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Ausschließlichkeitsrechte an Informationen

Unsere Rechtsordnung reguliert den Umgang mit Informationen. Häufig geht es dabei um Informationen, zu denen der Zugang gewährleistet werden soll. Noch häufiger geht es aber um die Restriktion von Informationen. Häufig weist der Staat das Verfügungsrecht über bestimmte Informationen einseitig einer bestimmten Person zu. Es darf dann niemand mit diesen Informationen umgehen, ohne eine Erlaubnis dafür zu haben.

Ich habe einmal zusammengetragen, für welche Arten von Information der Staat aktuell Ausschließlichkeitsrechte verleiht:
• Bilder, auf denen Personen abgebildet sind (§ 22 KUG)
• Datenbanken (§ 87b UrhG)
• Fernsehsendungen (§ 87 UrhG)
• Filmproduktionen (§ 94 UrhG)
• Fotos, inkl. jedes einzelnen Bildes eines Videos (§ 72 UrhG)
• (Eingeschränkt) Geschäftsgeheimnisse (§ 17 UWG)
• Geschmacksmuster („Design”) (§ 38 GeschmMG)
• Halbleiter („Chips”) (§ 6 HalblSchG)
• Herkunftsbezeichnungen von kulinarischen Spezialitäten (z.B. Münchner Weißwurst) (§ 127 MarkenG)
• Das konkrete Ergebnis kreativer Arbeit; insbesondere jede Art von Kunstwerk (§§ 2, 15 UrhG). Dazu gehören z.B.

• Architektur;
• Theaterstücke;
• literarische, wissenschaftliche oder journalistische Texte;
• Kompositionen.

• Marken (§ 14 MarkenG)
• Namen (§ 12 BGB)
• Namen von Unternehmen (Firmen) (§§ 7, 37 HGB, § 15 MarkenG)
• Jede Art von Information, die sich auf eine konkrete Person bezieht (§ 4 BDSG)
• Software (§ 69a UrhG)
• Technische Erfindungen (§ 9 PatentG)
• Bestimmte technische Verfahren (§ 11 GebrMG)
• Titel von Zeitschriften oder anderen Werken (§§ 5, 15 MarkenG)
• Ton- oder Videoaufnahmen von künstlerischen Aufführungen (§ 77 UrhG)
• Inhalte von Tonträgern (§ 85 UrhG)
• Wissenschaftliche Neuauflagen historischer Texte (§ 70 UrhG)

Natürlich entstehen die meisten dieser Ausschließlichkeitsrechte nicht von alleine, und natürlich beziehen sie sich immer nur auf bestimmte Arten der Informationsbenutzung. Ebenso selbstverständlich ist, dass diese Rechte nicht vorbehaltlos gewährleistet sind, sondern durch eine Vielzahl von Schranken- und Ausnahmebestimmungen durchbrochen werden. Dennoch halte ich es für bemerkenswert, wie viele Arten von Informationen (bzw. Daten) der Staat der Macht einer einzigen, ganz konkreten Person zuweist.

Den Umgang mit einer bestimmten Information unter ein „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt” zu stellen, führt in dieser Hinsicht zu einer starken Einschränkung des Informationskreislaufs – einem chilling effect. Der Gesetzgeber ist im Bereich des Geistigen Eigentums deshalb vorsichtig mit diesem Regulierungsinstrument umgegangen: Dort werden Ausschließlichkeitsrechte nur „inselartig” bei besonders herausragenden Schutzinteressen vergeben. Einzig das Urheberrecht zeigt gewisse Ausuferungstendenzen.

Setzt man dies in Relation zu den Ausschließlichkeitsrechten, die für den Persönlichkeitsschutz vergeben werden, fällt auf, dass der Gesetzgeber hier ungleich freigiebiger mit der Verleihung eines Ausschließlichkeitsrechts umgegangen ist. Der Anknüpfungspunkt „personenbezogenes Datum” ist so weit, dass man sich schon beinahe fragen muss, welche Art von Information nicht darunter fallen soll.

Es gibt Leute, die meinen, es wäre unsinnig, den Zu- und Umgang mit Informationen überhaupt noch zu reglementieren. Der Kontrollverlust in Zeiten des Internets mache solche Anstrengungen sinnlos. Zu dieser Fraktion zähle ich sicher nicht: Wer die sachlich richtige Beobachtung, es gebe einen „Kontrollverlust”, in eine Handlungsanweisung umdeutet, der verwechselt Sein und Sollen.

Dennoch sollte kritisch hinterfragt werden, welchen Zweck das Regulierungsinstrument „Ausschließlichkeitsrecht” verfolgt – und in welchen Fällen es noch angemessen (und durchsetzbar) ist. Insbesondere beim Datenschutz habe ich da meine Zweifel.

Interview mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten auf Telemedicus.

Interview mit Jens Best auf Telemedicus.

Das Blog zum „Kontrollverlust” von Michael Seemann.

Blog der „datenschutzkritischen Spackeria”.

, Telemedicus v. 16.06.2011, https://tlmd.in/a/2025

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