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BGH: Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht

In einem Urteil vom 15. Februar 2007 entschied der BGH, dass eine markenrechtliche Erschöpfung eintritt, wenn der Markeninhaber die Markenware (hier Parfumtester) einem Dritten zum Verbrauch zu Werbezwecken durch beliebige Dritte überlässt. Die Erschöpfung sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil auf dem Markenprodukt auf dessen Unverkäuflichkeit hingewiesen wurde.

Klägerin des Rechtsstreits ist eine Herstellerin und Markeninhaberin von Parfumprodukten. Zur Verkaufsunterstützung überlässt sie ihren Abnehmern (sog. Depositäre) Parfumtester. Die Test-Artikel enthalten die Original-Produkte in einfacherer Verpackung und sind mit dem Hinweis auf Unverkäuflichkeit versehen. Die Beklagten sind Inhaber des Internet-Auktionshauses eBay. Auf ihrer Plattform wurden Parfumtester der Klägerin zum Verkauf angeboten. Diese Angebote sieht die Klägerin als Markenrechtsverletzung an, da durch die Überlassung der Tester an die Depositäre keine Erschöpfung eingetreten sei. Als Betreiber der Plattform müssten die Beklagten haften. Die Klage ist auf Unterlassung der Verbreitung von Angeboten ihrer Parfum-Tester durch eBay gerichtet.

Der Erschöpfungsgrundsatz im Markenrecht

Der streiterhebliche Erschöpfungsgrundsatz des § 24 I MarkenG hat den Zweck, die widerstreitenden Interessen des Markenschutzes und des freien Warenverkehr auszugleichen. Daher soll der Markeninhaber das ausschließliche Recht haben, das erste „Inverkehrbringen“ der Marke auf den Markt der Europäischen Gemeinschaft zu kontrollieren. Ein Inverkehrbringen ist nach der Rechtsprechung des EuGH anzunehmen, wenn der Markeninhaber die Verfügungsgewalt über die Markenware auf einen Dritten übertragen und dadurch den wirtschaftlichen Wert der Marke realisiert hat.

Mit der Überlassung der Parfumtester an die Depositäre und der Weitergabemöglichkeit an die Verbraucher hat die Klägerin nach Ansicht des BGH ihre Verfügungsgewalt auf Dritte übertragen. Außerdem habe sie den wirtschaftlichen Wert der Ware realisiert, indem der Vertrieb ihren Werbezwecken dient. Eine Erschöpfung sei also eingetreten.

Die Erschöpfung kann, so der BGH, nicht durch eine Vereinbarung zwischen Klägerin und den Depositären ausgeschlossen werden: Eine solche Vereinbarung betreffe nur das Verhältnis zwischen den Vertragsparteien.
Auf Eigentumsverhältnisse komme es beim markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz nicht an. Daher könne auch nicht der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz herangezogen werden, wonach das Vermietrecht nicht der Erschöpfung durch Veräußerung von urheberrechtlich geschützten Werken unterliegt (§ 17 II UrhG).
Auch der Hinweis der Unverkäuflichkeit auf den Parfumtestern sei für eine markenrechtskonforme Weiterveräußerung unerheblich.

Ausschluss der Erschöpfungswirkung § 24 II MarkenG

Eine Erschöpfungswirkung tritt nicht ein, wenn der Markeninhaber sich dem weiteren Vertrieb der Markenware aus berechtigten Gründen widersetzt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Zustand der Ware nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert wird. Dergleichen sei jedoch nicht erfolgt: Die einfachere Aufmachung der Tester habe die Klägerin selbst veranlasst. Auch der Verkauf einer als unverkäuflich gekennzeichneten Ware stelle keine Veränderung dar.
Eine ebenfalls als „berechtigter Grund“ im Sinne des § 24 II MarkenG anerkannte Rufschädigung habe die Klägerin nicht dargelegt.

Zuvor hatte bereits das Landgericht Hamburg die Klage abgewiesen, auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg.

Das Urteil im Volltext.

, Telemedicus v. 25.08.2007, https://tlmd.in/a/372

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