In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 25. Januar 2012 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch bei einer Berichterstattung über Jugendliche keinen grundsätzlichen Vorrang vor der Meinungsfreiheit hat (1 BvR 2499/09, 1 BvR 2503/09). Diese Regelvermutung, wie sie die Fachgerichten zuvor angenommen hatten, sei aus verfassungsrechtlicher Sicht zu eng und undifferenziert. Erforderlich sei vielmehr eine einzelfallbezogene Abwägung. Artikel vollständig lesen
Das VG Dresden hat den Freistaat Sachsen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dazu verpflichtet, dem SPIEGEL bestimmte Auskünfte aus der Personalakte des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich zu erteilen. Konkret geht es um Fragen über schriftliche Erklärungen Tillichs, die dieser zu seinem Lebenslauf und seiner Vergangenheit in der ehemaligen DDR u.a. vor seiner Ernennung zum Ministerpräsidenten abgegeben hatte. Die Pressemitteilung des VG Dresden zu der von den Richtern vorgenommen Abwägung:
An den vom SPIEGEL nachgefragten Informationen bestünde angesichts des unmittelbar bevorstehenden Landtagswahlkampfes ein erhebliches öffentliches Informationsinteresse. Demgegenüber habe das Recht des Ministerpräsidenten auf Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts hier zurückzustehen, weil mit den anlässlich der Ministerernennungen durch Fragebögen gestellten Fragen ebenfalls ein öffentliches Kontrollbedürfnis erfüllt werde. Zudem sei von Belang, dass die in den Fragebögen gestellten Fragen nicht den rein privaten Bereich, sondern die berufliche und politische Vergangenheit des Erklärenden beträfen.
Für einen Vorrang des öffentlichen Informationsanspruchs spreche die herausgehobene Amtsstellung des Ministerpräsidenten, der als Spitzenkandidat der größten Regierungspartei in den bevorstehenden Landtagswahlkampf gehe, und der im Übrigen selbst bereits weite Teile nicht nur seiner privaten Biographie, sondern auch diejenige seiner Familienmitglieder öffentlich gemacht habe.
Ein weitergehender Antrag des Magazins, Kopien dieser Erklärungen herauszugeben, wurde dagegen abgelehnt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Kaum haben die „hessischen Verhältnisse“ mit den unlängst abgehaltenen Neuwahlen ihr Ende gefunden, werden auch schon wieder die alten Schützengräben ausgehoben: Einmal mehr dreht sich der Streit um die Medienbeteiligungen der SPD, welche den Koalitionsparteien CDU und FDP ein Dorn im Auge sind. Nach dem der letzte Gesetzentwurf des Hessischen Privatrundfunkgesetzes ein Verbot jeder direkten und indirekten Beteiligung politischer Parteien an privaten Rundfunkunternehmen vorgesehen hatte und schließlich vom BVerfG für verfassungswidrig erklärt wurde (Telemedicus berichtete), ist jetzt ein neuer Gesetzentwurf in Vorbereitung.
Danach soll selbst bei minimalen Beteiligungen einer Partei überprüft werden, ob diese „einen bestimmenden Einfluss auf die Programmgestaltung oder Programminhalte“ nehmen können. Die Zuständigkeit hierfür werde bei der Landesmedienanstalt liegen, so ein Bericht der Frankfurter Rundschau. Diese Pläne stoßen bei der SPD erwartungsgemäß auf wenig Begeisterung, wie die Zeitung weiter zu berichten weiß:
Der SPD-Medienpolitiker Michael Siebel schimpfte, die Regierung wolle „jede auch noch so kleine Beteiligung von SPD-Gesellschaften ausmerzen“. Sie missachte das Urteil „sträflich“, weil sie keinerlei nachvollziehbare Kriterien festlegen wolle, wann ein „bestimmender Einfluss“ vorliege.
Zum Bericht der Frankfurter Rundschau.
Hintergrund: Die Medienbeteiligungen der SPD. Artikel vollständig lesen
Anfang der Woche hat der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, den 22. Tätigkeitsbericht für den Zeitraum 2007/2008 veröffentlicht. Neben einem umfassenden Überblick über die aktuell relevanten Themen ist ein gesondertes Kapitel enthalten, welches sich explizit der datenschutzrechtlichen Lage in Deutschland widmet.
In einer Einführung verdeutlicht Schaar sein Verständnis von Datenschutz:
An dieser Stelle möchte ich auf den Punkt bringen, worum es im Kern geht: Datenschutz ist kein Selbstzweck. Vielmehr geht es um die Sicherung und Verwirklichung eines Grundrechts, das unmittelbar aus der Menschenwürde und der freien Entfaltung der Persönlichkeit folgt. Der Staat hat dies nicht nur im Verhältnis zu seinen Bürgerinnen und Bürgern zu beachten, sondern er muss in seiner Rechtsordnung insgesamt gewährleisten, dass dieses Grundrecht zur Geltung kommt. (…) Der Datenschutz gehört zu den Grundlagen unserer Gesellschaftsordnung und muss insbesondere bei der Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft gewährleistet sein. (…) Datenschutz ist kein Luxus, den man sich nur in guten Zeiten leisten kann; er ist Teil unserer Menschenwürde und von nachhaltiger Bedeutung für die Informationsgesellschaft der Zukunft – gerade auch in Krisenzeiten.
Zum 22. Tätigkeitsbericht des Bundesdatenschutzbeauftragten (PDF, ca. 3,5 MB). Artikel vollständig lesen
Von Ärgernissen und jenen, die sich darüber ärgern
Das LG München hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung des Fußball-Trainers Jürgen Klinsmann gegen die „taz“ zurückgewiesen (Az 9 O 6897/09). Klinsmann hatte auf Unterlassung der Veröffentlichung einer Fotomontage geklagt. Diese zeigte ihn als gekreuzigten Christus und war versehen mit der Textzeile: „Always Look on the Bright Side of Life“, sowie mit den Worten: „Von Deutschlands Superstar zu Bayerns Buhmann: Sonnyboy Jürgen Klinsmann versiebt ein Spiel nach dem anderen. Warum dem gefallenen Heiland jetzt die Kreuzigung droht.“ Artikel vollständig lesen
Streit um „Koma-Saufen“-Prozess
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) konnte im Streit um die Fernsehberichterstattung aus einer Gerichtsverhandlung einen Teilerfolg erzielen. Der Sender hatte eine einstweilige Anordnung angestrengt, um sich gegen eine Reihe sog. sitzungspolizeilicher Maßnahmen zur Wehr zu setzen. Das Landgericht Berlin hatte dem rbb im Berliner „Koma Saufen“-Fall u.a. verboten, nach der Hauptverhandlung und in den Sitzungspausen zu drehen.
Das BVerfG entschied nun, dass der Angeklagte zwar auch weiterhin nur anonymisiert gezeigt werden darf. Die übrigen Anordnungen, welche in ihrer Gesamtheit zu einem vollständigen Drehverbot des Angeklagten und seines Verteidigers geführt hätten, wurde jedoch ausgesetzt. Eine so weitreichende Maßnahme sei nicht gerechtfertigt. Artikel vollständig lesen
Das Magazin „Focus Schule“ hat beim VG Stuttgart Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht (Aktenzeichen: 1 K 943/09). Die Zeitschrift fordert vom Kultusministerium Auskunft über die durchschnittlichen Abschlussnoten sowie die Durchfallquoten der Gymnasien aus den Jahren 2006 bis 2008 und stützt sich dabei auf den presserechtlichen Informationsanspruch. Artikel vollständig lesen
Im Streit um den Abdruck seines Bildes auf der Titelseite eines Rätselheftes, hat der BGH in einem aktuellen Urteil (Az. I ZR 8/07) zugunsten von Günther Jauch entschieden. Die ohne Zustimmung des Moderators veröffentlichte Abbildung war mit der Bildunterschrift „Günther Jauch zeigt mit „Wer wird Millionär?“ wie spannend Quiz sein kann“ versehen. Einen entsprechenden redaktionellen Beitrag enthielt das Heft aber nicht. Jauch verlangte daraufhin den Betrag, der seiner Auffassung nach üblicherweise für die Zustimmung zu einer derartigen Veröffentlichung gezahlt wird. Aus der Pressemitteilung des BGH zur Entscheidung der Richter:
Zwar dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Rahmen der Berichterstattung regelmäßig ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden. Ob ein Bildnis der Zeitgeschichte vorliegt, ist anhand des Informationswertes der Abbildung und der sie begleitenden Berichterstattung zu beurteilen. Der Informationsgehalt der Bildunterschrift war im vorliegenden Fall aber derart gering, dass sie sich darauf beschränkte, einen Anlass für die Abbildung des Klägers zu schaffen, um dessen Werbe- und Imagewert für das Rätselheft des beklagten Verlages auszunutzen.
Das Berufungsgericht muss nun die Feststellungen zur Höhe des Anspruchs des Klägers nachholen.
Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor.
Einmal mehr hat die monegassische Fürstenfamilie den Bundesgerichtshof beschäftigt: Dieser hat jetzt die Berichterstattung des Fernsehsenders RTL über einen Angehörigen des verstorbenen Rainier von Monaco für zulässig erachtet. Der Beitrag behandelte im Zusammenhang mit der Beisetzung des Fürsten die Frage, welche Rolle der Betroffene, ein Enkel, im Fürstentum künftig spielen werde. Daraufhin hatte dieser das Verbot der erneuten Veröffentlichung einiger ihn u.a. in Freizeitkleidung zeigender Fotos und Filmausschnitte sowie mehrerer Textpassagen begehrt. Während dem Kläger in den Vorinstanzen aber noch ganz überwiegend Erfolg beschieden war, wies der VI. Zivilsenat nun aber – auf die Revision der Beklagten hin – die Klage in vollem Umfang ab. Artikel vollständig lesen
EU-Mitgliedsstaaten dürfen heimische Fernsehveranstalter dazu verpflichten, einen Teil ihrer erzielten Betriebseinnahmen zur Finanzierung europäischer Spiel- und Fernsehfilme zu verwenden. Darüber hinaus kann eine solche Verpflichtung auch die Auflage enthalten, einen bestimmten Teil dieser Mittel zur Produktion von Filmen zu verwenden, deren Originalsprache eine der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats ist. Dies geht aus einem aktuellen Urteil des EuGH (Az. C-222/07) hervor.
Das spanische Tribunal Supremo hatte den Gerichtshof zuvor um eine Vorabentscheidung ersucht, mit dem Ziel die Vereinbarkeit einer entsprechenden spanischen Regelung mit der Fernsehrichtlinie (RL 89/552/EWG) und verschiedenen Bestimmungen des EG-Vertrags beurteilen zu können. Nach dem spanischen Modell müssen Fernsehveranstalter 5 % der Betriebseinnahmen des Vorjahrs auf die Finanzierung der Produktion von europäischen Spiel-, Kurz- oder Fernsehfilmen verwenden. 60 % dieser Finanzierung müssen auf die Produktion von Werken entfallen, deren Originalsprache eine der Amtssprachen Spaniens ist. Artikel vollständig lesen