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BGH: Patentnutzung bei Monopolen auch ohne Lizenz möglich

Gestern hat der BGH entschieden (KZR 39/06 – Orange-Book-Standard), dass ein marktbeherrschender Patentinhaber unter bestimmten Voraussetzungen seine Ansprüche gegen unbefugte Patentnutzer nicht durchsetzen darf. In diesen Fällen kann der Nutzer einen sog. „kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand“ geltend machen. Dazu muss er nachweisen, dass er eine Lizenz beantragt hat, dass sie ihm vom Rechteinhaber verweigert wurde und dass diese Verweigerung gegen das Kartellrecht verstößt.

Ein solcher Verstoß liegt gemäß §§ 19, 20 GWB dann vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Stellung missbraucht, also insbesondere wenn es Konkurrenten ohne sachlichen Grund diskriminiert oder behindert. Im vorliegenden Fall hat der Kartellsenat – wie auch die Vorinstanzen – Auskunfts- und Schadensersatzansprüche des Patentinhabers aber dennoch bejaht, weil das verklagte Unternehmen die (fiktive) Lizenzgebühr nicht bezahlt hat.
Grundlagenpatente verpflichten

Die Beklagten hatten mehrfach beschreibbare optische Datenträger (CD-R und CD-RW) hergestellt, ohne die dafür notwendigen Lizenzen von Philips zu besitzen. Philips ist Inhaber eines für diese Produktion unbedingt notwendigen Grundlagenpatents und hat in dieser Hinsicht eine marktbeherrschende Stellung inne. Das Unternehmen hat mehreren Herstellern die Nutzung dieses Patents in Basis-Lizenz-Verträgen erlaubt, von den Beklagten jedoch eine höhere Lizenzgebühr gefordert. Die machten geltend, damit würde Philips seine Stellung missbrauchen und sie diskriminieren. Die Beurteilung dessen hat der BGH hier offen gelassen, in der Pressemitteilung heißt es aber generell:

„Der Patentinhaber darf ein Unternehmen, das einen Lizenzvertrag abschließen will, um auf einem von der Benutzung des Patents abhängigen Markt Produkte anbieten zu können, nicht dadurch diskriminieren, dass er von diesem Unternehmen ohne sachlichen Grund höhere Lizenzgebühren als von anderen fordert. Verstößt der Patentinhaber gegen dieses Diskriminierungsverbot, ist ihm die Durchsetzung des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs verwehrt. Die Klage aus dem Patent stellt dann ebenso wie die Weigerung, den angebotenen Lizenzvertrag abzuschließen, einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar.“

Abschlusszwang bei Monopolstellung

Aus diesen Kartellrechtsverstößen folgt ein Abschlusszwang, den das diskriminierte Unternehmen auch auf dem Klageweg durchsetzen kann. Deswegen ist es möglich, auch schon vor Vertragsschluss einen solchen zu fingieren; dann muss aber nicht nur der Patentinhaber die Nutzung dulden – vielmehr muss sich auch der Patentnutzer so stellen lassen, als wäre der Vertrag zustande gekommen. Das bedeutet, dass er in erster Linie auch zur Zahlung der Lizenzgebühren verpflichtet ist. Zumindest muss er sie aber sicher hinterlegen. Verletzt er diese Pflicht, ist auch der Patentinhaber nicht mehr zur Duldung verpflichtet und kann dann demnach seine Ansprüche geltend machen.

Umstritten ist die Frage, wie die Höhe der Gebühren berechnet wird. Die Frage nach der Angemessenheit spielt dabei jedoch erst in einem möglichen Folgeprozess eine Rolle. Zunächst muss geklärt werden, ob ein ausreichender Betrag für die Lizenzgebühr hinterlegt worden ist. Der Patentinhaber kann nämlich hier nur zu einer Festsetzung nach billigem Ermessen verpflichtet werden. Vorliegend hat sich der BGH darauf beschränkt, festzustellen, dass die Beklagten nicht einmal die Gebühr hinterlegt hatten, die sie nach ihrer eigenen Ansicht Philips schuldeten.

Die Entscheidung liegt noch nicht im Volltext vor.

Zur Pressemitteilung des BGH.

, Telemedicus v. 07.05.2009, https://tlmd.in/a/1291

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