Auf wen kommt es an, wenn die charakteristischen Merkmale der Marke „Duff Beer” zu bestimmen sind – auf den gestandenen Simpsons-Fan oder den durchschnittlichen Bierkäufer? Mit dieser Frage hatte sich der BGH Ende letzten Jahres zu befassen. Gestern ist die Entscheidung im Volltext erschienen.
Seit 1999 ist „Duff BEER” – bekannt aus der Serie „Die Simpsons” – eine eingetragene Wort-/Bildmarke in Deutschland. Der Inhaber dieser Marke vertrieb zwischen 2004 und Juli 2009 unter diese Marke Flaschenbier. Das Etikett dieser Flaschen enthielt zwar den Namen „Duff Beer”, die Gestaltung war jedoch abweichend von der eingetragenen Marke.
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(Rechts: Die eingetragene Marke, links: Das Etikett der Flaschen,
Abbildungen: BGH, Urt. v. 05.12.2012, Az. I ZR 135/11*)
Gegen diese Marke gingen seit 2009 zwei Unternehmen vor: Der Inhaber einer ähnlichen Marke sowie „ein amerikanisches Filmunternehmen”, das Rechte aus der Fernsehserie „Die Simpsons” (seit 1991 in Deutschland ausgestrahlt) herleitete.
Ihr Argument: Die Marke sei nicht rechtserhaltend benutzt worden und müsse deshalb gelöscht werden. Hintergrund: Nach § 26 MarkenG darf eine Marke nicht nur im Markenregister vor sich hin schlummern, sondern muss für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, auch ernsthaft benutzt werden. Ist das nicht der Fall kann in bestimmten Fällen von dem Inhaber der Marke die Einwilligung in die Löschung verlangt werden.
Damit stellte sich das Problem: Wurde die Wort-/Bildmarke „Duff BEER” benutzt, obwohl das Etikett der verkauften Flaschen nicht identisch mit der Marke war? Das Landgericht Nürnberg-Fürth entschied im Jahr 2010: Nein, die Marke wurde nicht benutzt, der Inhaber muss der Löschung zustimmen. Im Jahr 2011 entschied das OLG Nürnberg das Gegenteil – die Marke wurde benutzt und muss nicht gelöscht werden. Auf die Revision der Kläger war nun der BGH am Zug.
Der BGH Entschied nun Ende 2012: Duff ist Duff – unabhängig vom Etikett.
Grundsätzlich kann eine Marke auch dann rechtserhaltend benutzt werden, wenn die Benutzung nicht identisch mit der eingetragenen Marke ist. Entscheidend ist, dass die Abweichungen den „kennzeichnenden Charakter” der Marke nicht verändern. Worin besteht also der kennzeichnende Charakter der Marke Duff Beer? Maßgeblich sind dabei die angesprochenen Verkehrskreise.
Die Kläger hatten argumentiert, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Marke aus der Fernsehserie kennen. Für sie sei der charakteristische Schriftzug der Marke Duff deshalb von besonderer Bedeutung. Es sei ein Fall der „umgekehrten Produktplatzierung”: Duff Bier ist durch die Fernsehserie überhaupt erst zur Marke geworden – also muss die Marke aus der Serie auch Maßstab für den kennzeichnenden Charakter sein. Das Landgericht hatte das ähnlich gesehen.
Der Beklagte und auch das OLG Nürnberg hatten dagegen gehalten, dass es nicht auf die Kenner der Fernsehserie ankomme, sondern auf den verständigen Durchschnittsverbraucher – nicht der Simpsons-Fan ist entscheidend, sondern der Durchschnittsbiertrinker. Und der durchschnittliche Bierkonsument würde das Etikett hinreichend mit der eingetragenen Marke assoziieren.
Dieser letzten Ansicht schloss sich der BGH an:
„Für die Beurteilung ist daher auf das Verständnis des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen erwachsenen Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Dabei sind nur bei kleineren Teilen des Verkehrs vorhandene Spezialkenntnisse nicht zu berücksichtigen […].
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass der normal informierte Durchschnittsverbraucher weiß, dass mit „Duff Beer“ das bevorzugte Biergetränk der Hauptfigur in der Zeichentrickserie „The Simpsons“ bezeichnet wird und wie das Etikett dieses fiktiven Produkts aussieht.”
Der BGH bestätigt also: Das Etikett mag nicht identisch mit der Marke sein, der kennzeichnende Charakter bleibt nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers aber erhalten. Damit wurde die Marke rechtserhaltend genutzt, ein Anspruch auf Löschung besteht nicht.
Für den Simpsons-Anhänger mag die Entscheidung schwer nachvollziehbar sein, genießt doch sowohl Name als auch Schriftzug der Marke „Duff” überragende Bekanntheit. Dass es aber nicht auf den Kenner, sondern auf den Durchschnittsverbraucher ankommt, ist ständige Rechtsprechung des BGH. Angesichts dessen ist die Entscheidung konsequent.
Und ob der Durchschnittsverbraucher tatsächlich das Etikett mit der Marke assoziiert, war nicht Gegenstand der Revision – dort ging es nur um die Rechtsfrage, auf welchen Verbrauchertyp es ankommt. Sprich: Die Frage war nur, auf wen abzustellen ist. Nicht, ob die Assoziation auch wirklich stimmt.
Wer sich als Simpsons-Fan nun trotzdem als Minderheit diskriminiert fühlt, kann sich an Homer Simpson halten: Alkohol ist nicht nur Ursprung, sondern auch Lösung sämtlicher Lebensprobleme.
Das Urteil des BGH Az. I ZR 135/11 im Volltext.
* Die Abbildungen der Marken stehen nicht unter Creative Commons, sondern sind nur als Teil der BGH-Entscheidung gemeinfrei. Hier erfolgt die Nutzung als Bildzitat.