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Alternativen zur GEZ: neue Finanzierungsmodelle

Es sind keine guten Zeiten für die Rundfunkgebühr: Erst sieht die EU-Kommission in ihr eine unerlaubte Beihilfe. Dann kommt das Verfahren der Festsetzung auf den Prüfstand vor dem BVerfG. Und nun rücken ihr auch die Ministerpräsidenten der Bundesländer zu Leibe. Im Oktober will man auf einer Konferenz alternative Modelle zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks diskutieren. Als Abgabe für Empfangsgeräte ist sie nämlich in die Kritik geraten: Die Einführung der PC-Gebühr gezeigt, dass sie neuen Entwicklungen wie der Konvergenz der Endgeräte nicht gerecht wird. Verwaltung und die Arbeit der GEZ stellen einen hohen (finanziellen) Aufwand dar. Gleichzeitig zeichnet sich eine schwindende Akzeptanz unter den Gebührenzahlern ab. Höchste Zeit also für eine Reform.

Aber auch ein neues Modell muss bestimmte Anforderungen erfüllen. Das Grundgesetz schreibt eine staatsferne Finanzierung vor. Obwohl sie in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer fällt, soll die Gebühr auch in Zukunft bundeseinheitlich gestaltet werden. Ein Vorschlag, der nicht die bisher erzielten Einnahmen von 7, 1 Milliarden Euro gewährleistet oder einen höheren Verwaltungsaufwand erfordert, hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Zurzeit werden fünf Konzepte diskutiert:
1. Die kleine Reform: Rundfunkgebühr die II.

Nicht von allen Seiten wird eine radikale Reform befürwortet – stattdessen möchte man an das bestehende System anknüpfen und es vereinfachen. Die Gebühr soll weiterhin von der KEF festgesetzt, von den Landesparlamenten beschlossen und von der GEZ eingezogen werden. Zukünftig soll es aber nur noch einen Gebührensatz geben. Die Differenzierung nach Radio- und Fernsehempfang bzw. Nutzung eines Internet-PCs entfällt.

2. Ein Haushalt, eine Abgabe: Die Mediengebühr

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat einen Entwurf vorgelegt, bei dem die Gebühr nicht mehr an den Besitz eines Gerätes gekoppelt ist. Jeder Haushalt muss eine Abgabe bezahlen; die Höhe des Beitrages ist unabhängig von der Anzahl der im Haushalt lebenden Personen. Familien mit Kindern werden also nicht stärker belastet. Die Mediengebühr wird mit der „gesellschaftlichen Realität“ begründet: Jeder Haushalt besitze mindestens ein Empfangsgerät. Sie soll auch für Unternehmen gelten, wobei sich die Höhe nicht nach der Anzahl der vorhandenen Empfangsgeräte richtet. Entscheidend sind die Größe des Betriebes und die Intensität der Mediennutzung.

Die Mediengebühr soll weiterhin von der KEF festgesetzt werden. Gegner dieses Modells führen u. a. an, dass definiert werden müsse, welche Personen zum Haushalt zählen. Das habe zur Folge, dass der Verwaltungsaufwand nicht verringert – sondern eventuell sogar erhöht – werde.

3. So einfach wie möglich: Die Kopfpauschale

Politiker verschiedener Fraktionen haben sich für eine Kopfpauschale ausgesprochen. Diese soll jeder volljährige Bürger zahlen – unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Im Gegensatz zum Vorschlag der Grünen werden hier Haushalte und Familien mit (erwachsenen) Kindern stärker belastet.

Zum Teil sehen die Entwürfe vor, dass die Gebühr vom Finanzamt eingezogen wird. Das bringt mehrere Probleme mit sich: Es drängt sich der Gedanke einer „Rundfunksteuer“ auf. Eine solche erfüllt aber nicht das Erfordernis der Staatsferne. Das Grundgesetz sieht nämlich einen von staatlichen Organen und Parteieneinfluss unabhängigen Rundfunk vor. Zwar entfällt bei diesem Modell der Verwaltungsaufwand und auch die GEZ wird überflüssig. Aber es erfordert im Gegenzug einen Abgleich mit den Daten der Einwohnermeldeämter. Dies ist aus Sicht des Datenschutzes bedenklich: Die Daten bei den Einwohnermeldeämtern dürfen nicht ohne weiteres für die Erhebung von Rundfunkgebühren verwendet werden (Zweckbindung). Auch die Übermittlung der Daten an eine andere Behörde erfordert stets eine Rechtsgrundlage.

4. Finanzamt statt GEZ: Steuermodelle

Auch bei einer Finanzierung über die Steuer entfällt die Arbeit der GEZ. Diskutiert werden eine Erhöhung der Steuern, die der Bund erhebt (Einkommens- und Mehrwertsteuer), und solcher der Bundesländer (Vermögens- und Erbschaftssteuer). Neben den bereits erwähnten Problemen mangelnder Staatsferne und solchen des Datenschutzes, halten viele eine Erhöhung der in Frage kommenden Steuern für nicht tragbar. So hat sich das Land Hessen entschieden gegen eine Steuerfinanzierung ausgesprochen: Um die nötigen Einnahmen zu erzielen, müsse man die Mehrwertsteuer um einen ganzen Prozentpunkt anheben.

5. Nur wer konsumiert, zahlt: pay per view und Decoder

Einen ganz anderen Weg gehen Vorschläge, die eine Finanzierung über pay per view oder Decoder vorsehen: Die Programme der Sender sollen grundsätzlich verschlüsselt versendet werden. Der Bürger zahlt beim pay per view dann nur für die tatsächlich konsumierten Sendungen. Oder er bezahlt eine monatliche Pauschale für einen Decoder. Wer kein Gerät hat oder aber öffentlich-rechtliche Sender nicht in Anspruch nimmt, bleibt also – im Gegensatz zu den anderen Modellen – von einer Gebühr verschont. Hier ist problematisch, dass die Grundverschlüsselung dem Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten widerspricht. Die Programme müssen für jedermann frei empfangbar sein. Nur so kann die Chancengleichheit in einer Informationsgesellschaft verwirklicht werden.

Bald ohne Werbung?

Zurzeit dürfen die öffentlich-rechtlichen Sender sich auch zum Teil durch Werbung finanzieren. Das soll sie ein Stück weit unabhängig von politischen Entscheidungen zur Höhe der Rundfunkgebühr machen. Außerdem stärkt es die Gebührenakzeptanz. Doch auch diese Einnahmequelle kommt auf den Prüfstand: Manche Stimmen fordern eine Abschaffung, um die Konkurrenz zu den privaten Sendern zu beseitigen. Diese finanzieren sich ausschließlich über Werbung, sind also auf sie angewiesen. Doch wäre das nicht auch eine Option für die Öffentlich-Rechtlichen? Das verbietet die Verfassung. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk nimmt nämlich den Auftrag wahr, die Bürger mit einem ausgewogenen Programm zu versorgen (Grundversorgungsauftrag). Eine Anpassung des Programms mit Rücksicht auf Werbeeinnahmen widerspricht dieser Stellung. Deswegen ist seine Finanzierung anders sicher zu stellen. Wie sie in Zukunft aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Eine Zusammenfassung der Reformvorschläge in tabellarischer Form (PDF).

Auch zum Thema:

Neue Medienordnung: Geht es der GEZ an den Kragen?

, Telemedicus v. 18.09.2007, https://tlmd.in/a/409

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