Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Fall der irreführenden Werbung vorliegt, wenn Preiserhöhungen in einem Online-Shop zeitverzögert in Preissuchmaschinen angezeigt werden (Urteil vom 11.3.2010 Az. I ZR 123/08). Eine Fortsetzung der Froogle-Entscheidung?
Der Fall
Ein Anbieter von Haushaltselektronik hatte für seine Produkte über eine Preissuchmaschine geworben.
Er stand unter 45 Angeboten einer Espressomaschine mit seinem Angebot an erster Stelle der Suchergebnisse. Die Rangfolge der Suchergebnisse richtet sich nach dem günstigsten Preis. Die Daten für den Preisvergleich innerhalb der Preissuchmaschine werden dem Betreiber von den Versandhändlern zur Verfügung gestellt. Dies geschieht mittels so genannter Datafeeds. Das sind meist CSV oder xml-Dateien, die alle Angaben zum Produkt, dem Preis und einen Link zur Produktdetailsseite im Shop des Anbieters enthalten. Diese Dateien können in der Regel direkt von den Servern der Online-Händler abgerufen werden. Die Aktualisierung der Datenbestände wird meist mittels eines Cronjob (automatische Ausführung von Aufgaben auf Servern zu einer festgelegten Zeit) durchgeführt.
Der Händler stand mit seinem ursprünglichen Angebot bei den Suchergebnissen auch nach einer Preiserhöhung in seinem Shop noch an erster Stelle der Suchergebnisse: Die Preissuchmaschine hatte die Preiserhöhung auch drei Stunden nach der Änderung noch nicht in ihrem Datenbestand aktualisiert.
Der Händler wurde daraufhin von einem Mitbewerber aufgrund der unrichtigen Preisangabe wegen irreführender Werbung auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft in Anspruch genommen. Das Kammergericht Berlin hatte den Händler in der Berufung antragsgemäß verurteilt.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass ein durchschnittlich informierter Nutzer einer Preissuchmaschine mit den Informationen und Preisen regelmäßig höchstmögliche Aktualität verbindet. Dies gilt auch, wenn der Verbraucher mit den Besonderheiten und den technischen Grenzen des Internet vertraut ist.
Der Verbraucher geht davon aus, dass die Produkte, die in einer Preissuchmaschine beworben werden, auch zu dem dort angegebenen Preis erworben werden können. Der Verbraucher rechnet nicht damit, dass die Preise der Preissuchmaschine aufgrund noch nicht berücksichtigter Preiserhöhungen beim Anbieter nicht mehr aktuell sind.
Die Irreführung des Verbrauchers wird auch nicht durch einen Hinweis „Alle Angaben ohne Gewähr“ in der Fußzeile der Suchergebnisse verhindert. Klickte man in diesem Fall den Hinweis an, dann öffnete sich ein weiterer Hinweis, dass die Aktualisierung der Angaben in Echtzeit nicht möglich sei und es daher im Einzelfall zu Abweichungen bei den Angaben kommen könne.
Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass diese Irreführung nach § 3 Abs. 1 UWG auch relevant ist. Die Listung mit den eigenen Angeboten an erster Stelle bei den Ergebnissen in einer Preissuchmaschine stellt einen besonderen Wettbewerbsvorteil dar. Daher ist es den Händlern auch zuzumuten, die Preise für Produkte, für die sie in Preissuchmaschinen werben, erst dann umzustellen, wenn die Änderung auch in der Preissuchmaschine angezeigt wird.
Für die Anbieter von Online-Shops bedeutet das, dass Preisänderungen für Produkte, die auch in Preissuchmaschinen gelistet sind, immer erst dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Preissuchmaschine die aktualisierten Daten in den eigenen Datenbestand eingepflegt hat.
Anmerkung
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt noch nicht im Volltext vor, daher ist über die Details der Entscheidung noch nichts Genaues bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Entscheidungsgründe an die Gründe der Froogle-Entscheidung des Bundesgerichtshofs anlehnen werden. In dieser Entscheidung ging es um einen Verstoß gegen die Preisangabenpflicht, jedoch ist der Sachverhalt diesem recht ähnlich. Denn der Nutzer einer Preissuchmaschine trifft anhand der Preisangaben bereits eine Vorauswahl, ehe er sich mit dem Produkt näher beschäftigt. Gelangt der Nutzer wegen des günstigen Preises in der Preissuchmaschine auf die Shop-Seite des Anbieters, dann ist er für die Werbung der Mitbewerber nicht mehr erreichbar. Der Nutzer kann sich die Mühe machen wieder zu den Suchergebnissen der Preissuchmaschine zurückzukehren und das nächste Angebot aufrufen, jedoch bleibt in diesem Fall der Anlockeffekt des günstigen Preises bestehen.