Den Inhaber eines Internetanschlusses ohne weitere Ermittlungen für über diesen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen verantwortlich zu machen ist willkürlich; die Weitergabe von Daten zu einer IP-Adresse durch die Staatsanwaltschaft, rechtswidrig. So urteilte das AG Hamburg-Altona im Dezember.
Alles begann wie einer dieser typischen Abmahnfälle der Tonträgerhersteller: Nachdem die IP-Adresse eines vermeintlichen File-Sharers bekannt war, wurde bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige erstattet. Die ermittelte eine Anschrift und gab diese Daten an die Anwälte der Plattenfirma weiter, welche wiederum der jetzigen Klägerin eine Abmahnung schickten. Diese bestritt jedoch vehement die ihr darin vorgeworfene Urheberrechtsverletzung – völlig zu Recht, wie sich später herausstellte. Denn die Staatsanwaltschaft hatte bei dem Auskunftsverfahren einen Fehler begangen. Daraufhin verlangte die Klägerin Schadensersatz für entstandene Anwaltskosten.
Das Gericht gab ihr Recht. Über den Anschluss der Klägerin wurden die ihr vorgeworfenen Urheberrechtsverletzungen nicht begangen. Die Anwälte haben auch nicht auf die Auskunft der Staatsanwaltschaft vertrauen dürfen. Darüber hinaus könne aber auch nicht allein daraus, dass eine Person Inhaber eines Anschlusses sei, darauf geschlossen werden, dass sie auch für über den Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen verantwortlich sei. Internetanschlüsse würden oft von mehreren Personen genutzt. Der Anschlussinhaber könne damit ohne weitergehende Ermittlungen allenfalls als Störer in Anspruch genommen werden. Der Vorwurf einer strafrechtlichen Urheberrechtsverletzung sei in diesem Fall eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Weiterhin stellte das Gericht fest, dass die Staatsanwaltschaft nicht berechtigt gewesen sei, die Daten zur IP-Adresse weiterzugeben. Ein strafrechtlicher Vorwurf habe der Klägerin ohne weiteres nicht gemacht werden können. Es gelte die Unschuldsvermutung und die Daten seien nach Abwägung der Interessen der Beteiligten grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Eine Auskunft sei nach § 406e II, V StPO zu verweigern.
Nachdem sich in der Vergangenheit schon einzelne Staatsanwaltschaften gegen die Abmahnwelle der Musikindustrie verwehrt haben, urteilt nun auch ein Gericht gegen diese Praxis. Sollte sich die Rechtsauffassung des AG Hamburg-Altona durchsetzen, wäre dem Versuch der Musikindustrie, ihre Rechte durch Massenabmahnungen durchzusetzen, vorerst ein Riegel vorgeschoben.
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