Hannover und einem Presseverlag. Der Verlag veröffentlichte einen Artikel, der darüber berichtete, wie der Prinz eine Ferienwohnung in Kenia mietete. Illustriert war der Text mit einem Bild des Prinzen und seiner Ehefrau auf einer belebten Straße. Gegen die Berichterstattung wehrt sich der Kläger und verlangt, dass die Aufnahme nicht erneut veröffentlicht wird. Bereits 2007 landete der Streit vor dem BGH, der der Klage stattgab. Im Juni 2008 hob allerdings das Bundesverfassungsgericht das Urteil des BGH auf. Dieser muss nun erneut unter Berücksichtigung der Ausführungen des BVerfG verhandeln.