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Apple Music – die nächste Revolution?

Gestern hat Apple im Rahmen der eigenen Entwicklerkonferenz WWDC 2015 in San Fransico seinen neuen Musikdienst Apple Music vorgestellt.

Der neue Musik-Service wird ab Ende Juni für alle Apple Nutzer zu Verfügung stehen, später soll auch die Plattform Android unterstützt werden. Das Besondere: Der Dienst soll für die Konsumenten, als auch für Musiker die „kompletteste“ Plattform für Musikservices im Internet und damit im Vorteil gegenüber den übrigen Mitbewerbern sein.

Spotify CEO Daniel Ek ließ die Ankündigung jedoch unbeeindruckt, er twitterte kurz nach der Ankündigung „Oh, ok“ (Tweet bereits wieder gelöscht). In der Tat ist Apple zumindest auf dem Markt des Musik-Streamings spät dran. Jedoch hatte Apple schon im Vorfeld – in rechtlich bedenklicher Weise – versucht eine grundsätzliche Paywall für Musik-Streamingdienste auf dem Markt durchzusetzen, auch Freemium Angebote wie Youtube versuchte der iPhone Hersteller laut Berichten auf The Verge zu untergraben.

Die erste Revolution

Schon einmal hatte Apple das Musikbusiness mit der Einführung des iTunes Stores im Jahre 2003 auf den Kopf gestellt. Damals bot das Unternehmen ein neu erschaffenes Absatzmodell für die Musikindustrie an. Unkompliziert und sofort standen einzelne Musikstücke für den Musikliebhaber (schon ab 0,99 Euro) zum Download bereit. Die Einführung war, trotz anderer Anbieter am Markt, ein absoluter Wendepunkt in der Geschichte des Musikindustrie. Die großen Player und Labels hatten dies damals total verschlafen. Ein nicht umbeachtlicher rechtlicher Nebeneffekt war damals auch die Eindämmung der illegalen Musik-Downloads, die der Branche bis dahin schwer zugesetzt hatte. Die Nutzer griffen nun vielmehr auf die einfache und günstige Alternative iTunes zurück.

Heute, in Zeiten der Stagnation von (legalen) Musikdownloads und der steigenden Popularität von (teils kostenlosen) Musikstreaming zieht nun allerdings vielmehr Apple nach. Vor allem die Dienste Spotify, Youtube und Soundcloud haben sich am Markt für den Content Musik gut etabliert, ein vergleichbares Angebot hatte Apple bisher nicht.

Druck durch Apple im Vorfeld

Bereits vor der Einführung des neuen Musik-Service wollte Apple bekanntlich Druck auf die Streaming Konkurrenz Spotify ausüben. Apple war das kostenlose und werbefinanzierte Streamingangebot des schwedischen Unternehmens ein Dorn im Auge. Das kalifornische Unternehmen nutze seinen Einfluss im Musikgeschäft und wollte offenbar Labels daran hindern, weiterhin Musik für das kostenlose Angebot zu lizensieren. Dies rief schon die EU-Kommission auf den Plan, welche die Vereinbarungen von Plattenfirmen mit Apple für dessen geplanten Musikstreaming-Dienst untersuchte hatte. Der Vorwurf lautete Missbrauch von Marktmacht. Auch das US Justizministerium und die US Federal Trade Commission (Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde) untersuchten diese Praktiken genau. Schon davor hatte Apple deutlich gemacht, dass es grundsätzlich für eine Bezahl-Modell plädiere. Nach der jetzigen Einführung des neuen Dienstes – und zwar ausschließlich als Bezahlvariante – ist auch klar warum. Es drängt sich der Eindruck auf, dass Apple (versuchte) den Markt schon im Vorfeld zurechtzurücken, damit zumindest das kostenlose Streaming-Angebot der Konkurrenz nicht allzu sehr das eigene Angebot beeinträchtigt.

Die zweite Revolution?

Was genau bietet nun der neue „revolutionäre“ Service? In jedem Fall soll das neue Angebot umfassend, umfassender als alle anderen Musik-Angebote auf dem Markt werden. Apple Music soll dabei eine Zusammenfassung und Zentralisierung aller im Internet angebotenen Musikservices und Musiknetzwerke bieten.

„Today, there are too many places people have to go to experience music, and that’s the problem we wanted to solve“

– so der iTunes Chef Eddy Cue. Apple Music ist daher nicht nur ein neuer Musik-Streaming Dienst.

Mehr als nur Musikstreaming

Das Angebot ist auch ein soziales Netzwerk, auf dem sich Nutzer über Musik allgemein, ihre Präferenzen, sowie die bereits gekaufte Musik austauschen sollen. Etwas Ähnliches hatte Apple schon mal versucht, mit dem nicht sehr erfolgreichen Apple Service Ping. Es gibt nun die integrierten Funktionen „For You“, also kuratierte Vorschläge basierend auf dem eigenen Musikgeschmack und „Connect“, einem Forum für Musiker, um mit bisher noch nicht veröffentlichter Musik neue Fans zu erreichen. Gerade letzteres war bisher ein Steckenpferd des Musikservices Soundcloud.

Zudem sollen Musikvideos in dem neuen Service integriert werden, hier kratzt Apple klar an den Plattformen für Musikvideos wie Youtube und Vevo. Auch in diesem Zusammenhang ist bekannt geworden, dass Apple der Universal Music Group angeboten hat, die Lizenzeinnahmen von Youtube zu zahlen, sofern von Universal keine Inhalte mehr auf Youtube erscheinen.

Des Weiteren ist ein Internetradio („Beats 1“) im Dienst integriert, mit echten operierenden Radiostationen weltweit, welches einen „menschlich kuratierten“ Musikgenuß ermöglicht. Dies ist anders als bei den bisherigen Angeboten wie bspw. Pandora, welche Algorithmus basiert funktionieren. Für diesen Service hatte Apple bereits im letzten Jahr für knapp 3 Milliarden Dollar Beats Music und Beats Electronics gekauft.

Fazit

Der Schritt zu einem neuen Musikdienst war für Apple unvermeidbar, gerade Apple muss hier mit der Zeit gehen und hinkte bisher hinterher. Ob der Service aber „revolutionär“ werden wird und andere Wettbewerber ernsthaft vom Markt verdrängt bzw. wettbewerbswidrig behindert werden, wird sich erst noch zeigen. Die versuchte Zusammenführung von Angeboten wie Spotify, Pandora, SoundCloud, YouTube und dem neuen Musikstreaming Service Tidal, zu einem hauseigenen App und Plattform ist jedenfalls selbst für Apple eine Herausforderung und eine Kampfansage an die Musikindustrie. Wirklich revolutionär sind die Dienste einzeln betrachtet aber nicht, auch aus der Sicht der Musikkünstler nicht. Diese beklagten schon in der Vergangenheit, dass ihre Einkünfte aus dem Musik-Streaming Geschäft zu gering sein.

Es ist aber zu erwarten, dass sich Apple Nutzer (und später Nutzer anderer Plattformen) das für die ersten 3 Monate kostenlose neue Angebot genau anschauen werden. Zu beachten ist weiterhin, dass die meisten anderen Musik-Streaming Dienste monatlich kündbar sind und somit ein Wechsel leicht fallen wird.

Eine weitere Besonderheit: Apple ist hauptsächlich Hardwarehersteller, das wertvollste Unternehmen der Welt ist nicht zwangsweise darauf angewiesen, mit dem neuen Service Geld zu verdienen. Die Frage ist also, ob Apple mit seinem neuen Musik Produkt schlicht besser sein wird (z.B. durch besondere Funktionen wie menschlich kuratierte Playlists) und somit genug Musikfans für sich gewinnen kann, oder ob es bei dem bisherigen (gewünschten?) Flickenteppich an Musikdiensten bleibt.

Die Vorgehensweise im Vorfeld des Launches des neuen Services lässt aber jedenfalls kartellrechtliche Bedenken aufkommen. Apple hat hier, sofern die Vorwürfe stimmen, versucht den Musikmarkt zu seinen Gunsten „hinzubiegen”. Dies wäre auch nicht das erste mal, dass Apple sich wegen eines kartellrechtswidrigen Vorgehen verantworten müsste.

, Telemedicus v. 10.06.2015, https://tlmd.in/a/2963

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