Telemedicus

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Ausblick 2009

Das Jahr 2008 war aus medienrechtlicher Sicht vor allem durch zahlreiche Gesetzesänderungen geprägt. Das wird im nächsten Jahr anders. Denn das Jahr 2009 ist das „Super-Wahljahr“: Landtagswahlen in Hessen und Brandenburg, die Europawahlen, die Wahl des Bundespräsidenten und nicht zuletzt die Bundestagswahl stehen auf dem Plan. Da wird für spontane Gesetzesänderungen wenig Raum bleiben. Doch die Auswirkungen der Gesetzesänderung zeigen sich auch im Jahr 2009. Und auch sonst hat das neue Jahr viele spannende, medienrechtliche Themen zu bieten.

Telemedicus gibt auch in diesem Jahr wieder einen Ausblick, welche Themen 2009 wichtig werden:

• Speicherverpflichtung für IP- und E-Mail-Adressen
• Entscheidungen des EuGH und des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung
• Überarbeitung der InfoSoc-Richtlinie
• Novellierung des UWG tritt in Kraft
• RÄStV am laufenden Band
• Verfassungsbeschwerde gegen neues UrhG
• BGH entscheidet zur Zulässigkeit von AdWords
• Weitere Entwicklungen als Kurzzusammenfassung
Speicherverpflichtung für IP- und E-Mail-Adressen
Auch die meisten Internet- und E-Mail-Provider müssen ab dem 01.01.2009 die IP-Adressen ihrer Nutzer sechs Monate lang speichern. Das gilt zwar nur für „in der Regel gegen Entgelt“ erbrachte Dienste, Freemailer, die sich über Werbung finanzieren fallen aber wohl auch darunter. Allerdings eröffnete im Oktober das VG Berlin einen Rettungsweg für betroffene Provider: Im Rahmen einer Einstweiligen Verfügung befreite es die British Telecom von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung, denn die damit verbundenen Kosten seien für die Provider unverhältnismäßig. Zwar hat der Bundestag inzwischen darauf reagiert und ein Gesetz zum Kostenausgleich beschlossen. Ob dies jedoch ausreicht, ist fraglich. Wie viele andere Provider sich nun der Vorratsdatenspeicherung ab dem 01.01.2009 entziehen können, ist nicht ganz klar. Die Branchenriesen zeigten sich jedoch bisher sehr zurückhaltend.
Hintergründe zur Speicherpflicht für kostenlose Dienste bei daten-speicherung.de.

Entscheidungen des EuGH und des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung
Sowohl der Europäische Gerichtshof, als auch das Bundesverfassungsgericht werden voraussichtlich im Jahr 2009 über die Vorratsdatenspeicherung entscheiden. Irland hatte im Jahr 2006 Klage gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung beim EuGH eingereicht. Begründung: Die Richtlinie sei nicht auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen worden. Die Schlussanträge des Generalanwalts wurden in diesem Verfahren bereits gestellt, eine Entscheidung kommt vermutlich in der ersten Jahreshälfte.
Gegen die Umsetzung der Richtlinie in Deutschland wurde indes Verfassungsbeschwerde von mehr als 30.000 Bürgern eingereicht. Im März erließ das BVerfG eine einstweilige Anordnung, nach der zumindest die Weitergabe der Daten vorerst auf ein Minimum eingeschränkt wurde. Im September und Oktober verlängerte das BVerfG die Anordnung und schränkte die Herausgabe der Daten weiter ein. In all diesen Verfahren stehen im Jahr 2009 die endgültigen Entscheidungen an. Wahrscheinlich ist, dass das BVerfG zunächst die Entscheidung des EuGH abwartet; denn die deutsche Entscheidung hängt auch maßgeblich davon ab, ob die europäische Richtlinie rechtmäßig ist.
Telemedicus zu den rechtlichen Hintergründen (Stand: September 2007).
Ergänzend zur Entscheidung des BVerfG vom März 2008.
AK Vorratsdatenspeicherung zum Stand der Sammel-Verfassungsbeschwerde.

Überarbeitung der InfoSoc-Richtlinie
Die Infosoc-Richtlinie regelt Urheberrechte in der Informationsgesellschaft. Und das schon seit 2001 unverändert. Seitdem hat sich in der Informationsgesellschaft aber einiges getan, was mittlerweile auch die Europäische Kommission bemerkt hat. Deshalb hat sie ein sog. „Grünbuch“ auf den Weg gebracht, eine erste Vorstufe für eine neue Richtlinie. Vor allem die Schrankenregelungen im Urheberrecht sollen auf den Prüfstand gestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass hier im Jahr 2009 Fakten geschaffen werden, etwa in Form eines ersten Entwurfs für die Richtlinie. Möglicherweise werden auch die urheberrechtlichen Geräteabgaben in diesem Zusammenhang gleich mit überdacht.
Zum Grünbuch der Europäischen Kommission (PDF).
Der Stand bei der Diskussion um Geräteabgaben bei der EU.

Novellierung des UWG tritt in Kraft
Noch in den letzten Stunden des Jahres 2008 ist die Novellierung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft getreten. Bereits Ende 2007 hätten die Änderungen, die durch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vorgeschrieben sind, in Deutschland umgesetzt werden müssen. Zwar sind die wichtigsten Vorgaben der Richtlinie bereits im aktuellen UWG enthalten, dennoch kommen einige Neuerungen hinzu. Insbesondere enthält das neue UWG eine „schwarze Liste“ mit unlauteren Geschäftspraktiken.
Die Änderungen im Detail bei Telemedicus.

RÄStV am laufenden Band
Am 01.01.2009 tritt der 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft – die Rundfunkgebühren steigen um 95 bzw. 24 Cent. Im Mai 2009 kommt dann der 12. RÄStV. Wesentlicher Inhalt: Die Beschränkung der Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dazu sind die Rundfunkanstalten aufgerufen, ihre Online-Angebote einem sog. „Drei-Stufen-Test“ zu unterziehen, um den Wert ihrer Online-Inhalte für die Öffentlichkeit festzustellen. Ob dies auch der EU für den Beihilfekompromiss ausreicht, ist jedoch fraglich. Möglicherweise werden beim Drei-Stufen-Test noch einige Details geändert werden müssen. Gleichzeitig ist aber auch schon der 13. RÄStV in Sicht. Denn die sog. „Richtlinie über Audiovisuelle Medien“ muss noch im Jahr 2009 umgesetzt werden und ist im 12. RÄStV nicht mehr mit enthalten.
Weitere Informationen zum 12. RÄStV bei urheberrecht.org.
Revidierte Rundfunk-Mitteilung der Europäischen Kommission (PDF).

Verfassungsbeschwerde gegen neues UrhG
Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2009 über die Verfassungsbeschwerde gegen das neue Urheberrecht entscheiden. Zwei Regisseure und Drehbuchautoren sahen sich insbesondere durch die rückwirkende Einräumung von Rechten an unbekannten Nutzungsarten aus § 137l UrhG in ihren Grundrechten verletzt. Seit Ende Januar 2008 liegt die Verfassungsbeschwerde nun beim BVerfG vor, so dass im Jahr 2009 mit einer Entscheidung zu rechnen sein könnte.
Die Verfassungsbeschwerde im Volltext bei law-vodcast.de (PDF).

BGH entscheidet zur Zulässigkeit von AdWords
Am 22.01.2009 wird der BGH voraussichtlich darüber entscheiden, ob die Benutzung fremder Marken bei Google-Adwords zulässig ist. Die Rechtsprechung war sich in Deutschland bisher darüber sehr uneinig. Eine Klärung durch den BGH wird daher in der Werbebranche sehnlich erwartet. Ob der BGH jedoch auch endgültig entscheiden wird ist nicht ganz klar. In der mündlichen Verhandlung deutete der Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm an, man werde eine Vorlage zum EuGH „ernsthaft erwägen“.
Die Pressemeldung und weitere Hintergrundinformationen bei aufrecht.de.
Weitere Details zur mündlichen Verhandlung bei Heise.

Weitere Entwicklungen als Kurzzusammenfassung
Auch gegen das neue BKA-G, das noch gerade so im Jahr 2008 unterzeichnet wurde, wird im Jahr 2009 wohl Verfassungsbeschwerde erhoben werden – so jedenfalls die Ankündigung der Grünen-Bundestagsfraktion und des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum.

Im Telekommunikationsbereich steht eine Entscheidung über die „digitale Dividende“ an, also die Funkfrequenzen, die durch die Digitalisierung des Rundfunks nun frei geworden sind. Angela Merkel hat bereits angekündigt, diese Frequenzen für Internet-Technologien zur Verfügung zu stellen. Auch die TV-Sender scheinen mittlerweile gesprächsbereit. Das letzte Wort wird aber wohl im Jahr 2009 gesprochen werden.

Ebenfalls interessant für den TK-Bereich: Ab dem 01.01.2009 müssen auch Anbieter von Voice-over-IP-Telefonie ihren Kunden die Anwahl von Notrufnummern ermöglichen. Bisher gab es dabei technische Hürden, die Schonfrist für VoIP ist aber nun abgelaufen.

Ab dem 01.01.2009 werden Handelsregisterbekanntmachungen ausschließlich in elektronischer Form unter www.handelsregisterbekanntmachungen.de veröffentlicht. Eine parallele Veröffentlichung in Tageszeitungen – wie sie bisher nach Art. 61 Abs. 3 EGHGB noch erfolgte – findet nicht mehr statt.

Vor dem LG Hamburg wird es 2009 wohl zu einem spektakulären Prozess um Fia-Präsident Max Mosley kommen. Dieser klagt wegen der Berichterstattung um seinen Sex-Skandal gegen Springer, Die Zeit und die dpa.

, Telemedicus v. 01.01.2009, https://tlmd.in/a/1103

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