Haftet der One-Click-Hoster Rapidshare für die Inhalte seiner Kunden? Diese Frage beschäftigt deutsche Gerichte seit vielen Jahren. Die Antwort fiel stets sehr unterschiedlich aus. Zuletzt machte das OLG Hamburg eine Kehrtwende bei seiner Rechtsprechung, doch klar ist die Lage noch lange nicht.
Gestern hat nun der Bundesgerichtshof über die Haftung von Rapidshare entschieden. Geklärt ist damit aber immer noch nichts.
Das Geschäftsmodell von Rapidshare in aller Kürze: Nutzer können bei Rapidshare Dateien hochladen. Zu ihren Dateien erhalten sie dann einen Link, den sie beliebig weiterverbreiten können – oder auch nicht. Was mit einer Datei geschieht, liegt ganz in der Hand des Nutzers, der sie hochgeladen hat. So ist Rapidshare zum Beispiel prima für Backups privater Dateien geeignet – oder für Raubkopien.
Geld verdient Rapidshare mit Premium-Nutzern. Deren Dateien bleiben länger gespeichert, als bei nicht zahlenden Kunden. Und auch der Download von Dateien gestaltet sich bedeutend schneller und einfacher. Das juristische Problem bei Rapidshare: Was, wenn Nutzer illegale Dateien hochladen und weiterverbreiten? Kann Rapidshare dafür zur Verantwortung gezogen werden?
Schon seit über fünf Jahren befassen sich Gerichte mit der Haftung von Rapidshare. Die meisten Verfahren fanden in Hamburg und Düsseldorf statt. Dabei vertrat das OLG Hamburg bis vor Kurzem eine extrem harte Linie: Das Geschäftsmodell von Rapidshare sei nicht schutzwürdig, der Hoster müsse alle geeigneten Maßnahmen treffen, um Raubkopien zu verhindern. Liberaler zeigte sich dagegen das OLG Düsseldorf: Bis auf wenige Ausnahmen seien dem Hoster gar keine Prüfungspflichten zuzumuten.
Eines der Verfahren vor dem OLG Düsseldorf über das Computerspiel „Alone in the Dark“ landete nun beim Bundesgerichtshof. Dieser wählte nun offenbar eine Art Mittelweg zwischen strenger Hamburger und freizügiger Düsseldorfer Ansicht. Aus der Pressemeldung:
„Im Streitfall war es […] grundsätzlich nicht ausreichend, dass die Beklagte die ihr konkret benannte rechtsverletzende Datei gesperrt hatte. Vielmehr musste sie auch das technisch und wirtschaftlich Zumutbare tun, um – ohne Gefährdung ihres Geschäftsmodells – zu verhindern, dass das Spiel von anderen Nutzern erneut über ihre Server Dritten angeboten wurde. Diese Pflicht hat die Beklagte möglicherweise verletzt, weil sie keinen Wortfilter für den zusammenhängenden Begriff „Alone in the Dark“ zur Überprüfung der bei ihr gespeicherten Dateinamen eingesetzt hatte.”
Konkret soll es Rapidshare demnach zumutbar sein, eine „beschränkte Anzahl” von Linklisten zu überwachen, in denen illegale Dateien bei Rapidshare verbreitet werden. Auch Wortfilter, mit denen Dateinamen von Uploads überprüft werden, sollen Rapidshare offenbar einsetzen müssen. Das einfache Löschen einer Datei reicht nicht. Rapidshare soll darüber hinaus alles „technisch und wirtschaftlich Zumutbare” tun, um auch einen erneuten Upload der Datei zu verhindern. Was nun aber genau zumutbar ist und was nicht, muss erneut das OLG Düsseldorf entscheiden. Das BGH verwies den Streit an das Gericht zurück.
Sonderlich viel schlauer ist man aktuell also nicht. Denn die alles entscheidende Frage ist und bleibt die Zumutbarkeit von Sperrmaßnahmen. Denn wie so oft haben alle Techniken gegen Raubkopien massive Nachteile: Wortfilter können illegale Dateien beispeilsweise nicht von legalen Backups unterscheiden. Die Überwachung von Linklisten ist aufwändig und lückenhaft, das Scannen von ganzen Dateiinhalten zu rechenintensiv. Es gibt dutzende theoretische Möglichkeiten, die es genauer zu betrachten gilt.
Hinzu kommt: Der Europäische Gerichtshof hat in letzter Zeit immer wieder betont, dass bei allen möglichen Sperrmaßnahmen keine Quasi-Vorabprüfungspflicht entstehen darf. Ob Hoster oder Internet-Provider: Sie alle sind prinzipiell nicht verpflichtet, nach illegalen Inhalten aktiv zu forschen. Was der BGH dazu sagt, wird die Urteilsbegründung hoffentlich zeigen. Klar ist aber: Das Thema Rapidshare ist längst nicht vom Tisch.
Zur Pressemeldung des Bundesgerichtshofs.
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