Ein Gastbeitrag von Phillip Hofmann.
Der erste Zivilsenat des BGH hat in seinem Revisionsurteil vom 5. Juni 2008 entschieden: Wird das Persönlichkeitsrecht einer prominenten Person durch die einwilligungslose Verwendung ihres Namens in Werbeanzeigen betroffen, so muss es hinter der Meinunsfreiheit zurück treten – jedenfalls sofern der Schutzbereich der Meinungsfreiheit wegen des öffentlichen Interesses eröffnet ist und keine Beeinträchtigung der ideellen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts angenommen werden kann. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche wurden somit für unbegründet erachtet.
Im vorliegenden Fall wehrten sich Dieter Bohlen (AZ: I ZR 223/05) und Ernst August Prinz von Hannover (AZ: I ZR 96/07) gegen die unerlaubte Verwendung ihrer Namen im Rahmen einer Werbekampagne des Tabakkonzerns „British American Tobacco“ aus dem Jahre 2000.
„Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher.“
In einem Fall bewarb dieser seine Zigarettenmarke „Lucky Strike“, indem er zwei Zigarettenschachteln abbildete, an denen ein schwarzer Filzstift lehnte. Auf der Schachtel selbst stand der Schriftzug: „Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher“, wobei einige Wörter geschwärzt, aber noch leserlich waren. Angespielt werden sollte auf die Schwierigkeiten Dieter Bohlens bei der Veröffentlichung seines Buches „Hinter den Kulissen“ im Jahre 2000, welches nach zahlreichen, beim LG Hamburg erwirkten Verfügungen nur in entschärfter Fassung vertrieben werden konnte.
In dem zweiten Fall druckte der Konzern eine verbeulte Zigarettenschachtel ab und formulierte diesbezüglich die Frage: „War das Ernst? Oder August ?“. Hierin lag eine Bezugnahme auf die gewalttätigen Eskapaden, die der Welfe zu dieser Zeit vorzuweisen hatte. Die Kläger, die der Verwendung ihrer Namen in dieser Form nicht zugestimmt hatten, klagten auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr.
„Zwangskommerzialisierung“ von Bohlen und Ernst August?
Das OLG Hamburg sprach den Klägern in der Berufung schließlich Beträge in Höhe von 60.000 € (Ernst August von Hannover) und 35.000 € (Dieter Bohlen) zu. Der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hob dieses Urteil nun unter dem Gesichtspunkt der überwiegenden Meinungsfreiheit auf und verneinte die Zahlungsansprüche der Kläger. Diese hatten sich auf den Standpunkt einer unzulässigen „Zwangskommerzialisierung“ ihrer Person gestellt und darin eine rechtswidrige Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts gesehen.
Werbung von öffentlichem Interesse
Wie schon in der Lafontaine-Entscheidung aus dem Oktober 2006 (vgl. GRUR 2007, 139) nahm der BGH hierbei die Unterscheidung zwischen reiner Aufmerksamkeitswerbung, und der Zuordnung der Werbeanzeige zu einer Auseinandersetzung mit einer Frage von öffentlichem Interesse vor. Unter reiner Aufmerksamkeitswerbung versteht das Gericht eine Werbung, des Produkts, die nur der Anpreisung des eigenen Produktes unter Schaffung positiver Assoziationen mit dem „Werbeträger“ dient.
Der damalige Fall drehte sich um eine Autowerbung der Firma Sixt aus dem Frühjahr 1999. Diese hatte im Rahmen einer Zeitungsanzeige die Portraitfotos der 16 Mitglieder der damaligen Bundesregierung abgebildet. Das Bild des damals just zurückgetretenen Bundesfinanzministers war hierbei durchgestrichen, aber weiterhin erkennbar. Versehen waren die Anzeige mit dem Slogan: „Sixt verleast auch Autos für Mitarbeiter in der Probezeit“. Der BGH entschied als Ergebnis einer Güterabwägung, dass der Betroffene die Nutzung des Bildnisses hinzunehmen habe, da ihr infolge der satirischen Auseinandersetzung mit politischem Tagesgeschehen ein höherer Schutz zuzubilligen sei als den betroffenen vermögenswerten Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts des Klägers Lafontaine.
Im vorliegenden Fall stellte der BGH fest, dass die Anzeige zwar nicht der Auseinandersetzung mit historisch-politischem Geschehen diene. Das Recht auf freie Meinungsäußerung umfasse jedoch auch unterhaltende Beiträge, die sich in „satirisch-spöttischer“ Form mit Belangen von allgemeinem öffentlichem Interesse beschäftigen. Ein solches Informationsinteresse liege vor, da Geschehnisse thematisiert würden, die die Öffentlichkeit zu jener Zeit beschäftigten. Dass hierbei auch Werbezwecke verfolgt werden, kann die so hergeleitete Qualität und Schutzfähigkeit der Äußerung nicht schmälern.
Abwägung: Persönlichkeitsrecht gegen Meinungsfreiheit
Im Rahmen der erforderlichen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der von der Werbung Betroffenen und der in Art. 5, I GG geschützten Meinungsfreiheit der Werbenden müsse ersteres zurücktreten, da nur die vermögenswerten, verfassungsrechtlich nicht verankerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts betroffen seien. Es entstehe nicht der Eindruck, dass sich die Kläger mit dem Produkt identifizierten. Auch eine Erniedrigung ihrer Personen sei in den Anzeigen nicht zu erkennen. Eine Beeinträchtigung ideeller Bestandteile komme somit nicht in Betracht.
Der BGH folgerte, dass die Betroffenen die Nennung ihrer Namen im Rahmen der Werbeanzeige hinnehmen müssten und verneinte die geltend gemachten Zahlungsansprüche.
Zum Autor: Phillip Hofmann studiert Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg. Er ist studentische Hilfskraft von Prof. Dr. Trute am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikationsrecht.